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Vermisster in der Zelle: Haft für Diebstahl

Der 19-Jährige nahm die Strafe an.
Der 19-Jährige nahm die Strafe an. ©APA/privat
Erst "fand" die Polizei den vermissten Jugendlichen in der U-Haft, jetzt landete er vor dem Richter. Der Vorwurf: Schwerer gewerbsmäßiger Diebstahl.
Jugendlicher vor dem Prozess
In U-Haft "gefunden"

Der 19-jähriger Oberösterreicher, der als vermisst gemeldet war und wenige Tage später in der Wiener U-Haft „gefunden“ wurde, ist am 16. Juni am Straflandesgericht wegen schweren gewerbsmäßigen Diebstahls zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt worden. 

Urteil gegen 19-jährigen Jugendlichen nicht rechtskräftig

Der 19-Jährige, der drei Wochen in U-Haft verbracht hatte, wurde unmittelbar nach der Verhandlung auf freien Fuß gesetzt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Der 19-Jährige, der am 23. April und am 25. Mai in drei Elektronik-Märkten sieben Computerspiele im Gesamtwert von rund 500 Euro zu stehlen versucht hatte, war mit der Strafe einverstanden. Im Prozess stand die Frage im Vordergrund, wie es passieren konnte, dass der 19-Jährige über zwei Wochen als vermisst galt. Von seiner Inhaftierung hatten seine Verwandten erst erfahren, nachdem der junge Mann in seiner Zelle mitbekommen hatte, dass in einer TV-Sendung über sein Verschwinden berichtet wurde. Er ergriff daraufhin die Initiative und ließ die Angehörigen beruhigen.

Vater des Vermissten Oberösterreichers reiste extra aus der Türkei an

Für seinen Verteidiger Manfred Ainedter liegt eine “Fehlleistung der Polizei” vor. Dass es der Polizei bis zum heutigen Tag nicht möglich war, öffentlich darzulegen, weshalb im Zuge des Bearbeitens der Abgängigkeitsanzeige der Name des 19-Jährigen Oberösterreichers in der Haftdatei nicht gefunden wurde, obwohl eine Haftanfrage gestellt wurde, nannte Ainedter “befremdlich” und “völlig unbegreiflich”. Überdies kündigte Ainedter Schadenersatzforderungen an, da der ob des zunächst angenommenen spurlosen Verschwindens besorgte Vater des 19-Jährigen eigens aus der Türkei angereist war. “Ein bissl was wird die Republik da schon zahlen müssen”, betonte der Anwalt. Der Vater, der sich derart aufgeregt habe, dass er nun infolge Bluthochdrucks unter gesundheitlichen Beschwerden leide, dürfe keinesfalls auf den Flugkosten sitzen bleiben.

Polizei habe dem 19-Jährigen angeboten seine Verwandten anzurufen

Der 19-Jährige war am 25. Mai unmittelbar nach dem letzten missglückten Diebstahl von zwei Polizisten festgenommen worden. “Direkt bei der Verhaftung ist mir von einem der Beamten angeboten worden, ob sie jemanden anrufen sollen”, erzählte der 19-Jährige Oberösterreicher in seiner Verhandlung. Er habe dem Beamten die Telefonnummern seiner Mutter und eines Mitbewohners – der 19-Jährige, der ab kommendem Herbst Jus studieren möchte, lebt seit einigen Monaten in einer 3-er-WG in 1200 Wien – genannt. Er sei davon ausgegangen, dass zumindest eine der beiden Personen von der Polizei über seinen Verbleib verständigt wurde: “Die haben gesagt, sie benachrichtigen.”

Nachdem der Oberösterreicher von der Polizei ins Landesgerichtliche Gefangenenhaus überstellt wurde, trat seiner Darstellung zufolge eine Sozialarbeiterin mit der Frage an ihn heran, ob er mit jemandem Kontakt aufnehmen möchte. Er habe er im Glauben, die Polizei habe bereits telefoniert, “Es wissen eh schon alle Bescheid” geantwortet, berichtete der 19-Jährige. Die Computerspiele seien für ihn ein kleiner Luxus gewesen, den er sich normal nicht leisten könne.

(APA)

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