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Tschechischer Präsident Milos Zeman besucht Wien

Der neue tschechische Präsident Milos Zeman besucht am Dienstag und Mittwoch Österreich
Der neue tschechische Präsident Milos Zeman besucht am Dienstag und Mittwoch Österreich ©APA
Milos Zeman, der neue tschechische Präsident, besucht in Begleitung seiner Ehefrau Ivana Zemanová am Dienstag und Mittwoch Österreich. Bundespräsident Heinz Fischer empfängt ihn am Dienstagvormittag in der Wiener Hofburg. Besprechen werden die beiden Staatsoberhäupter laut Präsidentschaftskanzlei unter anderem die Entwicklung der EU, grenznahe regionalpolitische Zusammenarbeit sowie die wirtschaftlichen Beziehungen.

Auch das Thema Atomenergie und österreichische Sicherheitsinteressen werden beim Wien-Besuch von Milos Zeman nicht ausgespart. Zur Sprache soll außerdem ein Geschichtsbuch-Projekt kommen, dessen Ziel es sei, schwierige Fragen der gemeinsamen Geschichte zu versachlichen.

Milos Zeman: Erst seit 8. März im Amt

Es handelt sich um den zweiten Auslandsbesuch von Zeman im Amt des Staatspräsidenten. Seine erste Reise führte ihn in die Slowakei. Zeman ist das erste vom Volk gewählte Staatsoberhaupt Tschechiens. Alle bisherigen wurden vom Parlament gewählt. Zeman übernahm das Amt am 8. März von seinem Vorgänger Vaclav Klaus. Anders als Klaus ist Zeman der EU gegenüber sehr freundlich eingestellt. Er selbst bezeichnet sich als “Euro-Föderalisten”. Erstmal seit dem EU-Beitritt Tschechiens 2004 ließ Zeman Anfang April dieses Jahres die EU-Fahne auf der Prager Burg hissen.

Die Beziehungen zwischen Österreich und Tschechien waren während Zemans Amtszeit als Ministerpräsident (1998 bis 2002) auf einem Tiefpunkt. Trotz Widerstands der schwarz-blauen Koalition in Wien ging das Atomkraftwerk Temelin im Jahr 2000 in Betrieb, und es gab diplomatische Verstimmungen über Aussagen zur Vergangenheit.

Ministerpräsident findet klare Worte

Zemans Aussage von 2002, Sudetendeutsche hätten Landesverrat begangen und seien nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Vertreibung aus der Tschechoslowakei noch “milde” davon gekommen, hat für ihn auch heute noch Gültigkeit. “Selbstverständlich”, antwortete Zeman auf eine entsprechende Frage im APA-Interview auf der Prager Burg. “Wenn man Bürger eines Landes war und mit einem Land kollaborierte, das sein Land okkupierte, dann ist die Vertreibung moderater als zum Beispiel die Todesstrafe.” Man dürfe nicht vergessen, dass “90 Prozent der Sudetendeutschen Konrad Henlein, den Führer der Nazi-Partei in der Tschechoslowakei, wählten”.

Gleichzeitig stimmte Zeman der Meinung zu, wonach in Bezug auf die Sudetendeutschen nicht das Prinzip der Kollektivschuld angewandt werden dürfe. Auch die Benes-Dekrete, die rechtliche Basis für die Enteignung und Ausbürgerung von rund drei Millionen Sudetendeutschen, beinhalten laut ihm nicht das Kollektivschuld-Prinzip.

Tschechischer Premier unterstützt Temelin

Zeman bestätigte außerdem, dass er weiterhin ein Unterstützer Temelins ist. Nur wenn Tschechien solche Bergflüsse wie Österreich hätte, könne das Land auf Temelin verzichten. Auch Sicherheitsbedenken wie nach der Atomkatastrophe von Fukushima wischte er vom Tisch. “Können Sie sich ein großes Erdbeben in Mitteleuropa vorstellen und einen Tsunami?” Zu Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit des geplanten Ausbaus um zwei Reaktorblöcke, wie sie etwa Außenminister Karel Schwarzenberg formuliert hatte, meinte Zeman: “Man braucht zunächst Preisstabilität.” Und er ergänzte: “Herr Schwarzenberg ist nicht für Temelin, das stimmt. Soviel ich weiß ist unser Premierminister Petr Necas für Temelin, und ich bin auch ein Unterstützer.”

Schwarzenberg und Zeman, die im Präsidentschaftswahlkampf Kontrahenten waren, haben mehrere Differenzen. Uneinig sind sie sich über die Bestellung von Botschaftern. So schlug Zeman vor, die frühere First Lady Livia Klausova zur Botschafterin in der Slowakei zu machen. Schwarzenberg dagegen will einen Karrierediplomaten auf diesem Posten sehen. Vergangene Wochen trafen sich die beiden. “Es war ein sehr freundliches Treffen mit viel Lächeln auf beiden Seiten, einigen Whiskeys und Bier. Das sind die Hauptresultate des Treffens”, erzählte Zeman.

Botschafter für Wien gesucht

Auch in Wien ist der Botschafterposten seit Monaten vakant. “Ich bevorzuge einen Botschafter in Wien, der die Wichtigkeit, die Österreich für die Tschechische Republik hat, respektiert”, sagte Zeman. Die Person müsse höhere Bildung haben. “Es muss ein Mann sein, der die Wirtschaft versteht und überraschenderweise: Es muss ein Mann sein, der Deutsch spricht.”

Österreich gehört nach Zemans Angaben mit Deutschland und den Niederlanden zu den Hauptinvestoren in der Tschechischen Republik. Tschechien ist laut Präsidentschaftskanzlei der wichtigste Handelspartner Österreichs in Mittelosteuropa.

Am Mittwoch wird Zeman in Wien die Wirtschaftskammer besuchen. Er hält dort vor Unternehmern einen Vortrag zum Thema “Möglichkeiten einer Erweiterung der Zusammenarbeit der mitteleuropäischen Länder”. Außerdem stehen für Milos Zeman Treffen mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) und dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S) auf seinem Programm.

(apa/red)

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