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ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bewirbt sich 2016 für dritte Amtsperiode

Alexander Wrabetz bewirbt sich wieder als ORF-Generaldirektor.
Alexander Wrabetz bewirbt sich wieder als ORF-Generaldirektor. ©apa (Sujet)
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat beschlossen, sich bei der Wahl der neuen ORF-Geschäftsführung im Sommer 2016 für eine dritte Amtsperiode als Chef des öffentlich-rechtlichen Senders zu bewerben. "Ich habe den Stiftungsrat informiert, dass ich eine weitere Geschäftsführungsperiode von 2017 bis 2022 anstrebe", sagt Wrabetz in einem Interview.

“Ich glaube, dass es sinnvoll ist, meine Bereitschaft und mein Interesse ein Jahr vor Ablauf der aktuellen Periode zu zeigen. Der ORF ist gut aufgestellt, aber der Sender steht auch in den nächsten Jahren vor großen Aufgaben. Die europäischen Gesellschaften und auch die österreichische stehen vor großen Herausforderungen punkto Flüchtlingsbewegungen, Integration und sozialer Zusammenhalt. In all diesen Fragen spielt der öffentliche-rechtliche Rundfunk in ganz Europa eine große Rolle”, sagte Wrabetz.

Wrabetz’ Vorstellungen der ORF-Weiterentwicklung

“Für den ORF heißt das, dass wir im Bereich der Information jene umfassend informieren, die sich für Information interessieren, aber auch jene erreichen müssen, die sich nicht so sehr für Information interessieren, damit diese sich nicht in Informations-Paralleluniversen verlieren.” Dazu sei es laut Wrabetz notwendig, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch im digitalen, nonlinearen Bereich entwickeln kann. Der ORF-Chef zitierte in diesem Zusammenhang BBC-Boss Tony Hall: “Aufgabe ist es, beide Pferde zu reiten – die Stärke im linearen Bereich in Fernsehen und Radio zu halten und zugleich im nonlinearen Bereich entsprechende massenwirksame Qualitätsangebote zu machen. Dafür brauchen wir entsprechende Rahmenbedingungen.”

Als zentrale Punkte nannte der ORF-Chef im APA-Gespräch dabei die Weiterentwicklung des Gebührensystems, Aktivitäten im mobilen Bereich sowie Möglichkeiten, um auf neue digitale Entwicklungen besser und schneller reagieren zu können.

Die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens müsse auf mittlere Sicht aufrechterhalten bleiben. Und um auf neuen Plattformen präsent sein zu können, brauche es in der nächsten Geschäftsführungsperiode die Umsetzung des Standortprojekts und der neuen Arbeitsweise, insbesondere in einem trimedialen Newsroom.

Die Wahl zum ORF-Generaldirektor

Die Wahl des ORF-Generaldirektors findet am 9. August 2016 statt, die Wahl der Direktoren und Landesdirektoren am 15. September. Vorgenommen werden die Bestellungen durch das oberste ORF-Gremium, den 35-köpfigen Stiftungsrat. 18 Stimmen sind für eine Mehrheit notwendig. Die Mitglieder des ORF-Stiftungsrats werden von Regierung, Parteien, Bundesländern, ORF-Publikumsrat und Betriebsrat beschickt und sind – abgesehen von wenigen Ausnahmen – in parteipolitischen “Freundeskreisen” organisiert. Die SPÖ kann derzeit auf 13 Vertreter zählen, dazu kommt der ursprünglich von BZÖ/FPK bestellte und von der SPÖ-geführten Landesregierung verlängerte Kärntner Stiftungsrat. Der ÖVP-“Freundeskreis” umfasst 14 Mitglieder. FPÖ, Grüne, NEOS und Team Stronach haben je einen Stiftungsrat. Drei Unabhängige komplettieren das Gremium.

Auf die Frage, ob er weiter Rückhalt der SPÖ habe und mit einer Mehrheit für seine Wiederwahl rechnet, meinte Wrabetz: “Dazu sage ich jetzt nichts, aber ich habe den Rückhalt. Ich hoffe natürlich auf eine breite Mehrheit, und eine breite Mehrheit fängt bei 20-plus an.”

Dass Wrabetz seine Bewerbung schon zu diesem frühen Zeitpunkt bekannt gibt, habe nichts mit möglichen Gegenkandidaten zu tun, sondern vielmehr mit dem Umstand, dass zuletzt von Medien immer öfter die Frage nach seiner möglichen Wiederbewerbung geäußert wurde. “Ich glaube, es ist besser, das jetzt nicht mit einer gewissen Koketterie hinauszuschieben, sondern ein Jahr vor Auslaufen der Periode eine Klarstellung gegenüber dem Stiftungsrat zu treffen. Ich hoffe aber, dass das nicht einen mehrmonatigen Wahlkampf bedeutet, sondern die gute und konstruktive Zusammenarbeit im Haus und mit den Gremien fortgesetzt wird.”

Spekulationen über Antreten von Gegenkandidat Richard Frasl

Auf Aussagen über etwaige Gegenkandidaten wollte sich der ORF-Chef unterdessen nicht einlassen. Wegen der knappen Mehrheiten im ORF-Stiftungsrat wurde zuletzt etwa über ein mögliches Antreten des von der ÖVP forcierten ORF-Finanzdirektors Richard Grasl spekuliert. Ob er mit einem Antreten Grasls rechne, oder ob es stimme, dass ihm der Finanzchef versichert habe, nicht gegen ihn anzutreten? Wrabetz: “Dazu sage ich nichts, aber ich hoffe, dass wir auch die nächsten Monate vertrauensvoll im Team der Geschäftsführung weiterarbeiten können.” Vorstellungen zum Direktorenteam hat der ORF-General bereits: “Kathrin Zechner, Richard Grasl und Michael Götzhaber haben eine gute Arbeit gemacht, und wenn sie zur Verfügung stehen, würde ich sie weiter gerne im Team haben”, sagte Wrabetz. Zechner als Programmdirektorin, Grasl als Finanzdirektor und Götzhaber als Technischer Direktor.

Offen ist laut Wrabetz noch die genaue Ausgestaltung des vierten Direktors. Ursprünglich hatte der ORF-General bei Gedankenspielen im Frühjahr 2015 dafür einen Informationsdirektor für TV, Radio und Online sowie das Aus für den Radiodirektor im Auge. Nach Widerstand aus der Belegschaft und von Stiftungsräten scheinen die Zuständigkeiten in der Information nun wieder offen. Der vierte Direktor soll jedenfalls “keine Kompetenzen und kein Durchgriffsrecht im Sinne einer zentralen Steuerung haben”, wie Wrabetz erklärte. Und es soll “mehrere Chefredakteure geben, die dezentrale Verantwortung wahrnehmen”. Es gebe dafür verschiedene Modelle, über die er derzeit noch nachdenke.

Sollte Wrabetz im August neuerlich bestellt werden, wäre er der erste ORF-Generaldirektor, der drei Geschäftsführungsperioden unmittelbar hintereinander schafft. Dem legendären Gerd Bacher, der es insgesamt auf fünf Amtsperioden brachte, gelangen zwei hintereinander. Wrabetz ist der siebente Generaldirektor seit der Rundfunkreform Mitte der 1960er-Jahre. Er wurde am 21. März 1960 in Wien geboren und startete seine berufliche Karriere zunächst im Bankenbereich. Von 1987 bis 1992 war er als Assistent des Vorstands der Österreichischen Industrieholding AG für Hugo Michael Sekyra tätig. 1992 zog er als Geschäftsführer in das ÖIAG-Handelshaus Intertrading ein, von dort wechselte er als Vorstand zur ÖIAG-Tochter Vamed. Darüber hinaus übernahm er diverse Aufsichtsratsfunktionen innerhalb der ÖIAG und war auch Mitglied des ORF-Kuratoriums, heute besser als Stiftungsrat bekannt.

Alexander Wrabetz: Werdegang

1998 wurde Wrabetz vom damaligen ORF-Generalintendanten Gerhard Weis zum Kaufmännischen Direktor des ORF gekürt. Im Jahr 2002 wurde er von der bürgerlichen Monika Lindner in dieser Position bestätigt. 2006 nutzte Wrabetz die Gunst der Stunde – Wolfgang Schüssels ÖVP-BZÖ-Koalition lag in den letzten Zügen – und trat bei der ORF-Wahl gegen Lindner an. Der smarte Direktor wurde schließlich mit 20 von 35 möglichen Stimmen von einer Regenbogenkoalition aus SPÖ, BZÖ, Grünen, FPÖ und Unabhängigen zum neuen ORF-Generaldirektor gewählt. Bei seiner ersten Wiederwahl 2010 waren es mit 29 Stiftungsräten noch einmal mehr. Damals wählte auch etliche ÖVP-Stiftungsräte mangels Alternativen Wrabetz zum ORF-Chef.

Die politische Heimat des ORF-Generals ist kein Geheimnis: Ursprünglich aus einem freiheitlichen Elternhaus kommend (Wrabetz’ Vater war in den 1970er-Jahren Parteianwalt der FPÖ), war der pomovierte Jurist Bundesvorsitzender der SPÖ-Studentenorganisation VSStÖ und organisierte 1983 den erfolgreichen Vorzugsstimmen-Wahlkampf für den SPÖ-Nationalratsabgeordneten Josef Cap. Wrabetz’ Verhältnis zum aktuellen SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann gilt allerdings seit Jahren als angespannt. Wrabetz tat als ORF-Chef nicht immer, was der Kanzler wünschte, und galt zwischendurch als Ablösekandidat. Der Überlebenskünstler und Polit-Stratege hielt sich jedoch im Chefsessel am Küniglberg.

(apa/red)

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