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Flug MH370 stürzte in Indischen Ozean - Airline: keine Überlebenden

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Am Absturz des verschollenen Flugzeuges der Malaysia Airline gibt es keinen Zweifel mehr. Westlich von Australien steuerte die Maschine in den Indischen Ozean. Wieso der Flug aber derart vom Kurs abwich und was an Bord geschah, bleibt rätselhaft.

Das verschollene Malaysia-Airlines-Flugzeug ist nach neuesten Analysedaten in den Indischen Ozean gestürzt. Das letzte Signal sei von einer Position westlich von Perth aufgefangen worden, sagte Malaysias Regierungschef Najib Razak am Montagabend um 22.00 Uhr Ortszeit (15.00 Uhr MEZ) in Kuala Lumpur.

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Alle 239 Insassen an Bord tot

Wie der britische Rundfunksender BBC berichtete, informierte die Fluggesellschaft Malaysian Airlines Angehörige von Passagieren des Unglücksflugs zuvor per SMS, dass sie nicht mehr mit Überlebenden rechnet.

Dramatische Szenen

Im Hotel Lido in Peking, wo sich seit Tagen Angehörige versammelt haben, spielten sich dramatische Szenen ab. Die Menschen reagierten mit Trauer, Verwirrung und Aggressionen auf die Nachricht über den Tod ihrer Angehörigen an Bord von Flug MH370. Ein Mann fiel in Ohnmacht, ein anderer attackierte wütend die Kameras.

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Zwischen chinesischen Verwandten und Reportern kam es schließlich zu Tumulten. Wütende Angehörige gingen auf wartende Medienvertreter los. Diese hatten den Saal belagert, in dem die Familien die erschütternden Informationen erhalten hatten und trauerten. Eine Frau schlug empört mit der Tasche auf Kameras ein. “Haut ab!”, schrie sie.

“Haut ab!” – Trauernde Angehörige von Reportern gejagt

Zuvor waren mehrere Verwandte mit tränenüberströmten Gesichtern aus dem Raum gekommen und von Reportern gejagt worden. Einige brachen vor laufenden Kameras auf dem Weg zusammen. Eine Angehörige schlug auf eine Kamera ein, die einen Mann am Boden filmte.

Die Verwandten waren bereits vor der Pressekonferenz des malaysischen Ministerpräsidenten Najib Razak in dem Hotel informiert worden, dass die Boeing 777-200 abgestürzt sei. Einige reagierten mit Schreien und lautem Weinen. Mehrere mussten mit Krankenwagen weggebracht werden. Etwa zwei Drittel der 239 Insassen von Flug MH370 waren chinesische Staatsbürger.

Weitab von jeder Landemöglichkeit ins Meer gestürzt

Najib sagte: “Mit Bedauern und tiefer Betroffenheit muss ich Sie informieren, dass Flug MH370 nach diesen neuen Daten über dem südlichen Indischen Ozean geendet hat.” Es sei eine abgelegene Region, weit fort von jeder Landemöglichkeit. Für Dienstag kündigte er weitere Details an. Der Regierungschef benutzte das Wort Absturz selbst nicht. Er machte aber auch deutlich, dass es keine Hoffnung für die Menschen an Bord gebe. “Für die Angehörigen waren die vergangenen Wochen herzzerreißend”, sagte Najib. “Ich weiß, dass diese Nachricht noch härter ist. Ich bitte die Medien dringend, ihre Privatsphäre zu respektieren.”

Neue Analysedaten – Rätsel um Absturzursache bleibt

Dank der neuen Analyse ist eindeutig, wo das Wrack zu suchen ist. Völlig unklar ist aber nach wie vor, warum die Maschine am 8. März auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking vom Kurs abwich und warum die Kommunikationssysteme an Bord ausfielen. Die Polizei in Malaysia ermittelt wegen Sabotage, Entführung und Terrorismus. Die Ermittler haben aber einen technischen Fehler an Bord nicht ausgeschlossen. Weil die wahrscheinliche Absturzstelle in internationalen Gewässern liegt, wird Malaysia als Heimatstaat des Flugzeugs die weiteren Ermittlungen leiten.

Letzte elektronische Signale von MH370 ausgewertet

Die neue Analyse stamme von der Satellitenfirma Inmarsat, die die letzten elektronischen Signale der Boeing mit 239 Menschen an Bord aufgefangen hatte, sagte Najib. Inmarsat hatte zunächst von Malaysia aus einen möglichen nördlichen und einen südlichen Flugkorridor ausgemacht. Weil keines der Länder entlang dem nördlichen Korridor die Maschine auf Radar entdeckte, konzentrierte sich die Suche seit einer guten Woche bereits auf den Indischen Ozean.

Buntes Treibgut im Indischen Ozean gesichtet

Dort entdeckte die Crew eines australischen Aufklärungsflugzeugs am Montag grüngraues und orangefarbenes Treibgut, das zu der Boeing 777-200 gehören könnte. Das Versorgungsschiff “HMAS Success” war in der Region und nutzte die letzten Stunden mit Tageslicht, um die Wasseroberfläche abzusuchen. “Die gesamte Crew hält Ausschau”, twitterte die australische Seesicherheitsbehörde (Amsa). Das letzte Suchflugzeug habe das Gebiet bei Einbruch der Dunkelheit verlassen, ohne neue Objekte zu sichten.

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EPA/ AMSA (handout) ©EPA/ AMSA (handout)

Mögliche Wrackteile erstmals von Flugzeug gesichtet

Es war das erste Mal, dass mögliche Wrackteile von einem niedrig fliegenden Flugzeug entdeckt wurden. Alle anderen Entdeckungen stammten von Satellitenbildern.

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“Ich warne aber: Wir wissen noch nicht, ob diese Teile zu Flug MH370 gehören, es kann auch gewöhnliches Treibgut sein”, sagte Australiens Regierungschef Tony Abbott im Parlament. “Dennoch haben wir Hoffnung, dass wir diese Teile bald bergen und damit einen Schritt näher dran sind, um dieses tragische Rätsel zu lösen.”

Insgesamt waren am Montag zehn Flugzeuge im Einsatz, darunter zwei aus China und eines aus Japan. Das Suchgebiet liegt 2500 Kilometer südwestlich von Perth an der australischen Westküste. Es dauert drei Stunden, bis die Maschinen die Region erreichen.

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Strömung in Seegebiet stellenweise enorm

Die Strömung ist in dem rauen Seegebiet stellenweise gewaltig. Die Universität von Westaustralien hat Computermodelle entwickelt, um zu sehen, wohin mögliche Wrackteile getragen worden sein könnten. “Die Strömung treibt die Teile in zwei Sekunden einen Meter weit”, sagte Meeresforscher Charitha Pattiaratchi der Nachrichtenagentur dpa – das wären bis Montag 700 Kilometer gewesen.

Bessere Verhältnisse im Suchgebiet

In dem derzeitigen Suchgebiet seien die Verhältnisse aber anders, berichtete der Amsa-Abteilungsleiter für Noteinsätze, John Young. Die Flugzeuge haben Bojen ins Wasser gesetzt, die ihre Position via Satellit übermitteln und mit der Strömung treiben. Die Bojen seien in verschiedene Richtungen getrieben worden oder hätten sich im Kreis bewegt, sagte Young. “Das ist gut für uns, dann müssen wir das Suchgebiet nicht jeden Tag neu anpassen”, sagte er.

Ein Reporter an Bord eines chinesischen Flugzeugs hatte am Morgen auch von möglichen Wrackteilen berichtet. Die Maschine flog aber sehr hoch. Amsa betonte, dass es sich nicht um dasselbe Material handelte wie jenes, das die Crew des australischen Aufklärungsflugzeugs sah. Dennoch nahmen der mit Hubschraubern ausgestattete Eisbrecher “Xuelong” sowie zwei Schiffe der chinesischen Marine Kurs auf die Region. “Sie werden allerdings erst am Dienstag oder Mittwoch in der Region ankommen”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. An Bord des Flugzeuges waren 153 Chinesen. China hat die zunächst von den malaysischen Behörden geleitete Suchaktion mehrfach scharf kritisiert.

Blackbox-Signale nur etwa 30 Tage – Zeit drängt

Sobald Wrackteile eindeutig identifiziert sind, können Meeresforscher anhand der Strömungsmodelle feststellen, wo die Maschine ins Wasser getaucht sein muss. Die Zeit drängt: Die Blackbox, die technische Daten und Gespräche im Cockpit aufzeichnet, funkt etwa 30 Tage lang ein Signal. Das ist nach Angaben von Experten noch aus mehr als 4000 Metern Wassertiefe zu empfangen – so tief dürfte das Meer in dem angenommenen Absturzgebiet sein.

Funkstille wäre etwa ab dem 7. April. Bei einer Air France-Maschine, die 2009 über dem Atlantik abstürzte, dauerte es nach dem Fund erster Bruchstücke noch zwei Jahre, bis das Wrack geortet war.

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Bergung der Boeing im Ozean schwierig

Die Suche nach dem Wrack geht – trotz Gewissheit – weiter. Die Aufklärung der Absturzursache könnte Experten zufolge Jahre dauern. Für die Suchmannschaften drängt jedoch die Zeit.

Wie gehen die Such- und Bergungsarbeiten weiter, sobald Trümmerteile gefunden sind?

Zuerst bergen Schiffe mit Kränen die auf der Wasseroberfläche treibenden Trümmer. Experten könnten dann die genaue Absturzstelle ermitteln, indem sie die Meeresströmung zurückverfolgen. Dort würden U-Boote die Suche in mehreren tausend Metern Meerestiefe fortsetzen, sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg am Montag der Nachrichtenagentur dpa.

Wie würde tief unter der Wasseroberfläche gesucht?

Das Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel rechnet mit einem entsprechenden Auftrag. Das unbemannte U-Boot “Abyss” ist für eine Suche in Tiefen bis zu 6.000 Metern geeignet. Bei der Bergung geht es vor allem um das Finden des Flugdatenschreibers.

Wie stehen die Chancen, diese Blackbox zu bergen?

Wegen des kleinen Metallbehälters mit den Flugdaten liefern sich die Suchmannschaften einen Wettlauf mit der Zeit. Die Blackbox sendet rund einen Monat ihre Position, dann ist die Batterie am Ende. Die Maschine ist seit dem 8. März vermisst. Das Signal dürfte daher etwa ab dem 7. April erlöschen. Ohne Blackbox könnte die Bergung nach Ansicht von Schellenberg noch Monate, die Aufklärung der Absturzursache sogar Jahre dauern.

Gibt es Überlebenschancen für die 239 Menschen an Bord?

Kaum. “Bei einem Aufprall mit hoher Geschwindigkeit kann keiner überleben”, sagt Schellenberg. Eine nächtliche Notwasserung ohne Funk hält er für sehr unwahrscheinlich. Selbst falls nicht alle Passagiere beim Absturz starben, dürfte kaum jemand zwei Wochen auf hoher See ohne Trinkwasser überleben. Auch die Fluggesellschaft Malaysia Airlines rechnet seit Montag nicht mehr mit Überlebenden. “Die Chancen gehen absolut gegen Null”, sagte ein Experte des Maritime Rescue Coordination Centre in Bremen.

Rätsel und Spekulationen begleiteten Wrack-Suche

Rätsel und Spekulationen haben die zweiwöchige Suche nach dem Wrack begleitet. Eine Chronologie:

Samstag, 8. März: Die Boeing ist nahe der vietnamesischen Insel Tho Chu abgestürzt, heißt es. Dies bestätigt sich aber nicht. Auf der Passagierliste befinden sich die Namen eines Österreichers und eines Italieners. Doch beide sind wohlauf, es wurden ihnen vor einiger Zeit die Pässe gestohlen.

Sonntag, 9. März: Mehr Auffälligkeiten auf der Passagierliste werden publik. Wegen der Insassen mit offenbar falscher Identität werden Spekulationen über einen Anschlag laut. Aufklärer sichten im Meer einen “ungewöhnlichen Gegenstand”. Dieser entpuppt sich als Holz.

Montag, 10. März: Ein Offizier gibt zu bedenken: “Dass wir bisher keine Trümmerteile finden konnten, deutet darauf hin, dass die Maschine wahrscheinlich in 10.000 Meter Höhe auseinandergebrochen ist.” Schiffe sollen ein Objekt, bei dem es sich um ein aufblasbares Rettungsboot handeln könnte, überprüfen. Der Gegenstand entpuppt sich als Hülle einer Kabelrolle. Weiterer Rückschlag: Im Südchinesischen Meer entdeckte Ölspuren stammen nicht von einem Flugzeug.

Dienstag, 11. März: Polizeichef Khalid Abu Baker in Kuala Lumpur widerspricht Anschlagvermutungen: Ein 19-jähriger Iraner, der mit dem Pass eines Salzburgers unterwegs war, wollte vermutlich nach Deutschland auswandern. Auch Interpol geht von einem Menschenschmuggel und nicht von einem Terror-Fall aus. Radarbilder zeigen, dass die Boeing ihren Kurs geändert habe, heißt es aus Militärkreisen.

Mittwoch, 12. März: Zwei Touristinnen erzählen in Australien skandalöse Geschichten über den Copiloten der Unglücksmaschine. Der 27-Jährige habe mit ihnen bei früherer Gelegenheit während des Flugs, inklusive Start und Landung, im Cockpit geblödelt und dort auch geraucht. Die Suche nach dem Wrack wird in die südliche Andamanensee nördlich der indonesischen Insel Sumatra verlegt. Die malaysische Regierung gerät zunehmend unter Druck, das Krisenmanagement wird vehement kritisiert. China setzt nun auch Satelliten zur Ortung des Wracks ein.

Donnerstag, 13. März: Der Transportminister Malaysias weist einen Bericht zurück, wonach das verschwundene Flugzeug nach dem letzten Radarkontakt noch vier Stunden weiterflog. Das “Wall Street Journal” legt dessen ungeachtet unter Berufung auf Ermittler nach: Malaysische Satelliten hätten noch Stunden nach der durch das Radar bekannten Position Signale erhalten.

Samstag, 15. März: Das Verschwinden deutet laut Ermittlern eher auf Sabotage als einen Unfall hin. Die Maschine sei von ihrem Kurs abweichend nach Nordwesten gesteuert worden, berichtete der malaysische Ministerpräsident Najib Razak.

Sonntag, 16. März: Malaysias Polizei ermittelt nun offiziell wegen Entführung, Sabotage und Terrorismus.

Montag, 17. März: Australien übernimmt auf Bitten Malaysias die Koordinierung der Suche nach dem Flugzeug im Indischen Ozean. 26 Länder sind mittlerweile an der Aktion beteiligt.

Dienstag, 18. März: Die Suche wird auf China ausgeweitet. “Die gesamte Suchregion umfasst nun 2,24 Millionen Quadratseemeilen (etwa 7,7 Millionen Quadratkilometer)”, sagt der malaysische Verkehrsminister Hushamuddin Hussein.

Mittwoch, 19. März: Auf dem privaten Flugsimulator des Piloten der verschwundenen Maschine sind am 3. Februar Daten gelöscht worden. Das sagt Polizeichef Khalid Abu Bakar in Kuala Lumpur.

Donnerstag, 20. März: Australische Experten entdecken auf Satellitenbildern vom Indischen Ozean möglicherweise Wrackteile.

Samstag, 22. März: China verfügt nach Angaben aus Malaysia über neue Satellitenbilder von schwimmenden Objekten im Indischen Ozean. Schlechtes Wetter behindert die Suche.

Montag, 23. März: Australien sichtet zwei weitere verdächtige Objekte im Ozean. Das eine Objekt sei kreisförmig, das andere rechteckig. Schiffe werden ausgeschickt. Bei einer Pressekonferenz sagt Malaysias Regierungschef Najib Razak, das verschollene Flugzeug ist nach neuesten Analysedaten über dem Indischen Ozean abgestürzt.

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(APA/dpa/red)

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