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Stefan Weber wird 60

Stefan Weber, Sänger und Chef der Wiener Skandal-Rockband Drahdiwaberl, wird am Mittwoch (8.11.) 60 Jahre alt.

„Ich glaub, die Jane Fonda hat einmal gesagt, sie freue sich über jede Runzel. I freu mi net”, sagte der Träger des Silbernen Verdienstzeichens des Landes Wien im Interview mit der APA. „Ich nehme mein Alter nicht locker, aber für 70 schau ich aber no recht jung aus”, scherzte der Musiker und Professor in Pension.

Geboren und aufgewachsen ist Weber in der Bundeshauptstadt – „in einem kommunistischen Elternhaus”, wie der Künstler erzählte. „Da hat man natürlich eine Erziehung in diese Richtung. Ich war stets politisch engagiert, hab’ bis heute immer KPÖ gewählt. Ich war als Jugendlicher bei der Besetzung der Kunstakademie dabei. Unser Anliegen hieß: ’Amis raus aus Vietnam’. In Österreich lief die Protestbewegung allerdings sehr gemütlich ab – im Vergleich zu dem, was sich in Paris oder in Berlin abspielte. In Wien gingen die Leute lieber zum Heurigen als protestieren.”

Schon früh erwachte bei Stefan Weber die Leidenschaft zur Musik. „In der Mittelschule ist es mir eingeschossen, eine Band zu gründen. Die Idee dazu kam mir, als ich auf Skikursen alle Rock ’n’ Roller nachgemacht habe. Von Elvis bis Bill Haley – ich hab sie alle drauf gehabt. Ich war die Abendattraktion”, schmunzelte der bald 60-Jährige. 1966 gründete er die Gruppe Webbb’s Crew. „Die Optik war mir schon damals wichtiger als die Musik. Wir hatten den Wiener mit den längsten Haaren am Bass. Er konnte nicht gut spielen, aber er hat sensationell ausg’schaut.”

1969 entstand aus der Tradition der 68er-Bewegung die Band Drahdiwaberl. Schon bald wurde die Gruppe mit ihren politischen Liedern und der grellen, mitunter obszönen Show bekannt. „Wir wollten anders sein. Wir hatten von Anfang an die Intention, die wildeste Band in Österreich zu werden.” Musiker wie Falco, Helmuth Bibl und Thomas Rabitsch begannen bei Drahdiwaberl ihre Karrieren. Darauf ist Weber „schon stolz, aber sie hätten sich auch ohne mich entwickelt”.

James Brown war ein Vorbild für Weber: „Viel wilder kann man sich ja nicht auf der Bühne gebärden.” So wie Brown sei auch er mit dem Alter ein „bisserl gesetzter” geworden, meint der Sänger. „Aber es gibt in Österreich nicht viele Rocker, die bis 60 durchhalten. Mir ist das gelungen.” Bei seiner Meinung über seine Kollegen-Generation hält sich Weber nicht zurück: „Die gleichen alten Trotteln sind noch immer die großen Tiere und geben leider noch immer den Ton an.”

Wolfgang Ambros sei früher ein Drahdiwaberl-Fan gewesen, berichtete Weber. „Zu Rainhard Fendrich hab ich nie Kontakt gehabt. Was auch gut war. Und Stefanie Werger – um Gottes Willen, mit der will ich nichts zu tun haben.” Jazz Gitti dagegen war lange Mitglied von Drahdiwaberl. Über die heutige österreichische Musikszene meinte Weber: „Von einer Welle des Austropop ist nichts zu spüren.”

Zurück ins Jahr 1981: Da erschien mit „Psychoterror“ das erste Album von Drahdiwaberl. 1983 schaffte es Weber im Duett mit Lukas Resetarits mit der Single „Lonely“ (vom Album „Werwolfromantik“) an die Spitze der heimischen Charts. „Das war großartig! Aber plötzlich sind Omas und ihre Enkerln zu unseren Konzerten gekommen – im Glauben, wir haben lauter Alt-Elvis-Songs im Programm.“ Stattdessen gab es Punk zu hören und Bühnenorgien zu sehen.

1970 begann Weber als Lehrer Zeichnen und Werken zu unterrichten. Die ausgeflippten, sehr freizügigen Darbietungen seiner Band sprachen sich unter den Schülern rasch herum. „Ich wär’ fast aus der Schule geflogen“, so der Rock-Professor. „Aber wenn man erst einmal in den ’Seitenblicken’ zu sehen war, erblassen die Leute vor Ehrfurcht. Die Konservativen wollten mich natürlich abschießen. Aber der Direktor stand am Standpunkt: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Und er wollte nichts wissen… Ich hab sicherheitshalber immer vermieden, auf der Bühne nackt zu sein. Dafür hab’ ich Mikroständer zertrümmert.“

Mittlerweile wirkt Tochter Monika bei Drahdiwaberl mit. „Sie wollte schon mit zwölf einsteigen“, lachte Weber. Auch seine Frau war früher Akteurin in der Gruppe, spielte jene Rollen, die heute Monika besetzt. „Es gab nie Probleme zwischen Familie und Karriere.“

Seit vielen Jahren geben Drahdiwaberl in regelmäßigen Abständen letzte Konzerte. Einen allerletzten Auftritt will Weber nicht ausschließen: „Wenn George Bush wieder nach Wien kommen sollte, unterbrich ich sofort jeden Urlaub und trommel’ die Band zusammen. So wie heuer.“ Doch vorerst wird am Drahdiwaberl-Film „Weltrevolution“ gearbeitet, der zum Jahreswechsel in die Kinos kommen soll. „Vielleicht wär’s g’scheit, wenn ich nach der Premiere in Pension gehe.“

Als Lehrer trat Weber nicht zuletzt wegen seiner Parkinson-Erkrankung in den Ruhestand. „Ich verdränge und negiere es“, so Weber über sein Leiden. „Es belastet mich nicht so dramatisch. Ich red’ mir ein, dass Parkinson eh leiwand, dass Krebs viel schlimmer ist. Parkinson tut nicht weh, es schränkt mich halt ein bisserl bei den Bewegungen ein.“ Stefan Weber bleibt der furchtlose Rocker, wie man ihn kennt und mittlerweile akzeptiert. Und auch wenn Weber zur Verleihung des Silbernen Verdienstzeichens 2005 einen Mulatschag im Rathaus inszenierte, freute er sich vermutlich doch über die Auszeichnung.

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