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Schwiegermutter statt Ex-Frau erstochen: "Unser Leben ist zerstört"

"Unser Leben ist zerstört" - jene junge Frau, die nur knapp die Messerattacke durch ihren Ex-Mann überlebte, während ihre eigene Mutter beim Versuch sie zu retten getötet wurde, ist noch immer schwer durch die Ereignisse im August 2010 gezeichnet.
Schwiegermutter statt Exfrau erstochen

Am Mittwoch, dem zweiten Verhandlungstag am Wiener Landesgericht wegen Mordes und Mordversuchs gegen den 32-jährigen Türken, schilderte die Ex-Frau des Beschuldigten in einer Videoaufzeichnung die dramatischen Ereignisse.

Ihr Ex-Mann hatte, als er die Kinder heimbrachte, nach einem kurzen Wortwechsel ein Messer gezogen und die 16 Zentimeter lange Klinge derart wuchtig in den Bauch seines Opfers gestoßen, dass nicht nur Leber- und Lungenlappen sowie Zwerchfell durchbohrt wurden, sondern die Spitze am Rücken der zierlichen Frau wieder zum Vorschein kam. Zudem wurde sie durch eine Abwehrbewegung schwer an der rechten Hand verletzt. Bis heute leidet die mittlerweile 29-Jährige an Schmerzen und Beeinträchtigen sowie psychischen Folgen.

Schrei der Mutter noch gehört

Wie sie aussagte, dürfte die junge Frau nur deshalb mit dem Leben davongekommen sein, da es ihr gelang, aus der Wohnung davonzulaufen. Bei der Flucht über die Stiegen rutschte sie auf ihrem eigenen Blut aus und fiel die Stiegen hinunter. So bekam sie auch nur den Schrei ihrer Mutter – “tu’s nicht!” – mit. Wie die 50-Jährige vom Angeklagten niedergestochen wurde (an der Wunde starb die Frau 43 Tage später) konnte sie nicht sagen.

Nach Darstellung der 29-Jährigen hatte ihr Mann selbst die Scheidung verlangt. “Er hatte einen guten Job, konnte genug Deutsch und hatte ein eigenes Visum”, so das in Österreich aufgewachsene Opfer. Als er jedoch sein ganzes Geld verspielt hatte, wäre er bereit gewesen, die Ehe wieder aufzunehmen, woran aber die Frau kein Interesse mehr hatte. 

Neues Messer extra für geplante Tat gekauft

Als die Ehe noch intakt war, hatte der 32-Jährige es gutgeheißen, wenn im Fernsehen darüber berichtet wurde, dass ein Mann seine trennungswillige Frau getötet hatte. Doch auch als er betrunken im Park mit einem Messer herumgefuchtelt hatte, rechnete die 29-Jährige offenbar nicht mit dem schlimmsten, sondern machte von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch und gestattete den Kindern den Kontakt mit dem Vater. Am 3. August 2010 hatte er um zehn Euro extra ein neues Messer gekauft, um seine Ex-Frau zu töten.

In bewegenden Worten erzählte die 29-Jährige von der Unmöglichkeit, weiterhin in der damals noch blutbesudelten Wohnung zu leben. Sie habe aus der Gegend, in der sie aufgewachsen war, wegziehen müssen und hoffe auf einen Neuanfang im neuen Heim. Sie und ihre Kinder seien weiterhin in psychotherapeutischer Behandlung. Ihr Vater, der seine Frau verloren hatte, sei völlig gebrochen.

Aussage der Kinder auf Video

Schluchzend schilderte die Achtjährige in der auf Video aufgezeichneten Einvernahme den Angriff ihres Vaters auf die Mutter und Großmutter – ohne dass der Angeklagte sichtbare Emotionen zeigte. Auch der Bub war zu den Vorkommnissen befragt worden, doch obwohl deutlich zu bemerken war, wie verstört der Siebenjährige war, dürfte er doch die volle Tragweite der schrecklichen Geschehnisse nicht zur Gänze verstanden haben.

“Der Papa hat gesagt, er werde etwas ganz Schreckliches tun: Die Mama töten und dann sich”, erzählte die Achtjährige. Doch was die 29-jährige Frau daraufhin mit ihrer Mutter am Telefon gesprochen hat, daran konnte oder wollte sich das Kind nicht mehr erinnern. Dass ihr Vater sie dann bis zur Wohnungstür gebracht hatte, obwohl ihm das aufgrund des Betretungsverbots nicht erlaubt war, habe sie erschrocken.

“Oma, lauf weg, laug weg!”

“Ich habe gesehen, dass der Papa ein Messer hat, Mama wollte noch die Türe zumachen und Oma hat gerufen ‘lauf weg, lauf weg’ und dann hat der Papa der Oma ein Messer reingesteckt und damit herumgewackelt”, schluchzte die Kleine. In ihrem verzweifelten Bemühen, Hilfe zu holen, lief sie in den nächsten Stock, doch die Nachbarn waren nicht zu Hause. Auch eine Tante, die sie mit dem eigenen Handy anrufen wollte, hob nicht ab. Schließlich lief sie in die Einfahrt zu ihrer Mutter und dann wieder in die Wohnung zur tödlich verwundeten Großmutter.

Der Bruder hatte zwar auch die “Rauferei” zwischen den Eltern gesehen, war aber die ganze Zeit in der Wohnung geblieben. Traumatisch war für ihn wohl die Erstversorgung der Großmutter durch die Rettung. Bis er mit seiner Schwester in ein anderes Zimmer geschickt wurde, konnte er deren Wunde genau sehen und bei seiner Videoaussage entsprechend beschreiben.

Der Prozess wird laut Richter Norbert Gerstberger am kommenden Montagnachmittag mit den Plädoyers fortgesetzt. Für diesen Tag ist auch das Urteil zu erwarten.

(apa)

 

 

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