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Vatikan sucht nach Komplizen von Papst-Diener

Im Vatikan wird nach möglichen Komplizen des beschuldigten Kammerdieners von Papst Benedikt XVI., Paolo Gabriele, gesucht, der am Donnerstag im Zuge eines seit Wochen schwelenden Enthüllungsskandals festgenommen worden ist.
Kammerdiener des Papstes verhaftet

Nach Angaben der Mailänder Tageszeitung “Corriere della Sera” (Montag-Ausgabe) wird ein italienischer Kardinal verdächtigt, der Auftraggeber im Enthüllungsskandal zu sein. Weitere Festnahmen in der Affäre werden im Vatikan nicht ausgeschlossen.

Kammerdiener drohen 30 Jahre Haft

Der Kammerdiener verbrachte seine vierte Nacht in Folge in einer Zelle im Vatikan, in der er sich seit seiner Festnahme befindet. Nach Angaben italienischer Medien habe er seine Rechtsanwälte getroffen und begonnen, mit den vatikanischen Ermittlern zusammenzuarbeiten. Bisher werde er lediglich des erschwerten Diebstahls beschuldigt. Aber auch der Vorwurf auf “Anschlag auf die Sicherheit des Papstes”, weil er vertrauliche Dokumente, unter anderem persönliche Briefe an den Heiligen Vater, weitergegeben habe, könnte gegen ihn erhoben werden. Das könnte ihm laut vatikanischem Recht bis zu drei Jahrzehnte Haft einbringen, berichteten italienische Medien.

In der Wohnung Gabrieles seien vier Kisten vertraulicher Dokumente des Papstes beschlagnahmt worden. Diese Dokumente wurden laut den Ermittlern aus dem Privatbüro des Papstes entwendet, weil sie vom Staatssekretariat noch nicht archiviert worden waren. In der Wohnung wurden auch Kopiergeräte entdeckt.

Vatikan-Richter leitet “formelle Untersuchung” ein

Mit dem Fall beschäftigte sich am Montag der Vatikan-Richter Piero Antonio Bonnet, der eine “formelle Untersuchung” gegen Gabriele in die Wege leitete. Bisher hatte sich der vatikanische Staatsanwalt Nicola Picardi um den Fall gekümmert. Weitere Festnahmen im Fall werden nicht ausgeschlossen.

Die römische Tageszeitung “La Repubblica” veröffentlichte am Montag ein Interview mit einem der angeblichen Hintermänner Gabrieles. “Hinter dem Skandal stecken mehrere Personen. Sie wollen den Schmutz in der Kirche ans Licht bringen”, sagte die Person, die anonym bleiben wollte. Hintergrund des Skandals sei eine Kampagne in der Kurie gegen den vatikanischen Staatssekretär, Kardinal Tarcisio Bertone.

Drei Kardinäle als Ermittler

Ende April hatte Benedikt XVI. drei pensionierte Kardinäle beauftragt, die wiederholte Weitergabe interner Dokumente nach außen aufzuklären. Die Ermittler hatten von Anfang an vermutet, dass eine Person aus dem engsten Kreis des Papstes die vertraulichen Papiere an die Medien weitergegeben habe. Viele Briefe, die an die Öffentlichkeit gelangten, hatten niemals die Wohnung Benedikts verlassen. Daher wurden mehrere der engsten Mitarbeiter des Papstes befragt, darunter auch jene, die die sogenannte Päpstliche Familie bilden. Dazu gehören neben Gabriele einige Ordensschwestern und der langjährige Privatsekretär Benedikts XVI., Georg Gänswein.

Intrige gegen Papstsekretär Gänswein

Nicht ausgeschlossen wird, dass die vertraulichen Dokumente der Öffentlichkeit preisgegeben wurden, um Gänswein zu schaden. Der Privatsekretär des Papstes habe seine Position wesentlich gestärkt, er sei de facto zum einzigen Berater Benedikts avanciert, was viel Neid und Ressentiments ausgelöst haben könnte, spekulierten italienische Medien.

Machtkampf um Vatikanbank

Hintergrund der Affäre könnte aber auch ein Machtkampf zwischen Bertone und dem Präsidenten der einflussreichen Vatikanbank IOR, Ettore Gotti Tedeschi, sein, der am Donnerstag entlassen wurde. Tedeschi könnte dazu beigetragen haben, die Dokumente an die Medien weiterzuleiten, nachdem er mit Bertone über die Führung der Vatikanbank in Konflikt geraten war, hieß es.

Tedeschi hat nun die Überprüfung seiner Abwahl durch eine unabhängige Kardinalskommission – laut Memorandum der Aufsichtsratssitzung wegen Missmanagement – gefordert. Der frühere römische Kardinalvikar Camillo Ruini, der Mailänder Erzbischof Kardinal Angelo Scola und Kardinaldekan Angelo Sodano sollten die gegen ihn gerichteten Vorwürfe untersuchen, verlangte er nach Angaben der Turiner Tageszeitung “La Stampa” (Montag-Ausgabe).

(APA)

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