Der zweite Tag im Prozess gegen 13 Tierschützer am Landesgericht Wiener Neustadt hat am Donnerstag mit der Einvernahme des Erstangeklagten Martin Balluch begonnen. Balluch, Obmann des Vereins Gegen Tierfabriken (VGT) ist wie zwölf andere Aktivisten wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation nach Paragraf 278a Strafgesetzbuch angeklagt. Sieben davon werden auch andere strafrechtliche Handlungen wie Nötigung oder Sachbeschädigung vorgeworfen.
Der Andrang im Gericht war am zweiten Verhandlungstag etwas geringer als zum Autakt. Das Medieninteresse war aber weiterhin groß. Vor der Verhandlung hatten sich auch einige Aktivisten vor dem Gebäude versammelt, zu Prozessbeginn begaben sich aber auch diese in den Saal. Der für Wiener Neustadt bisher umfangreichste Prozess hatte am Dienstag unter großem Medien- und Publikumsinteresse begonnen. Vor dem Gerichtsgebäude hatten zahlreiche Aktivisten demonstriert, die Parolen waren während des ganzen Tages bis in den Schwurgerichtssaal zu hören gewesen.
Angeklagte bekannten sich nicht schuldig
Richterin Sonja Arleth hatte eingangs klargestellt, dass es bei der Verhandlung lediglich um den Prozessstoff gehe, nicht um polemisierende Aussagen oder politische Statements. Staatsanwalt Wolfgang Handler erläuterte zum angeklagten Paragrafen 278a die österreichischen Kontakte zu internationalen Netzwerken des Tierrechtspektrums, ausgehend von der britischen ALF (Animal Liberation Front) in den 1970er Jahren. Außerdem führte er Kampagnen, Nötigungsversuche, Sabotageakte und Sachbeschädigungen mit zig Tausenden Euro Schaden an.
Die Angeklagten bekannten sich nicht schuldig, gaben aber an, vor Gericht aussagen zu wollen. Die Anwälte bezeichneten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als strafrechtlich “lächerlich” (Josef Philipp Bischof, Verteidiger von zwei Beschuldigten) und genannte Schadenssummen zum Teil als “an den Haaren herbeigezogen” (Stefan Traxler, Anwalt von Martin Balluch, drei VGT-Zugehörigen und einem weiteren Angeklagten). Man sei der Behörde “dankbar” für die jahrelangen Ermittlungen, die nur Entlastendes gebracht hätten, hieß es.
Balluch bestritt Taktik der Doppelstrategie
Der Eindruck, den der Staatsanwalt mit der Liste der vorgetragenen Straftaten erweckt habe, stimme “überhaupt nicht”. Die 1.500 Aktionen, die beispielsweise gegen die Bekleidungskette “Peek & Cloppenburg” angeführt wurden, seien fast gänzlich legale Aktionen gewesen, von denen die meisten außerdem auch noch außerhalb von Österreich stattgefunden hätten. Im Jahr 2005 habe es gar keine Straftaten gegeben, da habe die kriminelle Organisation “offensichtlich Urlaub gemacht”, versuchte der Erstangeklagte zu scherzen.
Auch eine Reihe von Brandstiftungen, die nun den Tierschützern angelastet würden, seien in Wahrheit gar keine gewesen. Der Brand in einer Daunenfabrik Ende der 90er Jahre sei damals laut Sachverständigen keine Brandstiftung gewesen, sondern erst von der Sonderkommission neun Jahre später als solche bezeichnet worden, erklärte Balluch. Viele der Straftaten seien das Werk von Einzeltätern bzw. ein Randphänomen gewesen, dafür gebe es auch Beweisvideos.
Keine Zusammenarbeit zwischen Angeklagten
Weiters erinnerte er daran, dass auch Tierschützer in Österreich – inklusive seiner eigenen Person – schon “schwersten Straftaten” ausgesetzt gewesen waren. Richterin Arleth verwies mehrfach darauf, dass “weitschweifige Ausführungen nicht der Sache dienen” und von Balluch thematisierte Dinge nicht Gegenstand des Strafantrags – wie etwa die vor kurzem stattgefundenen Aktionen gegen Versuche mit “Lawinenschweinen” in Tirol – seien. “Warum nicht, es gab hier legale Demos und eine Bombendrohung”, das sei eine Doppelstrategie, rief Balluch. Während der Ausführungen der Angeklagten ertönte kurzzeitig lautstark das Lied “I want to break free” von der britischen Popgruppe Queen vor dem Gerichtssaal.
Eine Zusammenarbeit zwischen allen Angeklagten habe es nicht gegeben. Die VGT-Angehörigen hätten natürlich Kontakt miteinander gehabt, mit anderen sei er privat befreundet gewesen. Es seien aber auch Mitglieder von Gruppen unter den Beschuldigten, die mit dem VGT praktisch verfeindet seien. Es wäre “vollkommen undenkbar, dass ich auf eine Veranstaltung von ihnen gehen würde oder umgekehrt”, meinte Balluch.