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Nicht erbrachte Leistungen verrechnet: Wiener Arzt vor Gericht

Der Prozess gegen den Wiener Arzt wird am 28. Oktober fortgesetzt.
Der Prozess gegen den Wiener Arzt wird am 28. Oktober fortgesetzt. ©APA/Sujet
Wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs muss sich ein Arzt im Wiener Landsgericht vor einem Schöffensenat (Vorsitz Harald Craigher) verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass er in großem Stil der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) Rechnungen für Leistungen erstellt haben soll, die er nicht gar erbracht hat. Der Schaden soll über 700.000 Euro betragen.
Betrugsvorwürfe gegen Arzt

Er bekannte sich teilweise schuldig: “Es sind Malversationen passiert”, aber bei weitem nicht in dieser Höhe, sagte er aus.

Bei hunderten Patienten soll der Mediziner mittels derer E-Cards Behandlungen vorgegeben haben, die – zumindest laut Überprüfungen der Behörden – niemals stattgefunden haben dürften. Der Arzt war vor knapp eineinhalb Jahren den Behörden aufgefallen. Es wurde bekannt, dass er die Drogen-Szene mit Substitutionsmedikamenten versorgt haben dürfte, indem er Rezepte für psychotrope Stoffe an Nichtberechtigte weitergab. Im Zuge der umfangreichen Ermittlungen kamen dann auch die Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung mit der WGKK zutage. Für den Mediziner gilt die Unschuldsvermutung.

Drogenpatienten sollten “nicht doppelgleisig fahren”

Die Staatsanwaltschaft warf dem 68-Jährigen vor, in der Drogenszene den Ruf gehabt zu haben, “weniger kritisch als andere zu sein”, wenn es um die Versorgung mit Substitutionsmedikamenten ging, was Verteidigerin Alexia Stuefer entrüstet zurückwies. Der Beschuldigte soll Drogenpatienten aufgefordert haben, ihre E-Card in der Ordination zu lassen.

Bis zu 100 der Cards soll er in seiner Praxis aufbewahrt haben. Um so leichter nicht erbrachte Leistungen verrechnen zu können, legt ihm die Anklage zur Last. Er habe sie gebeten – nicht aufgefordert -, die Karten dazulassen, damit die Patienten sie nicht vergessen, aber auch, “weil ich nicht wollte, dass sie doppelgleisig fahren”, sagte hingegen der Angeklagte. Anders gesagt: Damit die Patienten nicht zu anderen Ärzten ebenfalls in Therapie gehen.

Nicht erbrachte Leistungen verrechnet

Die nicht erbrachten, aber verrechneten Leistungen stellte der Arzt als Interpretationsunterschiede zwischen ihm und der WGKK dar. “Höchstens zehn Mal pro Quartal sind Gespräche mit Drogenpatienten verrechenbar”, erläuterte der Angeklagte. “Wenn er 20 Mal kommt, sind zehn Mal gratis.” Die E-Cards seien im übrigen für die Patienten jederzeit erreichbar und verfügbar gewesen.

Die Höhe des inkriminierten Gesamtschadens stellte der Mediziner entschieden in Abrede: “750.000 Euro – das ist ein Wahnsinn, nicht einmal, wenn ich auf der Waage stehe, bekomme ich so viel”, sagte er. Maximal 50.000 Euro, “vielleicht ein bisschen darüber”, betrage der Gesamtschaden. Wie es zu diesen Malversationen gekommen sei, konnte er nicht erklären.

Prozess Ende Oktober fortgesetzt

Als die Behörden seine Praxis untersuchten, stießen sie auf knapp 2.500 Tabletten von Substitutionsmedikamenten. “Eine Schlamperei”, erklärte der Mediziner. Es habe sich ausschließlich um Subotex und Suboxon gehandelt. Abgelaufene Medikamente, die zur Entsorgung extra gelagert worden seien, nicht um sie später an Drogenabhängige weiterzugeben.

Der Prozess wird am 28. Oktober fortgesetzt. Unterdessen läuft seit einigen Wochen auch bei der Wiener MA 40 (Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht) ein Verfahren gegen den Mediziner. Der Arzt wurde aus der Liste der aktuell zur Drogenersatztherapie Berechtigten gestrichen.

(APA)

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