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Mordversuch in Mödling: Mann erneut in Wiener Neustadt vor Gericht

War bei der Auseinandersetzung in Mödling nur ein Messer im Spiel - oder auch ein Seil?
War bei der Auseinandersetzung in Mödling nur ein Messer im Spiel - oder auch ein Seil? ©Bilderbox (Sujet)
Jener Mann aus Mödling, der eines Mordversuchs an seiner Ex-Ehefrau schuldig sein soll, steht am Dienstag bereits zum wiederholten Mal vor Gericht. Dass es Notwehr gewesen sein soll - so lautet auch am vierten Verhandlungstag die Version des Angeklagten.
Zweite Verhandlung geplant
Details zum Fall

Der Mödlinger, der des Mordversuchs an seiner mittlerweile geschiedenen Ehefrau angeklagt ist, blieb am Dienstag am Landesgericht Wiener Neustadt bei seiner bisherigen Notwehr-Version. In der Folge wurden weitere Zeugen befragt, ehe den Geschworenen Gutachten von fünf Sachverständigen präsentiert werden sollten, die den tatsächlichen Ablauf des von den Beteiligten konträr dargestellten Vorfalls erhellen sollten.

Bluttat geschah bereits 2007

Der nun bereits zweite Prozess hatte im März begonnen – der Mann war Ende 2007 verurteilt worden und 711 Tage inhaftiert, bis das OLG 2009 einer Wiederaufnahme des Verfahrens stattgab. Laut Anklage hatte der Beschuldigte versucht, seine Frau am 28. Juni 2007 abends nach einem Lokalbesuch in der Küche der gemeinsamen Wohnung in Mödling mit dem Seil einer Kinderschaukel zu erdrosseln.

Das derart bedrohte Opfer habe ein Messer ergriffen und damit nach hinten gestochen, wodurch er mehrere Verletzungen erlitt. Der Angeklagte will hingegen nie ein – nach dem Vorfall in der Küche gefundenes – Seil in der Hand gehabt haben. Er beteuerte bisher, von seiner Frau von hinten attackiert worden zu sein und sie am Hals gepackt zu haben, um sie von sich wegzudrücken.

Konnte sich Angeklagter aus Mödling wehren wie beschrieben?

Verteidigerin Karin Prutsch zufolge sei ihr Mandant nach einer Operation an der Schulter physisch gar nicht zu einer derartigen Kraftanwendung fähig gewesen. Das bestätigte ein Zeuge, der den Mann 2007 physiotherapeutisch behandelt hatte: Dieser habe den Arm im Juni, einen Monat nach der Operation, nur wenig bewegen bzw. seitlich nur 60 Grad heben können.

Ein damals zur Versorgung der beiden Verletzten angerückter Sanitäter, heute Arzt, konnte sich an die Situation kaum mehr erinnern. Laut polizeilichem Aktenvermerk hatten die Beamten die Frau blutüberströmt und unter Schock stehend im Stiegenhaus angetroffen. Der ebenfalls blutüberströmt  in der Küche der Wohnung in Mödling angetroffene Mann habe ruhig gewirkt und angegeben, nicht zu wissen, was vorgefallen war.

Tatablauf laut Gutachter unklar

“Alles ist möglich”, wie es der Schweizer Gerichtsmediziner Michael Thali formulierte, war die Quintessenz der mit Spannung erwarteten medizinischen und physikalischen Gutachten: Die untersuchten Verletzungen bei den Eheleuten ließen sich nicht eindeutig auf einen Tatablauf festlegen, verschiedene Varianten seien also denkbar und möglich.

Der Unfallchirurg Otto Wruhs sollte untersuchen, ob der nach einer Operation rekonvaleszente Mann physisch in der Lage war, seiner Frau eine Schlinge um den Hals zu legen und zuziehen. Auch mit einem steifen Schultergelenk könne man die Hand bis zum Mund führen, verwies der Sachverständige darauf, dass die anderen Extremitäten unverletzt waren, und sah daher “durchaus” die Möglichkeit für eine kraftvolle Handlung.

War doch ein Strang im Spiel?

Gerichtsmediziner Daniele Risser hielt seine Expertise aus dem ersten Verfahren aufrecht. Er hatte das Opfer am Tag nach dem Vorfall untersucht und sprach von einer schweren Verletzung in Form einer tiefen Schnittwunde am rechten Mittelfinger, weiters von Schürfwunden und Kratzern. Grundsätzlich könnten die am Hals festgestellten Rötungen auch durch ein – vom Angeklagten behauptetes – Wegdrücken mit der Hand entstanden sein, Verlauf und Form würden aus seiner Sicht aber eher für die Einwirkung eines Strangs sprechen, ging Risser auf die nach der Bluttat in Mödling im Raum stehenden Versionen – erdrosseln und würgen – ein.

Laut dem von der Verteidigung bestellten Privatgutachten sei es nicht möglich, dass die Stichverletzungen des Beschuldigten am Rücken daher rührten, dass die Frau – wie sie geschildert hatte – nach hinten zugestochen habe. Thali trat dem u.a. mit visualisierten Bildern der möglichen Positionen, in denen sich die Eheleute zum Zeitpunkt des Gerangels befanden, entgegen. Auch an einer lebensgroßen männlichen Puppe wurden Varianten der Messerangriffe demonstriert.

Eher kein “Totstechen”

Der Schweizer Experte hatte den Beschuldigten 2010 per Magnetresonanz und Computertomographie untersucht. Er bezeichnete dessen – insgesamt sechs – Wunden alle als oberflächlich, was eher auf ein “Anstechen” – kein “Totstechen” – hindeute, die Gewalteinwirkung sei nicht stark gewesen. Solche Geschehnisse würden meist dynamisch ablaufen, der exakte Hergang lasse sich nicht festlegen. Der Physiker Johann Wernisch hatte die Energieeinwirkung bei dem in Mödling erfolgten Einstich mit 20 Newton-Meter berechnet – was nach seinen Ausführungen “mittelstarker Kraft” entspricht.(apa/red)

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