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Nach Aufregung um ORF Tirol-Beitrag: Strache fordert personelle Konsequenzen

Vizekanzler Strache fordert personelle Konsequenzen beim ORF Tirol.
Vizekanzler Strache fordert personelle Konsequenzen beim ORF Tirol. ©APA
Nach der Aufregung rund um eine modifizierte Version eines ORF-Beitrags eines Wahlkampfauftritts von FPÖ-Tirol Spitzenkandidat Markus Abwerzger, ist Vizekanzler Heinz-Christian Strache um Aufklärung bemüht. Es stehe ihm nicht zu, irgendwelche Rücktritte zu fordern, er verlange jedoch personelle Konsequenzen beim ORF Tirol.
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Im Gegensatz zu seinem Generalsekretär Harald Vilimsky will FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache nicht unmittelbar den Rücktritt von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz fordern. “Es steht mir nicht zu, irgendwelche Rücktritte zu fordern”, sagte der Vizekanzler im Interview. Sehr wohl personelle Konsequenzen verlangt Strache allerdings im ORF Tirol.

Vizekanzler Strache fordert keinen Rücktritt von Wrabetz

Vilimsky hatte in der Tageszeitung “Österreich” die Ablöse von Wrabetz gefordert. “Wrabetz ist nicht mehr in der Lage, den ORF zu steuern”, sagt er. Er sei der “falsche Mann”. Dieser Forderung wollte sich der Parteichef und Vizekanzler im APA-Interview nicht anschließen. Gleichzeitig betonte Strache aber auch, dass man den ORF-Generaldirektor nicht von seiner Verantwortung entbinden könne. Der Generaldirektor sei am Zug, er habe insofern die Konsequenzen zu ziehen, dass solche Vorfälle nicht mehr geschehen können.

Strache bezog sich dabei auf einen Bericht über die Transitkonferenz in München, in dem der teilnehmende Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) nicht vorkam, sowie auf eine Wahlkampfreportage, in der die Reaktion von FPÖ-Kandidat Markus Abwerzger auf antisemitische Aussagen eines Passanten zunächst weggeschnitten und erst in einem späteren ZiB-Beitrag gesendet worden war.

Personelle Konsequenzen für zuständige Chefredakteurin verlangt

Strache fordert deswegen personelle Konsequenzen für die zuständige Tiroler Chefredakteurin und die betroffenen Journalisten. Das sei in einem öffentlich-rechtlichen Sender untragbar, in jeder anderen Firma würden solche Mitarbeiter fristlos gekündigt.

Der Vizekanzler hat auch eine Vermutung bezüglich der Ursachen: “Das kann politische Hintergründe haben.” Er ortet “Indizien”, dass die betreffenden Personen “parteipolitisch” in ihre Funktionen gekommen seien. Die Beiträge seien “sehr bewusst manipulativ gestaltet” worden. In der erfolgten Entschuldigung seien mit Technikproblemen und Zeitdruck “fadenscheinige Begründungen” angeführt worden. Und Strache hat auch kein Verständnis dafür, dass der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) nicht den ORF, sondern auch noch Abwerzger kritisiert habe.

Abschaffung der “Zwangsgebühren” wird bei ORF-Reform Thema

Dass die FPÖ eine Kampagne gegen den ORF fahre, stellte Strache entschieden in Abrede. Aber man könne solche “ungeheuerlichen Entwicklungen” nicht einfach im Raum stehen lassen.

Der Vizekanzler bekräftigte jedoch, dass die ORF-Gebühren Thema bei der geplanten ORF-Reform sein werden. Dass er für die Abschaffung der “Zwangsgebühren” sei, sei schon länger bekannt. Einen Widerspruch zur Linie der ÖVP, die zunächst eine Enquete abhalten will, kann der FPÖ-Obmann nicht erkennen. Auch er verweist darauf, dass man zunächst im März die Stiftungsräte bestellen, dann die Enquete abhalten und schließlich nach einer ausführlichen Diskussion eine Entscheidung über die ORF-Reform treffen werde.

ORF-Betriebsrat findet Kampagne “degoutant”

Der Zentralbetriebsratsobmann des ORF, Gerhard Moser, findet das Verhalten der FPÖ gegenüber dem ORF “schlicht und einfach degoutant”. Die FPÖ habe “offenbar vor, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich sturmreif zu schießen”, meinte er am Mittwoch gegenüber der APA. Dabei schrecke die Vizekanzlerpartei auch nicht vor dem “Aufruf, berufliche Existenzen zu zerstören”, zurück.

Die FPÖ agiere “auf mehreren Ebenen mit verteilten Rollen” und greife auch zu “massiven Einschüchterungen von Kollegen und Kolleginnen”. Er erinnerte daran, dass FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger kürzlich in “Österreich” davon gesprochen hatte, man werde “am Punkt angelangt sein, wo auch Jobs wackeln”. Weiterer Beleg nach Mosers Ansicht: Straches Forderung nach personellen Konsequenzen im ORF-Landesstudio Tirol.

“Es mögen Fehler in der Berichterstattung passiert sein”

Bei der Wahlkampfreportage über den Tiroler FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger “mögen Fehler in der Berichterstattung passiert sein, und diese sind auch höchst bedauerlich”, so Moser. “Aber was der Ex-Vizekanzler Steger, Mitglied des ORF-Stiftungsrates, und der amtierende Vizekanzler Strache daraus ableiten ist, neben einer parteipolitischen Verschwörungstheorie, deren Kommentierung mir nicht zusteht, nichts anderes als der Aufruf berufliche Existenzen zu zerstören, sozusagen ein Berufsverbot im ORF auszusprechen.”

Dass die FPÖ nun wieder vehement ein Aus für die ORF-“Zwangsgebühren” fordert, sei nichts anderes als der Wunsch nach der “Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich”, erklärte Moser weiter. “In Summe ist das ein Verständnis von Pressefreiheit und Medienpolitik, wie man es aus anderen, vorsichtig gesagt, autoritär regierten Ländern kennt. Und diese sind leider gar nicht so weit von Österreich entfernt.”

Schließlich kritisierte der Zentralbetriebschef noch “die Tatsache, dass sich der Koalitionspartner ÖVP in beredtes Schweigen hüllt und das Feld offensichtlich allein der FPÖ überlässt”. Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) war am Dienstag für die APA nicht für eine Stellungnahme erreichbar gewesen. In einigen Zeitungen am Mittwoch wurde er mit dem Appell zu einer “Versachlichung” zitiert, es gelte, die “Emotionen runterzufahren”. Den ORF-Tirol-Beitrag bezeichnete er in der “Kronen Zeitung” als “schweren Fehler”, in “Österreich” erklärte er: “Wenn es Verfehlungen gibt, müssen Konsequenzen folgen.”

Kurz fordert “sachliche Debatte”

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat angesichts der Attacken der FPÖ auf den ORF am Mittwoch zu Zurückhaltung aufgerufen. “Grundsätzlich würde ich mir wünschen, dass man versucht, wieder etwas Emotion herauszunehmen”, sagte Kurz bei einem Auftritt mit Strache vor dem Ministerrat. Strache selbst rechtfertigte seine Attacken auf den Sender neuerlich mit Verärgerung über “manipulative” Berichte.

Angesprochen auf die freiheitlichen Angriffe auf den öffentlich-rechtlichen Sender betonte Kurz, dass man die Causa “sehr differenziert sehen” müsse. In Tirol habe ein sehr problematischer Vorfall stattgefunden, “den es so nicht geben darf”. Dafür habe sich der ORF auch entschuldigt, bezog sich Kurz auf den missverständlichen Bericht über einen Wahlkampfauftritt des Tiroler FP-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger.

Grundsätzlich müsse die Debatte über den ORF aber “auf sachliche Art und Weise, ohne unnötige Emotionen” geführt werden, sagte Kurz und verwies auf die dafür geplante “Medienenquete”. Denn natürlich gebe es den Anspruch auf unparteiische Berichterstattung des ORF, gleichzeitig hätten die Medien aber zu Recht Anspruch auf eine sachliche Diskussion darüber.

Strache bezeichnet Facebook-Posting erneut als Satire

Strache bezeichnete sein Facebook-Posting vom Dienstag, in dem er dem ORF vorwirft, Lügen und Propaganda zu verbreiten, neuerlich als überzogene Satire. “Wenn Sie so wollen, war das mein Beitrag zum Faschingsdienstag”, sagte Strache. Es gebe aber auch einen wahren Kern, kritisierte der FP-Chef neuerlich die ORF-Berichterstattung der vergangenen Wochen. Insbesondere sei die “manipulative” Reportage über den Tiroler FPÖ-Wahlkampf geeignet gewesen, den dortigen FP-Spitzenkandidat Markus Abwerzger zu gefährden. “Dass es da zu Recht eine Verärgerung gegeben hat, ist nachzuvollziehen”, so Strache.

(APA/Red)

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