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Terror-Prozess: Mona S. von Verhandlung ausgeschlossen

Am Mittwoch fand im Wiener Straflandesgericht der vom Obersten Gerichtshof angeordnete 2. Prozess gegen die Islamisten Mohamed M. und Mona S. statt, die sich laut Anklage im Rahmen der al-Qaida terroristisch betätigt haben sollen. "Islam ist für mich das Leben" | Keine Opferrolle für Angeklagte | Angeklagter ersuchte um Betpause

Die 22-Jährige wurde neuerlich von der Verhandlung ausgeschlossen, weil sie ihren Gesichtsschleier nicht abnehmen wollte. Somit blieb der Prozess wieder ohne Angeklagte.
Als man ihr verwehrte, sich mit einer Umarmung von ihrem 23-jährigen Mann zu verabschieden, mit dem sie nach islamischem Recht verheiratet ist, und sie von einem zum Saalschutz abkommandierten Beamten mit Nachdruck aus dem Saal gebeten wurde, schimpfte die junge Frau wütend: “Vollidioten! Unglaublich! Was ist das für ein Land!”

Vor dem Verhandlungssaal versuchte ihr Vater, die 22-Jährige zu beruhigen. Als diese zurück in den Saal wollte, um ihre liegen gebliebene Handtasche zu holen, wurde sie nicht mehr hineingelassen. Die Angeklagte war erbost. “Das System ist korrupt! Alles ist ungerecht!”, echauffierte sie sich.

Mohamed M. hatte unter anderem mit einem im Internet verbreiteten “Drohvideo” Österreich und Deutschland zum Truppenabzug aus Afghanistan bewegen wollen, Terroranschläge während der Fußball-Europameisterschaft angekündigt und zur Teilnahme am Dschihad aufgerufen. Dafür wurde er im vergangenen März zu vier Jahren Haft verurteilt. Seine Frau, die für ihn Übersetzerdienste geleistet haben soll, erhielt 22 Monate unbedingt.

Diese Urteile wurden vom Obersten Gerichtshof (OGH) jedoch als mangelhaft aufgehoben: In Bezug auf Mona S. zur Gänze, während bei Mohamed M. die Anklagepunkte schwere Nötigung, Nötigung der Bundesregierung und Aufforderung zu einer mit Strafe bedrohten Handlung bestätigt wurden. In seinem Fall muss im zweiten Rechtsgang jedoch überprüft werden, ob er tatsächlich in ein terroristisches Netzwerk eingebunden war. Bei neuerlichen Schuldsprüchen wäre bei beiden Angeklagten die Strafe neu zu bemessen.

“Mein Glauben besagt Schleier”

Die heutige Verhandlung, die abgesehen von Medienvertretern kaum Publikum anlockte, hatte zunächst äußerst unaufgeregt ihren Anfang genommen. Die vorsitzende Richterin Michaela Sanda zog sich mit ihrer Beisitzerin und Mona S. ins Beratungszimmer zurück: Vor den zwei Richterinnen nahm die 22-Jährige ihren Gesichtsschleier ab, um ihre Identität feststellen zu lassen. “Es wird festgestellt, es handelt sich um die Zweitangeklagte”, gab Sanda im Anschluss zu Protokoll.

Im Saal selbst wollte Mona S. mit dem Hinweis auf die anwesenden Männer den Schleier aber nicht abnehmen oder – wie von der Vorsitzenden vorgeschlagen – durch ein Kopftuch ersetzen: “Im Koran steht kein einziges Mal Kopftuch! Mein Glauben besagt nicht Kopftuch, sondern Schleier!” Den Einwand, hierzulande und in vielen arabischen Staaten würden sich gläubige Muslima mit einem Kopftuch begnügen, ließ die 22-Jährige nicht gelten: “Das sind unwissende Leute! Die haben keine Ahnung!”

Die Vorsitzende gab ihr darauf zu verstehen, religiöse Bräuche hätten im Gerichtssaal nichts verloren. “Das ist kein Brauch! Das ist Vorschrift! Das ist Pflicht!”, beharrte die Angeklagte. Sie sei “keine Terroristin, wo ist das Problem?” Sie trage den Schleier seit vier Jahren – “aus freiem Willen”.

Nach einer mehrminütigen Beratung schloss der aus drei Berufsrichtern bestehende Senat die 22-Jährige wegen ungebührlichen Benehmens von der weiteren Verhandlung aus. Die Angeklagte habe “keine für den Senat überzeugende Begründung geliefert, warum sie mit dem Gesichtsschleier an der Verhandlung teilnehmen muss”, begründete die Vorsitzende. Für eine “politisch-weltanschauliche Demonstration” sei der Gerichtssaal “keinesfalls der richtige Ort”.

Gericht dementiert angebliches “Tricksen”

Das Wiener Landesgericht tritt entschieden Behauptungen des Verteidigers von Mohamed M. und Mona S. entgegen, der zu Beginn der Verhandlung sinngemäß erklärt hatte, bei der Auswahl der Geschworenen wäre “getrickst” worden. Rechtsanwalt Lennart Binder zufolge sollen Personen, deren Familiennamen auf eine türkische oder arabische Herkunft hindeuteten, auf der Geschworenenliste übergangen und nicht für das Verfahren nominiert worden sein, “was zum Nachteil der Angeklagten sein könnte”, wie er argumentierte.
Der im Verhandlungssaal anwesende Gerichtssprecher Christian Gneist trat dem umgehend entgegen. Das entspreche nicht den Tatsachen, versicherte er mit Nachdruck den anwesenden Journalisten.

Ein auf der Geschworenenliste befindlicher Mann mit ausländischen Wurzeln habe sich mit dem Hinweis auf mangelhafte Sprachkenntnisse telefonisch von der Verhandlung abgemeldet. Vier weitere, an sich als Laienrichter eingeteilte Personen hätten sich mit beruflicher Unabkömmlichkeit – einer soll Schuldirektor sein – bzw. Urlaubsaufenthalten entschuldigt, betonte Gneist. Die jeweils Nächstgereihten wären dem Gesetz entsprechend nachgerückt.

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