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Skinhead-Reportage: Heftige Kritik an Beschlagnahmung von Bändern

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Symbolbild ©Bilderbox
Die gerichtliche Anordnung, wonach der ORF sämtliches Rohmaterial zum Dreh einer "Am Schauplatz"-Reportage herausgeben muss, hat am Donnerstag für heftige Kritik gesorgt.

Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell sieht damit den kritischen Journalismus bedroht, ORF-Redakteurssprecher Fritz Wendl findet das Urteil mit der Medienfreiheit unvereinbar. Dass die Geschäftsführung die Bänder herausgeben will, ist für ihn “unverständlich, feige und kein produktiver Beitrag zur Förderung der unverzichtbaren öffentliche Diskussion”.

Hausjell warnte im Gespräch mit der APA vor den Folgen des Urteils für die Meinungsfreiheit. “Wenn das Schule macht, was da vonseiten des Gerichts entschieden worden ist, dann kann künftig eigentlich jeder Politiker im Schutz seiner Immunität Aussagen über Redakteure, die ihm unliebsam sind, tätigen. Und die Medien müssen dann wegen eines konstruierten Vorwurfs ihr Recherchematerial herausgeben”, kritisierte der Kommunikationswissenschafter.

“Damit zerstört man kritischen Journalismus”, sagte Hausjell, der im konkreten Fall auch nicht nachvollziehen kann, warum die Anklagebehörde die Herausgabe des journalistischen Materials verlangt. Dies war unter anderem damit begründet worden, dass einer der beiden Burschen vor laufender Kamera und mindestens zehn Zeugen im Innenhof eines Wohnbaus seiner “Gesinnung Nachdruck verliehen” haben soll. “Wenn es angeblich in dem Innenhof zehn Leute gab, die das gehört haben, sollen zehn Leute einvernommen werden, aber nicht der ORF gezwungen werden, die Bänder herauszugeben”, meinte Hausjell.

ORF-Redakteurssprecher Wendl zeigte sich empört über die “Hartnäckigkeit, mit der die Wiener Neustädter Staatsanwaltschaft das Redaktionsgeheimnis bekämpft”. Das sei “mit in demokratischen Gesellschaften üblichen Standards der Medienfreiheit unvereinbar”. Er erinnerte an ein Grundsatzurteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR), wonach die Informationsfreiheit selbst dann, wenn ein Journalist als “Beschuldigter” geführt wird, nicht einfach eingeschränkt werden dürfe. Der EGMR habe dazu ausdrücklich betont, dass es sich beim Recht eines Journalisten, seine Quellen nicht zu nennen, nicht um ein Privileg handle, das man einfach wegnehmen könnte, so Wendl. Er fordert vom Gesetzgeber, die österreichischen Gesetze so zu sanieren, “dass der Justiz nicht immer wieder mit der Meinungsfreiheit unvereinbare Auslegungen ermöglicht werden”.

Der Redakteurssprecher kritisierte aber auch den Schwenk der Geschäftsführung, die nun die Bänder doch herausgeben will. “Diese Fehlentscheidung ist nicht die erste der ORF-Geschäftsführung in dieser Causa. Es bleibt zu erinnern, dass die ORF-Geschäftsführung schon im März der Forderung des Redakteursrats, juristisch gegen Herrn Strache vorzugehen, nicht nachgekommen ist. Wäre das geschehen, wäre nun vielleicht schon gerichtlich geklärt, was von den Aussagen des FPÖ-Obmanns zu halten ist.”

Nach Informationen der APA sollte die Übergabe des Drehmaterials übrigens noch im Laufe des Donnerstagnachmittag im ORF-Zentrum am Küniglberg über die Bühne gehen.

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