Die laut Selbtsdefinition “fast einzige Überlebende” der alten Chanson-Ära hätte am Mittwoch in Wien lebendiger nicht sein können: ein melancholischer, koketter, berührender Auftritt der mittlerweile 87-Jährigen, die von niemand geringerem als Jean-Paul Sartre entdeckt worden war.
Begleitet wurde Greco, wie seit Jahren, von einem kongenialen Duo: Jean-Louis Matinier am Akkordeon und Gerard Jouannest am Klavier. Letzterer ist nicht nur Co-Autor zahlreicher Brel-Werke, sondern praktischerweise auch Grecos – dritter – Ehemann.
Juliette Greco: “Große Dame des Chansons”
Apropos Jacques Brel: Natürlich interpretierte Juliette Greco auch in Wien Vieles von dem legendären belgischen Chansonnier, vom mitreißenden “Amsterdam” über das verzweifelte “Ne me quitte pas” bis hin zum luftig-leichten “Un petit poisson”. Ansonsten: ebenso großartige Lieder etwa von Leo Ferre und Serge Gainsbourg. Bei dessen Hymne an das “Akkordeon” lief nicht nur Jean-Louis Matinier mit seinem subtilen Spiel zu Hochform auf, auch Juliette Greco lebte quasi gestikulierend mit dem Text mit.
Wie es überhaupt stark untertrieben wäre zu behaupten, dass die große alte Dame Chansons “singt” – Juliette Greco stellte sie dar, interpretiert, “lebt” die Geschichten auf der Bühne – allein im Scheinwerfer in der Mitte, ohne jedes Hilfsmittel, nur mit ihrer immer noch kräftigen Stimme mit tiefem Timbre und einer Bühnenpräsenz, die schlichtweg mitriss.
(APA)