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Jugendszene: "Wer kein Geld hat, kann nicht mitmachen"

Jugendszene: Äußerlichkeiten und Konsum wichtig
Jugendszene: Äußerlichkeiten und Konsum wichtig ©vienna.at
Die Teilnahme am Szeneleben Jugendlicher drückt sich stark über den Konsum aus. "Wer kein Geld hat, kann nicht mitmachen", sagt Philipp Ikrath vom Institut für Jugendkulturforschung. Je nachdem, ob man sich zu den "Emos", "Snowboardern", "Krocha" oder "Fitnessern" zugehörig fühlt, sind Tätowierungen, Piercings und exklusives Haarstyling wichtig.
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Was die Zugehörigkeit zu Jugendszenen angeht, sind Österreichs Schüler aber gemäßigt. Fußballer, Computerspieler und Snowboarder halten sich ganz vorne. Extremere Szenen wie Gothic, Skinheads oder Punks sind zwar berühmt und öffentlichwirksam, unter den Jugendlichen aber nicht so stark vertreten. So gaben im Jahr 2007 etwas mehr als zwei Prozent der Elf- bis Achtzehnjährigen an, “Grufti” zu sein, 2,4 Prozent bezeichneten sich als “Skinheads” und rund neun Prozent als “Punks”.

Laut aktuellster Jugendstudie sind die größten Jugendszenen bei den elf- bis 18-jährigen Mädchen die “Snowboarder” (29 Prozent), gefolgt von “Fitness” (25 Prozent), “Beachvolleyball” (21 Prozent) und “HipHop” (20 Prozent).

“Snowboarder” sind ein “sehr österreichisches Spezifikum”, meinte der Jugendforscher. Typisch sei vor allem der nach außen getragene Lebensstil. Snowboarder tragen weite Hosen, hören Hip Hop oder Crossover Hardcore und bewundern Leute, die gut Boarden können. Überschneidungen gibt es mit der Skaterszene. Gemeinsam haben sie das Lebensgefühl, die Suche nach Freiheit und das “Lässig sein”. Wichtiges Erkennungsmerkmal sind Surfer- oder Boarder-Marken wie “Vans”, “Burton”, “Billabong” oder “Dickies”. Ihre Sprache orientiert sich an den Fachausdrücken aus der Sportart. Die Boarder-Szene ist seit jeher stark weiblich besetzt, weiß der Experte.

Besonders starke Faszination übt die neuere “Fitness”-Szene, vor allem auf weibliche Jugendliche aus. Jeder vierte 15- bis 18-Jährige fühlt sich dieser Gruppierung zugehörig. Vergleichbar ist die “Fitness”-Szene den “Beachvolleyballern”, meinte Ikrath. “Hier geht’s um schöne Körper”, für den die Jugendlichen viel tun und “ihn gerne präsentieren”. Jugendliche aus der “Fitness”-Szene geben sich exklusiver, es geht ums Schönheitsideal. Überschneidungen finden sich auch zur “House”-Gruppe, der es um elegantes stilvolles Feiern geht. Dass es dabei um einen regelrechten Kult geht, zeigt zum Beispiel eine Vorschrift bei den Beachvolleyballern, die vorgibt, dass das “Hosenbündchen nicht breiter als zwei oder drei Zentimeter sein darf”, schließlich soll man den Körper auch zeigen können, so der Jugendforscher.

Bei den Burschen der gleichen Altersgruppe hat die “Fußballer”-Szene die meisten Anhänger (43 Prozent). Dahinter folgt die “Computer”-Szene (36 Prozent), “Snowboarder” (24 Prozent) und “Mountainbike” und “Fitness” mit jeweils rund 18 Prozent. Zur großen “Fußballer”-Gruppierung zählen schlicht auch jene “die im Verein sind oder den Namen ihrer Mannschaft auf die Schultasche schreiben”, sagte Ikrath.

“Computer”-Szene Anhänger sind Online-Spieler, die beispielsweise “World of Warcraft” spielen, die “treiben sich viel in Foren herum” und beschäftigen sich in ihrer Freizeit hauptsächlich mit dem Computer. Äußerlichkeiten spielen weniger eine Rolle, weil sich ihr Leben eher virtuell abspielt. Angehörige der Computerszene verwenden eine spezifische Online-Szenesprache. “Sie kommunizieren kaum in ganzen Sätzen, sondern nur in kurzer Form”, sagte Ikrath.

In kleineren Szenen wie den “Krocha” (die zwar zurückgegangen aber an der Peripherie Wiens noch zu finden ist) oder den “Gothics” und “Metaller” spielen Sprachcodes eine starke Rolle. Eltern haben am ehesten Probleme damit, wenn sich ihre Kinder Szenen wie “Gothic” anschließen, vor allem weil sie mit dem Vorurteil leben, “dass das alles Satanisten und Lebensmüde sind”, sagte der Experte. “Das stimmt aber nicht.” Diese Gruppe will sich positionieren und zeigen, dass sie reflektiert ist. Die Jugendlichen wollen sich der Konsumwelt entziehen. Gerade unter den Gothics seien viele, die Gedichte schreiben und sehr intelligent sind. Auch die Emos – denen eher die Jüngeren angehören – sind eher in höheren Bildungsschichten zu finden. Bildungsferner sind “Krocha” und “HipHoper”.

Das Einstiegsalter in Szeneleben liegt bei elf bis zwölf Jahren. “In der Oberstufe, mit 16 bis 18 ist man am tiefsten drin”, so der Jugendforscher. Stark im Trend liegen derzeit alle Szenen mit elektronischer Musik wie House oder Elektro, die ein Revival erleben. “Techno rückt aus der Proletenecke wieder heraus”, sagte Ikrath. Davor waren Rockszenen “in”, vor allem Indie.

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