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Prozess um aufgeschlitzten Obdachlosen am Rand des Abbruchs

Der Prozess um den aufgeschlitzten Obdachlosen stand mehrmals am Rand des Abbruchs. Das hatte nichts mit dem laut psychiatrischem Gutachten 20-Jährigen zu tun, der den 49-jährigen Mann zu Tode gebracht hatte.

Der schwergewichtige Deutsche saß friedlich auf der Anklagebank und wirkte wie ein gezähmter Bär. Umso lauter machten sich allerdings Bauarbeiter bemerkbar, die im Grauen Haus Stemmarbeiten durchführten und im Saal 203 einen Lärmpegel schufen, der einer Baustelle alle Ehre gemacht hätte. Der 20-Jährige war während seiner Einvernahme teilweise nicht zu verstehen.

“Sie müssen bitte deutlicher reden und langsamer!”, schrie Richterin Michaela Sanda gegen die Bohrmaschinen an. Zunächst schickte sie eine Rechtspraktikantin los, die die Lärmbelästigung eindämmen sollte. Während die junge Juristin durchs Landesgericht irrte, heulten die Maschinen immer lauter auf, so dass die Richterin schließlich zum Telefonhörer griff und die Geschäftsstelle um Hilfe rief.

Sie könne so unmöglich weiterverhandeln. Wenig später läutete der Apparat am Richtertisch. Amtsdirektor Herbert Gneist beschied der Richterin, die Bundesgebäudeverwaltung führe im Bereich des Landesgerichtlichen Gefangenenhauses unaufschiebbare Stemmarbeiten durch. Eine Einstellung dieser wäre nicht möglich, da dies zusätzliche Kosten verursachen würde.

“Eine Abberaumung einer Schwurgerichtsverhandlung würde ebenfalls hohe Kosten verursachen”, bemerkte die Richterin trotzig. Die Geschäftsstelle hielt daraufhin Rücksprache mit der Leitung der Justizanstalt. Von dort verlautete schließlich, die Küche werde gerade fertiggestellt. Man sei schon im Verzug, die Arbeiten müssten fortgesetzt werden.

Darauf kapitulierte die Richterin notgedrungen und setzte das Verfahren fort. Bleibt zu hoffen, dass die ohne Ohropax ausgerüsteten Geschworenen die Verhandlung ohne Hörsturz überstehen werden.

Obdachlosen aus “Neugier” aufgeschlitzt

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