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Prozess gegen Gewinnspiel-Betreiber: EDV-Gutachten soll Aufschluss geben

Der Betrugsprozess startete diese Woche.
Der Betrugsprozess startete diese Woche. ©bilderbox.com (Sujet)
Diese Woche startete der Prozess gegen den Gewinnspiel-Betrüger Gerhard Bruckberger, der mit der Marke "Friedrich Müller" unzählige Konsumenten getäuscht haben soll. Am Mittwoch wurde ein EDV-Gutachten erörtert.

Wie der Sachverständige Andreas Wruhs im Wiener Landesgericht erklärte, waren bei der Form der elektronischen Gewinnermittlung, die Bruckberger seine EDV-Abteilung durchführen ließ, Manipulationen grundsätzlich “theoretisch möglich”. Zwei ehemalige Mitarbeiter des Angeklagten hatten diesen dahin gehend belastet.

Diese behaupteten im Zeugenstand, Bruckberger habe ihnen den Auftrag gegeben, die Software so zu manipulieren, dass ausschließlich fiktive Mitspieler bei den notariell überwachten Ziehungen herangezogen wurden und damit reale Gewinner im Vorhinein ausgeschlossen waren.

EDV-Gutachten bei Betrugsprozess

Konkret fand Wruhs bei seiner gutachterlichen Tätigkeit Belege, die diese Angaben stützen. Wie er dem Schöffensenat (Vorsitz: Stephanie Öner) erklärte, waren drei Datenbanken ausschließlich mit fiktiven Adressen gefüllt. In den Tabellen-Splits waren jeweils Zahlen eingetragen, die erfundenen Mitspielern zugeordnet waren. Mit diesen Datensätzen seien dann den entsprechenden Verlosungsprotokollen zufolge auch angebliche Gewinner ermittelt worden, sagte Wruhs.

Auf Basis von 15.000 Kundendaten überprüfte der Sachverständige die Altersstruktur der Kunden, an die “Friedrich Müller” Gewinnbenachrichtigungen oder Produkte wie Gesundheitsschuhe oder ein Mittel namens “Rückenwunder” verschickte. Bei 8.000 Daten habe sich ein Geburtsdatum gefunden, berichtete Wruhs: “Der Altersschnitt war 78,9 Jahre.”

Zielgruppe des Betrugs häufig ältere Menschen

Laut Staatsanwalt soll sich der Angeklagte mit seinen Mitspiel-Aufforderungen gezielt an ältere, zum Teil altersdemente Empfänger gerichtet haben, die in weiterer Folge oftmals “Expressgebühren” zwischen zehn und 100 Euro bezahlten, um an das “große Geld” zu kommen.

Ein am Mittwoch aus Deutschland eingeflogener Anwalt bestätigte dem Angeklagten, dessen Werbematerial “geprüft” zu haben. Er habe unzählige Prospekte auf wettbewerbsrechtliche Bedenken durchgesehen und diese für zulässig befunden: “500 müssen’s schon gewesen sein.” Es habe allerdings auch Kundenbeschwerden gegeben, räumte der Zeuge ein: “Dass ein Verbraucher am Heiligen Abend auftaucht und sich beschwert, war schon der Hammer eigentlich.”

Verhandlung wurde verschoben

Die Verhandlung wird am 24. Juni fortgesetzt. Zwei weitere Verhandlungstage im Juli wurden ebenfalls anberaumt. Die Staatsanwaltschaft hat 60 Zeugen beantragt, Verteidiger Jürgen Stephan Mertens will 2.200 Personen hören, die nach seiner Darstellung an Gewinnspielen teilgenommen, diese verstanden und “gewonnen” hätten.

Außerdem beantragte Mertens am Mittwoch die zeugenschaftliche Einvernahme von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP), der von 2004 bis 2012 für Bruckberger als Rechtsberater tätig gewesen sei. Brandstetter habe “aufgrund von Gutachten und eigener Wahrnehmung” festgestellt, “dass keine Täuschungsabsicht und kein Vermögensschaden gegeben waren und damit keine Strafbarkeit vorlag”, gab Mertens zu Protokoll.

Ein Enthaftungsantrag des zweiten Verteidigers Herbert Eichenseder, der die mittlerweile fast 16 Monate andauernde U-Haft als unverhältnismäßig bezeichnete, wurde abgewiesen. Für den Schöffensenat waren die Haftgründe Flucht- und Tatbegehungsgefahr weiter aufrecht.

(APA/Red)

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