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Der Amstettener Inzest-Fall - ein Überblick

Hier spielte sich der Amstettener Inzest-Fall ab
Hier spielte sich der Amstettener Inzest-Fall ab ©APA
Die faktischen Vorgänge sind weitestgehend geklärt, F. hat vieles bereits gestanden. Vienna Online hat die Geschehnisse der 24 Kerkerjahre von Elisabeth F. zusammengefasst.

Anfang der 1960er-Jahre übernahm Josef F. das Haus seiner Eltern in Amstetten. Der Altbau war damals noch nicht unterkellert. 1972 begann F. mit den Arbeiten an einem Zubau und einem riesigen Keller, indem er quer durch den Innenhof eine mächtige Grube aushob.

Im Alleingang

Er legte eine Serie von Kellerräumen an und verrichtete als gelernter Elektrotechniker, Maschinenbauer und Betriebsleiter einer Betonfirma alle Arbeiten im Alleingang. Niemand aus der Familie durfte helfen, und niemand wagte sich später in den fertigen Keller.

Am 31. Oktober 1978 wurde der Bau schließlich – beinahe schon als fertiges Faktum – genehmigt. Am 26. Juli 1983 wurde nach Besichtigung durch die Baubehörde Amstetten die Benützungsbewilligung für den unterkellerten Zubau ausgesprochen.

Eingeschlossen

Zu dieser Zeit waren die Spannungen zwischen F. und seiner dritten Tochter Elisabeth kaum noch zu übertünchen. 1984 riss sie gemeinsam mit einer Freundin von zuhause aus, wurde von der Polizei aufgegriffen und zurück zum Vater gebracht. Sie wollte es neuerlich versuchen – und daher wunderte sich niemand, als sie am 29. August 1984 plötzlich verschwand: F. lockte seine renitente Tochter in die Garage, brachte sie in ein erstes, 18 Quadratmeter kleines Verlies und schloss sie weg.

Nach der Freigabe durch die Behörden hatte er begonnen, ein System elektrisch betriebener schwerer Schutztüren zu installieren. Zu Beginn war das Verlies undicht, es regnete hinein, es schimmelte, für die Frischluftzufuhr sorgte F. nach eigenen Angaben zeitweise mit einem Staubsauger.

Als das erste der im Keller geborenen Kinder fünf Jahre alt war, vergrößerte F. den Keller auf 40, später auf die 60 Quadratmeter.

Einsamkeit

Am Anfang, so behauptet F., habe Elisabeth sich gewünscht, er möge ein weiteres Mädchen entführen und zu ihr sperren – als Gesellschaft. Als sie ihm Kinder geboren hatte, kümmerte sie sich voll und ganz um sie: Sie lehrte sie sprechen und sorgte für einen Grad an Ausbildung und Pflege, der nach der Befreiung alle “draußen” überraschte.

Hören und hören wollen

Berichten zufolge hätte man oben im Haus hören müssen, wenn Elisabeth F. mit einem Besenstiel an die Decke oder auch nur mit der Faust gegen die Wand geschlagen hätte. Das hat sie nicht – F.s Vermutung nach, um ihre Situation nicht durch Widerstand zu verschlechtern.

Theoretisch hätte man unter diesen Umständen “oben” natürlich auch das Weinen der kleinen Kinder hören müssen. Doch niemand hörte – oder niemand wollte hören.

24 Jahre lebte Elisabeth F. unter Tage, mit wenigen, kurzen Unterbrechungen, wenn ihr Kerkermeister sie hinauf führte auf die Dachterrasse, um ihr von oben den Hof, das Schwimmbad und den Garten zu zeigen.

Das Ende

Im April 2008 wurde die älteste Tochter von Josef und Elisabeth F., Kerstin, schwer krank. F. brachte sie ins Spital, angeblich zu ihm gebracht wie jene drei Kinder, für die er ein Leben oben, an der Luft, beschlossen hatte. Im Krankenhaus entdeckte man Mangelerscheinungen, vermutete Vernachlässigung und wollte die Mutter sehen – um “Detailfragen” zu klären. F. brachte sie hin. Sie wurde von der Polizei abgefangen, sie redete, und das Doppelleben des Josef F. flog auf.

Ein Psychopath, sagen Experten: Josef F. – ein Psychogramm

Incest in Amstetten – an Overview

24 years imprisoned belowground: the roots of the case reach back to the 1960ies, when Josef F. came into possession of his parents’ old house, then without a cellar. All alone, he started to dig up the garden und tunnel below the house to build his dungeon-to-be.

In 1978 the communal administration accepted his plans for the cellar, then already well underway. In 1983 civil servants came to inspect his work and approved of it. At this time the tensions between F. and his third daughter Elisabeth were already well visible.

Captivity

In 1984 she ran away from home with a friend, only to be found by the police and brought back. On August 29th of the same year F. captured his daughter and locked her in belowground, first on 18 square metres, in an incomplete facility where the walls were damp and fresh air was supplied by a vaccuum cleaner.

Isolation

F. says that Elisabeth wished for a companion at first and hoped he would abduct another girl. Later she bore his children and cared for them with such skill that medics and psychologists were astounded by their physical and mental development.

During the 24 years F.s dungeon grew to 40, then 60 square metres. It was not soundproof, though: tests showed that loud noises could be heard clearly in the house above. Why no one heard – or why everyone chose not to hear – the cries of the babies remains a mystery.

In 2008 the eldest daughter got sick – seriously. F. brought her to hospital, which saved her life but spelled doom for F.s double life.

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