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Meinungen zu Flüchtlingsgipfel und Entwicklung der Asyl-Zahlen in Österreich

Die Politiker diskutieren weiter, wie der Flüchtlingsstrom kontrolliert werden kann.
Die Politiker diskutieren weiter, wie der Flüchtlingsstrom kontrolliert werden kann. ©APA (Sujet)
Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) plädiert für eine Differenzierung in Sachen Flüchtlinge: "Wir können nicht allen helfen, die zu uns kommen" aber es sei "völlig klar", dass Menschen, die vor Krieg flüchten, geholfen werden müsse, so Häupl. Welche Meinungen es zum Flüchtlingsgipfel gibt und wie sich die Asyl-Zahlen entwickeln, lesen Sie hier.

“Dass wir weniger Flüchtlinge wollen, ist weder neu noch originell. Am liebsten wären mir gar keine Flüchtlinge und dass es keine Kriege gibt”, sagte Häupl. Es sei nun darauf zu achten, dass die EU ihre Aufgaben wahrnehme – was nun besser zu funktionieren scheine, wie er befand.

Häupl: “Wir können nicht allen helfen”

Wenn die Aufteilung nicht funktioniere, dann müsse man das eben mit “finanziellem Druck” lösen. Nach Ansicht Häupls gibt es “gute Gründe”, warum die Länder Osteuropas solidarisch sein sollten – da auch sie entsprechende Solidarität erfahren hätten, etwa beim Ungarnaufstand oder beim Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in der Tschechoslowakei.

Es sei jedenfalls klar, dass man Kriegsflüchtlingen helfen wolle: “Aber in Marokko gibt es weder eine kriegerische Auseinandersetzung noch eine Bedrohung an Leib und Leben. Daher werden wir, wenn wir den Kriegsflüchtlinge helfen wollen, in nächster Zeit sicher keine Marokkaner aufnehmen können.”

Vom morgigen Gipfel erwartet sich Häupl unter anderem finanzielle Hilfe für die Kommunen, bekräftigte er die jüngste Forderung der Städte. Der Wiener Bürgermeister erinnerte an eine ähnliche Unterstützung für Gemeinden in Deutschland.

Steinmeier zu Flüchtlingsgipfel: “Weiß nicht, worauf das hinausläuft”

Mit etwas Skepsis sieht der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier dem österreichischen Flüchtlingsgipfel am morgigen Mittwoch entgegen. Er wisse nicht, was bei dem Gipfel der Koalitionsparteien in Österreich herauskommen werde, erklärte er am Dienstag in einem Gespräch mit Korrespondenten in Berlin. “Um es ganz offen zu sagen: Ich weiß nicht, worauf das hinausläuft,” so der SPD-Politiker.

Daher könne er auch nicht sagen, ob Deutschland dann die dieselben Maßnahmen ergreifen werde. “Das ist erst dann zu beantworten, wenn wir wissen, was die Österreicher tun. Das wissen wir gegenwärtig nicht,” sagte Steinmeier.

Generell müsse man aber akzeptieren, dass es “die eine Lösung” nicht gebe. “Auch die Schließung von Grenzen ist keine Lösung”, betonte Steinmeier. “Wir brauchen ein ganzes Setting von nationalen, europäischen, bilateralen und außenpolitischen Lösungen.” Und man brauche Beharrlichkeit, die nicht nur zum nächsten Parteitag oder zur nächsten Landtagswahl reiche, “sondern mindestens zwei, drei Jahre”.

Wünsche, Warnungen und Kritik vor Gipfel

Besorgte und kritische Wortmeldungen sind im Vorfeld des morgigen Flüchtlingsgipfels von österreichischen Nicht-Regierungsorganisationen gekommen. Volkshilfe, Rotes Kreuz, Caritas, aber auch die AK appellierten an die Teilnehmer, lösungsorientiert und mit menschlichem Augenmaß zu agieren. Kritik gab es auch, weil die NGOs selbst nicht dabei sind.

“Es ist unverständlich, dass der Bund bei der Konzepterstellung nicht auf die Kompetenz der NGOs zurückgreift”, ärgerte sich Reinhard Hundsmüller, Bundesgeschäftsführer des Arbeiter-Samariterbunds in einer Aussendung. Die NGOs würden “im Stich gelassen”, nicht zuletzt, weil sie zuwenige Mittel für Integrationsmaßnahmen bekämen. Hundsmüller forderte einen “flächendeckenden Integrationsplan inklusive Qualifikations-Check, Sprachkursen und Integrationsmaßnahmen vom ersten Tag an.

AK-Präsident Rudolf Kaske drängte unter anderem auf rasche Asylverfahren und nachhaltige Integrationsmaßnahmen im Bereich Bildung und Arbeitsmarkt. Die Politik dürfe sich nicht auf “Panikmache” konzentrieren, forderte er. Der Zuzug von Flüchtlingen gehöre freilich in “geordnete Bahnen” gelenkt und EU-weit koordiniert.

Hohe Asyl-Anerkennungsrate im Jahr 2015

Die Chancen, in Österreich Asyl zu erhalten, waren im Vorjahr groß. Schon in der ersten Instanz wurden von den mehr als 36.000 entschiedenen Anträgen knapp 14.000 positiv bewertet. Dazu wurde noch rund 2.200 Personen subsidiärer Schutz gewährt, geht aus der Jahresbilanz des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl hervor, die am Dienstag präsentiert wurde.

Freilich wurde die erstinstanzliche Behörde vom Flüchtlingsstrom, der gesamt 90.000 Anträge mit sich brachte, auch gehörig unter Druck gesetzt. Der Leiter des Bundesamts, Wolfgang Taucher, fasste das Dilemma bei einem Pressegespräch derart zusammen: “Wir haben mit einem Drittel mehr Personal doppelt so viele Entscheidungen getroffen, allerdings gab es drei Mal so viele Anträge.”

Damit ist auch mittlerweile ein gehöriger Rückstau von zu bearbeitenden Anträgen entstanden. Laut Taucher sind es 60.000 Fälle, wobei 55 Prozent des Rucksacks in den Monaten August bis Dezember entstanden seien. Abhilfe könnten jene rund 500 Mitarbeiter bringen, die im Laufe des Jahres zusätzlich ins Bundesamt kommen sollen. Damit läge man Ende 2016 bei etwa 1.400 Mitarbeitern.

Flüchtlinge: 22 Rückübernahmeabkommen

Laut Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gibt es derzeit 22 bilaterale Rückübernahme-Abkommen. 19 davon sind freilich mit EU-Mitgliedsstaaten abgeschlossen. Die weiteren drei betreffen den Kosovo, Tunesien und Nigeria. Hinzu kommen 17 EU-Rückübernahmeabkommen.

Was die “Dublin-Verfahren” angeht, war Ungarn im Vorjahr jenes Land, in das von Österreich mangels Zuständigkeit die meisten Flüchtlinge überstellt wurden. Italien landete vor Polen auf Rang zwei. Nach Österreich überstellt wurde vor allem aus Deutschland, der Schweiz sowie aus Schweden.

Bezüglich der positiven Asylzuerkennung liegt Syrien mit 95 Prozent an der Spitze. Ebenfalls hohe Anerkennungsquoten weisen Afghanistan mit 45 Prozent sowie Russland mit 38 Prozent auf.

(apa/red)

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