Über kaum eine Band ist so wenig bekannt wie über The White Stripes, bis heute verheimlichen Sänger und Gitarrist Jack White und Schlagzeugerin Meg White, ob sie Geschwister oder Ex-Eheleute sind. Als Musikvideoregisseur Emmett Malloy sie bei ihrer 10-Jahres-Jubiläumstour durch Kanada begleitet, kommt er ungewöhnlich nahe heran. Das Ergebnis: die dynamische und zugleich berührende Doku “The White Stripes: Under Great White Northern Lights”. Die durchinszenierte Band wird zu einem sensiblen Duo, das eine innige Beziehung verbindet; die introvertierte Meg taut langsam auf, offenbart sich als selbstkritisch und unsicher. Während Konzertausschnitte das band-übliche Rot/Schwarz/Weiß-Konzept farblich verstärken, sind private Momente, Unplugged-Auftritte und Interviewszenen in schwarz-weiß gehalten und geben dem Film eine intime Stimmung. (22.10., 23.00, Gartenbaukino / 2.11., 11.00, Künstlerhaus Kino).
Leonard Cohen und die Stones
Ähnlich von Exzessen wie das “Isle of Wight”-Festival war jene Zeit geprägt, in der die Rolling Stones 1972 ihr Album “Exile on Main Street” aufnahmen. Aus Steuergründen war die Band samt Familie nach Südfrankreich geflüchtet und hatte sich ein Aufnahmestudio im Keller einer Villa eingerichtet, wo Alkohol und Drogen die Arbeit überschatteten. Stephen Kijaks Doku “Stones in Exile” ist eine beeindruckende Mischung aus alten Ton- und Filmaufnahmen, Konzertmitschnitten, intimen Fotos (die er wie Bewegtbilder inszeniert), Stones-Musik und Interviews mit Bewunderern, Wegbegleitern und Bandmitgliedern. “Der Schlüssel zum Album war, dass wir keinen Masterplan hatten”, erzählt ein jung gebliebener Mick Jagger. Der Masterplan des Films hingegen geht auf: Er entführt in musikalisch aufregende Zeiten, auch wenn die großen Enthüllungen und Drogengeschichten ausbleiben. (23.10., 13.30, Künstlerhaus Kino / 1.11., 23.00, Gartenbaukino)
Auf eine musikalische Reise lädt auch der gebürtige Italiener und ewig zu Nebenrollen verdammte Schauspieler John Turturro ein. In “Passione” huldigt er der süditalienischen Hafenstadt Neapel. Auf verschmutzten Plätzen und vor Graffiti-beschmierten Mauern geben lokale Musiker die vielseitige Bandbreite neapolitanischer Musik vom besten, während alte Hasen aus der Branche von arabischen, spanischen und französischen Einflüssen erzählen, die die Musikkultur Napolis so unverwechselbar machen. Doch Turturros Liebeserklärung an die Stadt kommt nicht beim Zuseher an: Ein ständiger Bruch von Musikszenen zu stillen Kurzinterviews, von simplen Performances zu pseudo-inszenierten Musikvideos oder alten Filmaufnahmen irritiert, lässt den Zuschauer hilflos zurück. “Passione” fehlt es an Struktur, an einem Konzept der Vermittlung – und vor allem an einem: Leidenschaft. (28.10., 21.00, Gartenbaukino / 29.10., 23.30, Urania)