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Parkpickerl in großem Stil "unter der Hand" verkauft: Skurriler Prozessverlauf

Der Amtsmissbrauch-Prozess wurde vertagt.
Der Amtsmissbrauch-Prozess wurde vertagt. ©VIENNA.at
Von Mitte 2010 bis Juni 2012 soll ein ehemaliger Magistratsbediensteter in großem Stil Parkpickerl "unter der Hand" verkauf haben. Er musste sich am Dienstag wegen Amtsmissbrauchs und Bestechlichkeit im Straflandesgericht verantworten. Der 27-Jährige war umfassend geständig. Nach einer turbulenten, mitunter ins Skurrile abgleitenden Verhandlung wurde der Prozess jedoch dennoch vertagt.
Parkpickerl "unter der Hand" verkauft

Nachdem er bei der Gemeinde Wien eine Lehre als Bürokaufmann abgeschlossen hatte, begann der Mann im Jahr 2009 beim Magistratischen Bezirksamt für den zweiten Bezirk zu arbeiten. Unter anderem war er für das Ausstellen von Parkpickerln zuständig. Wenige Monate später ließ er sich eigenen Angaben zufolge das erste Mal schmieren: Für 100 Euro übergab er einem flüchtigen Bekannten ein Pickerl, obwohl dieser in einem anderen Bezirk lebte und damit keinen Anspruch auf eine Parkberechtigung in der Leopoldstadt gehabt hätte.

Geldmotiv für Verkauf der Parkpickerl “unter der Hand”

“Er hat mich mit Geld gelockt. Ich hab’ mich dazu hinreißen lassen”, gab der Angeklagte zu Protokoll. Wenige Tage später habe ihn derselbe Bekannte neuerlich angesprochen und um weitere Pickerl gebeten, mit denen dieser offenbar einen Handel aufgezogen habe, vermutete der Angeklagte. Aus finanziellen Motiven ließ sich der Vertragsbedienstete neuerlich darauf ein und begann in weiterer Folge, die begehrten Parkpickerln “unter der Hand” zu verkaufen: “Im Nachhinein gesagt schäme ich mich dafür, dass ich wegen so etwas damit angefangen habe.”

Der Magistratsmitarbeiter baute sich mehrere Mittelsmänner auf, die ihm “Kunden brachten”, wie sich der 27-Jährige ausdrückte. Für ein illegales Pickerl mit einem einjährigen Geltungszeitraum verlangte er 50 Euro, für zwei Jahre 100 Euro. Im rechtmäßigen Ankauf hätten diese 200 bzw. 330 Euro gekostet. Weit über 300 Pickerl soll der Mann insgesamt schwarz verkauft haben, ehe er im Zuge einer internen Revision der Magistratsdirektion aufflog. Laut Staatsanwaltschaft wurden gegen 150 Abnehmer strafrechtliche Ermittlungen geführt. “98 Prozent von ihnen wurden mittlerweile verurteilt”, stellte Staatsanwalt Bernd Schneider fest. Sie fassten als Beteiligte am Amtsmissbrauch durchwegs Bewährungsstrafen aus.

Skurriler Verlauf des Parkpickerl-Prozesses

Angesichts der geständigen Verantwortung des Angeklagten und seiner mittlerweile geleisteten Schadensgutmachung – um ihm diese und damit einen bei der Strafbemessung zu berücksichtigenden wesentlichen Milderungsgrund zu ermöglichen, hatte Richterin Minou Aigner die ursprünglich auf den 2. Juni anberaumte Verhandlung um sechs Wochen nach hinten verschoben – wäre mit einem “kurzen Prozess” zu rechnen gewesen. Die Verhandlung nahm aber einen recht eigenartigen Verlauf. Zunächst begann sie ohne ersichtlichen Grund mit einer Verspätung von 35 Minuten. Als Verteidiger Rainer Rienmüller eine Schadensaufstellung mit detaillierten Tabellen vorlegte, empörte sich die Richterin, weshalb sie diese nicht bereits im Vorfeld erhalten habe. Sie könne die Berechnungen infolge des winzig kleinen Schriftbildes jetzt nicht überprüfen: “Ich kann ihre Tabelle nicht einmal mit der Brille lesen! Da muss ich eine Lupe nehmen!”

Den Beleg mit den 30.000 Euro, die der Angeklagte vor wenigen Tagen der Magistratsdirektion überwiesen hatte, ließ die Richterin nicht gelten. Sie verlangte das Original, worauf der im Publikum anwesende Vater des Angeklagten zum in Gerichtsnähe geparkten Auto lief und dieses beibrachte. Eine weitere Verzögerung trat ein, weil die Richterin den Rechtsvertreter der Magistratsdirektion aufforderte, telefonisch abzuklären, ob die 30.000 Euro tatsächlich am Konto eingelangt seien. Der Privatbeteiligten-Vertreter tat dies mithilfe seines Handys nicht direkt vor dem Saal, sondern suchte die gerichtliche Geschäftsstelle auf. Kurz nach 10.00 Uhr – zu diesem Zeitpunkt hatte die Beschuldigteneinvernahme noch nicht einmal begonnen – kündigte die Richterin schließlich die Vertagung an. Für halb elf Uhr sei nämlich die nächste Verhandlung anberaumt – “eine Haftsache”, wie Aigner betonte. Da sei Dringlichkeit geboten, diese Verhandlung lasse sich einfach nicht verschieben.

Laut Verteidiger Rienmüller soll der Angeklagte mit seinen illegalen Geschäften rund 24.000 Euro in seine Tasche gewirtschaftet haben. In welcher Höhe seine Mittelsmänner “mitgeschnitten” hätten, wisse der 27-Jährige nicht. Nach Auffliegen der Affäre war der Magistratsbedienstete umgehend fristlos entlassen worden. Mittlerweile ist er als Lagerarbeiter tätig.

(apa/red)

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