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Strittige Nordostumfahrung: Wiener Grüne wollen "zurück an den Start"

Wie geht es mit der Nordostumfahrung weiter? Derzeit ist dort Baustelle
Wie geht es mit der Nordostumfahrung weiter? Derzeit ist dort Baustelle ©APA/Barbara Gindl
Die Wiener Grünen wollen das umstrittene Projekt Nordostumfahrung ganz neu aufrollen. Der Grund dafür sind die veralteten Verkehrsprognosen, die nicht mehr der Realität entsprechen.
Fertigstellung erst 2025

Im rot-grünen Koalitionsstreit rund um die Wiener Nordostumfahrung gibt es weitere Kontroversen. Denn die Wiener Grünen wollen “zurück an den Start”: Konkret haben sie am Montag einen Neustart der derzeit laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das – vor allem wegen des Lobautunnels umstrittenen – Asfinag-Projekt gefordert.

Maresch kritisiert falsche Annahmen

Denn die Verkehrsprognosen beruhten auf falschen Annahmen, die nicht mehr der Realität entsprächen, und seien deshalb unseriös, kritisierte Rüdiger Maresch, Verkehrssprecher der Wiener Grünen.  Als Angriff auf den roten Regierungspartner, einem erklärten S1-Befürworter, wollte er den Vorstoß nicht verstanden wissen.

Nordostumfahrung: Bürger sollen mitbestimmen

Man habe sich mit der SPÖ bereits darauf geeinigt, nach Abschluss der UVP eine Bürgerbefragung durchführen zu lassen. “Das ist der Versuch zweier Parteien, die gut miteinander können, einen Dissens gut abzuwickeln”, bemühte sich Maresch in einer Pressekonferenz um die Signalisierung ungebrochener Harmonie. Als Kompromiss angelegte Gratwanderung zwischen beiden Positionen wird demnach auch die offizielle Stellungnahme der Stadt Wien zu den noch bis Donnerstag öffentlich aufliegenden Unterlagen des Projekts aussehen, ließ Maresch anklingen.

Zuständig für die Formulierung ist die Stadtbaudirektion. “Die Beamtenschaft wird einen Mittelweg finden”, zeigte sich der Verkehrssprecher überzeugt. Wie dieser konkret aussehen wird, war heute nicht zu erfahren. Der grüne Mandatar prophezeite jedoch, dass einige Bürgerinitiativen, NGOs oder Einzelpersonen Einspruch gegen das Projekt erheben werden. Sollte es tatsächlich zum gewünschten Neustart der Umweltverträglichkeitsprüfung kommen, hätte das eine jahrelange Aufschiebung für die Realisierung zur Folge.

Daten stammen von 2005

Als Argumentationshilfe für die Haltung gegen das insgesamt 19 Kilometer lange Straßenbauvorhaben, das laut derzeitigem Stand bis 2025 fertig sein soll, präsentierte Maresch eine Studie des Verkehrsplaners an der Technischen Universität Wien, Harald Frey. Die Ergebnisse würden zeigen, dass diverse Grundannahmen im Hinblick auf die Verkehrsentwicklung nicht mehr stimmen. So seien die jüngsten verkehrspolitischen Maßnahmen – etwa Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, Anhebung der Kurzparkgebühren und Senkung der Öffi-Netzkarte – nicht berücksichtigt, so Maresch. Schließlich habe die bis dato letzte Datenaktualisierung in den Unterlagen, auf die sich die UVP bezieht, 2005 stattgefunden.

Frey, der sich heute selbst explizit als Kritiker des Asfinag-Projekts deklarierte, ergänzte, dass zudem Annahmen zur Entwicklung des motorisierten Verkehrs auf “alten Paradigmen” beruhten und somit die Tatsache, dass die Motorisierung bzw. der Autoverkehr in Städten wie Wien rückläufig sei, nicht berücksichtige. Außerdem müssten Alternativszenarien einfließen – etwa die künftige Verkehrsentwicklung ohne S1-Realisierung oder die Auswirkungen auf das niederrangige Straßennetz.

Mehr Lärm und Schadstoffe durch Nordostumfahrung

Nicht zuletzt wirke der Bau der sogenannten Lobau-Autobahn den Zielen des städtischen verkehrs- und klimapolitischen Masterplans “diametral” entgegen, erklärte Frey. So würden infolge der Nordostumfahrung der Pkw-Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen sowie der Pendlerverkehr steigen. Rad-, Fuß- und Öffi-Verkehr würden gleichzeitig durch die bessere Erreichbarkeit für Autos strukturell geschwächt. Zudem sei von einer höheren Lärm- und Schadstoffbelastung sowie von Abwanderung an die Peripherie auszugehen, hieß es.

Nach derzeitigem Stand ist die Fertigstellung der Nordostumfahrung für 2025 vorgesehen. Als erste Etappe soll zwischen 2014 und 2016 die rund zehn Kilometer lange, an der Oberfläche verlaufende Strecke zwischen Groß-Enzersdorf und Süßenbrunn gebaut werden. 2018 will die Asfinag dann den aufwendigen, knapp neun Kilometer langen Lobautunnel in Angriff nehmen. Dieser wird nicht nur durch das Naturschutzgebiet Lobau führen, sondern auch die Donau unterqueren. Die Asfinag hatte zuletzt negative Auswirkungen auf den Nationalpark Donau-Auen ausgeschlossen. Für das Gesamtprojekt Nordostumfahrung sind rund 1,8 Milliarden Euro budgetiert.

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