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Architekturstar Prix: "Wien ist alles, aber keine Pionierstadt"

Architekt Wolf D. Prix: "Nichts ist schlimmer als Änderungen in Wien"
Architekt Wolf D. Prix: "Nichts ist schlimmer als Änderungen in Wien" ©APA
Dass in Wien sein neuestes Hochhausprojekt im "Town Town"-Areal zu scheitern droht, obwohl es mit einem internationalen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wird, verwundert den Architekturavantgardisten Wolf D. Prix im APA-Interview beinahe schon nicht mehr: "Es ist ein Pionierprojekt. Und damit haben sie das Todesurteil für dieses Haus in Wien gesprochen. Wien ist alles - aber Pionierstadt ist sie keine."
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Bisher gebe es weltweit noch kein Gebäude, das in dieser Form mehr Energie produziere, als es verbrauche, mithin als Kraftwerk in der Stadt fungiere.

“Ich glaube auch, dass dieses Projekt das erste Mal die Ästhetik der Nachhaltigkeit formuliert”, umreißt Prix das Konzept. Der 128 Meter hohe Bau sei ein Symbol, wie man mit den Energiefragen der Zukunft umgehen könne – das nun zuerst wohl in China, Italien oder Ägypten entstehen werde. Dabei könnte das projektierte Hochhaus als Visitenkarte für Wien fungieren: “Wenn Sie vom Flughafen kommen, wäre es eines der ersten Gebäude der Stadt, das Sie sehen.”

Die Unterstellungen von Investorenseite, der Bau sei zu teuer, seien ihm zu vage. Wenn Donau-Finanz-Chef Michael Kraus seine Beteiligung an einer Umplanung wünsche, müsse er klare Zielvorgaben machen: “Es gibt nur die unbestimmte Einladung, dass man sich den Kopf zerbrechen soll – es ist aber nicht klar worüber.” Eigentlich hätte er sich – auch angesichts der heutigen Auszeichnung – mehr erwartet: “Vielleicht wissen die Herren noch nicht, dass das Projekt, das sie abgesagt haben, gerade einen Preis gewonnen hat.”

Er sei grundsätzlich weiterhin gesprächsbereit. Es sei allerdings eine Intelligenzfrage, wie ein Investor ein Projekt umsetze. Wenn man etwas wirklich haben wolle, dann bekomme man es auch – wenn ein intelligenter Weg zur Umsetzung eingeschlagen werde. Gerade für den 44-Prozent-Eigner Wiener Stadtwerke wäre das Energiehaus schließlich “ein riesiger Prestigegewinn”, vermutet Prix: “Die haben aber offensichtlich Werbung und Innovation überhaupt nicht notwendig.” Immerhin stehe die Politik in Form von Planungsstadtrat Rudolf Schicker (S) im konkreten Fall hinter der Idee.

Es gebe aber grundsätzlich die Problematik, dass in Wien der Mehrwert guter Architektur nicht gesehen werde. Gerade bei seinem “Town Town”-Bau müsse man den Wert eigentlich auf Jahre umrechnen, da es ja den Energiegewinn gebe: “Das ist aber für die denkfaulen Wiener zu viel. Nichts ist schlimmer als Änderungen in Wien.” Weshalb dies genau in Wien so sei, darüber zerbreche er sich seit mehr als 20 Jahren den Kopf: “Ich kann nur Vermutungen anstellen, die wahrscheinlich als Beleidigung aufgefasst würden: daher weiß ich die Antwort nicht.”

Das im symbolischen Jahr 1968 gegründete Wiener Büro Coop Himmelb(l)au tritt für eine Architekturphilosophie ein, welche die Möglichkeiten des Bauens ausreizen will und sich dabei auf die Suche nach starken Formen macht. Zugleich spielten sehr früh in der Arbeit der Architekten Aspekte wie Nachhaltigkeit eine große Rolle.

In den vier Dekaden seines Bestehens sind aus dem Büro mehr als 600 Projekte hervorgegangen – auch wenn lange nicht alle verwirklicht wurden. In Wien scheiterte beispielsweise bereits die Idee “Turm und Riegel” für das Mariahilfer Platzl gegenüber vom Westbahnhof. Aufsehen erregte man hingegen mit der 2007 eröffneten “BMW Welt” in München oder dem Gasometer-Umbau in Wien. Kurz vor Baubeginn steht der Neubau der Europäischen Zentralbank in Frankfurt und das Musee des Confluences in Lyon.

Als Aushängeschild von Coop Himmelb(l)au fungiert seit dem 2006 erfolgten, gesundheitlich bedingten Ausscheiden des Mitgründers Helmut Swiczinsky Wolf D. Prix. Das Büro wird heute von ihm, Wolfdieter Dreibholz, Harald Krieger, Karolin Schmidbaur und Projektpartnern geführt, wobei mittlerweile auch ein Sitz in Los Angeles zum Wiener Standort hinzugetreten ist. Weitere Projektbüros befinden sich in Frankfurt, Paris und Hongkong.

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