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Mehrere Tote in Haus in Niederösterreich entdeckt: Frau erschoss Familie und sich selbst

Die Ermittlungen rund sechs gefundenen Tote sind im Gange
Die Ermittlungen rund sechs gefundenen Tote sind im Gange ©APA
In einem Haus in Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten) sind sechs Tote gefunden worden. Das teilte die Polizei am Donnerstag mit. Nach Informationen der APA soll eine Frau ihre Mutter, ihren Bruder und die eigenen drei Kinder im Alter zwischen sieben und zehn Jahren erschossen haben.
Familiendrama in Böheimkirchen: Bilder vom Tatort

Die genauen Hintergründe der Bluttat waren vorerst unklar, die Leiterin der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Michaela Schnell, gab unter Verweis auf laufende Ermittlungen keine Auskünfte. “Wir gehen von Fremdverschulden aus”, antwortete sie auf die Frage, ob eine Gewalttat vorliege. Eine Obduktion wurde angeordnet. Tatort war ein größeres Einfamilienhaus in einer Siedlung auf einer Anhöhe in Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten). Dutzende Medienvertreter fanden sich am späten Donnerstagnachmittag dort ein.

Mehrere Tote in Bšheimkirchen gefunden
Mehrere Tote in Bšheimkirchen gefunden

Das Gebäude in Böheimkirchen, das zum Schauplatz einer Bluttat geworden ist, war früher einmal ein Wirtshaus. Es hatte im ersten Stock auch Fremdenzimmer, berichtete eine Frau, die in der auf einer Anhöhe gelegenen Siedlung ein paar Häuser weiter wohnt. Nach der Schließung der Gastwirtschaft sei die Familie – drei Generationen – eingezogen, habe aber sehr zurückgezogen gelebt, sagte die Nachbarin. 20 Jahre lang hatte er das nahe der Westbahn gelegene Gasthaus geführt, ehe er das Gebäude vor gut einem Jahr an die aus der Umgebung stammende Familie verkaufte, erzählte der vormalige Gastronom, dessen Tochter noch im Nachbarhaus wohnt, der APA. Er beschrieb die Familie – Bruder und Schwester plus drei Kindern und ihre Mutter – als “unauffällig”. Es seien keine Streitereien vorgefallen bzw. bekannt geworden.

Schulpflichtigen Kinder seit Tagen vermisst

Nach seinen Angaben hatte der ehemalige Hauseigentümer am Donnerstag um 11.00 Uhr einen Anruf von der Polizei erhalten. Er wurde nach dem Zugang zu dem Gebäude gefragt, weil die Beamten Nachschau halten wollten. Die drei schulpflichtigen Kinder seien nämlich bereits seit drei Tagen vermisst worden, habe es geheißen. Das Haus selbst war von der Polizei abgesperrt worden, während die Spurensicherung am späten Nachmittag offenbar noch im Gang war. Schaulustige zeigten sich in der Umgebung zunächst wenige.

Zugezogene Familie im Ort nicht bekannt

Die am Donnerstag entdeckte Bluttat in einem Wohnhaus in einer Siedlung im Böheimkirchner Ortsteil Schildberg hat bei den Bewohnern in der Umgebung Fassungslosigkeit ausgelöst. Während der seit Mittag laufende Polizeieinsatz noch im Gang war, hieß es unisono, die erst vor gut einem Jahr zugezogene Familie sei nicht bekannt gewesen. Gegen 18.00 Uhr wurden die sechs Toten abtransportiert. Bürgermeister Johann Hell (SPÖ) zeigte sich über die Tragödie – sechs Menschen sind tot – erschüttert: “Wir sind alle betroffen.” Er habe die in die Katastralgemeinde zugezogene Familie nicht persönlich gekannt. Es sei nichts über sie bekannt gewesen, sprach Hell gegenüber der APA von einer scheinbar “ganz normalen Familie” – hineinschauen, hinter Mauern und in die Menschen, könne man nirgends.

Kein Kontakt zur Nachbarschaft

Er wisse nicht einmal den Namen, meinte ein Mann, der seit 17 Jahren hier wohnt: “Sonst kennen sich hier alle.” “Nicht einmal vom Sehen” hatten drei Berufstätige die Familie gekannt. Sie kamen gerade von der Arbeit zurück und meinten, es sei ein “Wahnsinn”, was da passiert ist. Es sei ein “sehr mulmiges Gefühl” zu wissen, dass in der unmittelbaren Nachbarschaft sechs Menschen starben. Eine Frau, die mit ihrem Hund spazieren war, empfand es im APA-Gespräch als etwas “sonderbar”, dass die Familie offenbar gar keinen Kontakt wollte. Die Familie sei auch nie draußen gewesen, sondern immer im Haus gewesen – auch die Kinder, meinte sie. Ihre neunjährige Tochter kannte die Kinder – Zwillingsbuben und eine jüngere Schwester – von der Schule. “Es ist so schrecklich”, sagte ein älterer Herr. Er hatte gehört, dass die Mutter – und mutmaßliche Täterin – ihre Kinder in der Früh immer mit dem Bus zur Schule begleitet hatte. Am Nachmittag habe die Frau die kleinen dann von der Bushaltestelle abgeholt und direkt nach Haus gebracht.

Gerichtspsychiater zu Bluttaten von Frauen

Dass eine Frau ihre Familie und dann sich selbst erschießt, bewertete Gerichtspsychiater Reinhard Haller als außergewöhnlich. Demnach liege bei Frauen bei derartigen Bluttaten meist ein “erweiterter Selbstmord” vor. “Sie sind oft depressiv und wollen ihre Liebsten in eine vermeintlich bessere Welt mitnehmen.” Es sei sehr selten, dass eine Frau ihre Opfer erschieße. Es sei daher auch möglich, dass eine psychiatrische Erkrankung vorgelegen ist und die Frau unter Wahnvorstellungen gelitten hat.

Motivlage bei “erweiterten Selbstmord” altruistisch

Beim wesentlich öfter vorkommenden “erweiterten Mord”, der in der Regel von Männern begangen wird, ist die Motivlage eine vollkommen andere: Hier wird etwa bei einem Rosenkrieg ein gezielt gewaltsamer finaler Schlusspunkt gezogen. Beim “erweiterten Selbstmord” ist das Motiv hingegen ganz anders. “Die Motivlage ist altruistisch”, sagte Haller. Täter empfinden eine Situation als vollkommen aussichtslos und möchten auch nicht, dass ihre Liebsten sich diesem Umstand noch länger aussetzen müssen.

Böheimkirchen ist eine Marktgemeinde im Mostviertel im Bezirk St. Pölten in Niederösterreich. Laut Statistik Austria gab es mit Stichtag 1. Jänner 2016 insgesamt 5.043 Einwohner. Das Gemeindegebiet umfasst 27 Ortschaften, darunter auch Schildberg.

(APA/Red.)

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