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Rätseln um Aliyev-Tod: Abschiedsbrief zitiert - Beweise schließen Mord aus

Außenansicht jener Zelle, in der der ehemalige kasachische Botschafter Rakhat Aliyev tot gefunden wurde
Außenansicht jener Zelle, in der der ehemalige kasachische Botschafter Rakhat Aliyev tot gefunden wurde ©APA (Sujet)
Einen Mord am kasachischen Ex-Botschafter Rakhat Aliyev in seiner Gefängniszelle schließen die von der Wiener Justiz gesicherten Beweise "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" aus. In einem Medienbericht dazu wurde aus einem Abschiedsbrief Aliyevs zitiert.
"Von Wende keine Rede"
Laut Anwalt Mordauftrag
Kein Hinweis auf Mord
Betäubungsmittel im Blut
Zelle 14 Stunden versperrt
Zweifel an Aliyevs Tod
Rätsel um Aliyevs Tagebuch

Über die gesicherten Beweise schreibt die Wiener Wochenzeitung “Falter” in ihrer am Dienstagnachmittag erscheinenden Ausgabe unter Berufung auf die Ermittlungsergebnisse. Demnach hinterließ Aliyev auch eine Art Abschiedsbrief.

Abschiedsbrief von Aliyev an seine Frau

“Schütze das Geld für dich und die Kinder (…). Ich habe es nicht mehr geschafft. Dein Held hat keine Kraft mehr!”, heißt es in einem Schreiben Aliyevs an seine Frau. Diese habe selbst ein “mögliche Suizidgefährdung ihres Mannes” angesprochen, zitiert die Zeitung aus der Notiz eines Psychiaters wenige Monte vor dem Tod. Im Krankenakt werde 18 Mal darauf hingewiesen, das Aliyev “depressiv”, “innerlich unruhig”, “weinerlich” oder “einsam” sei.

Ein von Aliyevs Witwe beauftragter deutscher Rechtsmediziner ist dagegen zum Schluss gekommen, dass Aliyev im Februar 2015 in seiner Gefängniszelle “von fremder Hand” gestorben sei. Charakteristische Blutergüsse im oberen Brustkorb machten Aliyevs Tod zu einem “Lehrbuchfall” für das sogenannte “Burking” (Ersticken durch Niederdrücken des Brustkorbs bei gleichzeitigem Zuhalten von Mund und Nase), betonte der renommierte Mediziner Bernd Brinkmann am gestrigen Montag vor Journalisten in Wien. Selbstmord- oder Unfallthesen wies der Wissenschafter als “Fantasiegebilde” zurück.

Forensiker: Umstrittene Male vielleicht von erstem Selbstmordversuch

Laut einem vom “Falter” zitierten Forensiker, der anonym bleiben wollte, könnten die von Brinkmann monierten Male unterhalb der Strangulationsmarke von einem missglückten ersten Selbstmordversuch stammen. “Die Druckstauungen sind für mich erklärbar. Vermutlich hat sich Alijew zweimal in die an der Wand befestigte Schlinge gelegt. Beim ersten Mal hat er den Kopf noch einmal aus der Mullbinde gezogen, ehe er bewusstlos wurde. Der Suizidversuch könnte die Blutstauungen produziert haben, aber noch keine Verletzungen am Hals”, sagte der Experte der Zeitung.

Wie kam “fremde Hand” in Aliyevs Zelle?

Unklar ist vor allem, wie die “fremde Hand”, die Aliyev getötet haben soll, unbemerkt in die Zelle kommen konnte. Die Zellentüre wurde nämlich durch zwei Videokameras überwacht und es gibt auch ein sogenanntes “Riegelkontaktprotokoll”, das jede Öffnung der Zelle digital protokollierte. Weder die Video- noch die Zellentürdaten seien manipuliert worden, schreibt die Wochenzeitung unter Berufung auf von der Justiz eingesetzte Gutachter. Demnach erfolgte die letzte Zellenöffnung am Vortag des Todes um 17.18 Uhr, auf dem Video waren um 21.47 Uhr zuletzt Beamte zu sehen. Um 7.26 Uhr sei die Einzelzelle wieder geöffnet worden; Aliyev wurde bereits tot entdeckt.

Mehrere Thesen ausgeschlossen

Die Ermittler seien mehrere Thesen durchgegangen, heißt es in dem Bericht. Ein chemisch-toxikologisches Gutachten habe Vergiftung ausgeschlossen. DNA-Abriebe von Händen und Fingerkuppen schlossen einen Kampf aus, und in der Zelle fanden sich auch keine fremden DNA-Spuren. Der Schweizer Gerichtsmediziner habe schließlich “Kompression der Blutgefäße am Hals im Rahmen einer Strangulation” als Todesursache festgestellt. Er soll nun noch vor Weihnachten eine Stellungnahme zu den Erkenntnissen Brinkmanns abgeben, danach will die Wiener Justiz über die weitere Vorgangsweise entscheiden.

>>Sektionschef über neue Zweifel an Aliyev-Suizid: “Von Wende kann keine Rede sein”

(apa/red)

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