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Maikäfer flieg - Trailer und Kritik zum Film

"Ich werde alles tun, damit die Zeiten nie mehr normal werden", platzt es in der wohl lustigsten, herzlichsten Szene von "Maikäfer flieg" aus Christl heraus.

Mirjam Ungers Verfilmung von Christine Nöstlingers autobiografischem Jugendbuchklassiker feiert kindliche Unangepasstheit und fordert zugleich politische Haltung ein. Am Freitag startet der diesjährige Diagonale-Eröffnungsfilm im Kino.

Maikäfer flieg – Die Geschichte

Wien im Jahr 1945: Solange sich die neunjährige Christine (Zita Gaier) erinnern kann, herrscht Krieg. Und nun, da er vorbei ist, naht mit den Russen die nächste Bedrohung. Gemeinsam mit ihrer Mutter (Ursula Strauss) und ihrer großen Schwester (Paula Brunner) lässt sie die Großeltern (Krista Stadler und Heinz Marecek) in der halb zerbombten Wohnung in Wien-Hernals zurück und flüchtet sich in eine Villa in Neuwaldegg. Dank der Hausherrin Frau von Braun (Bettina Mittendorfer), die bald mit ihrem Sohn (Lino Gaier) dazu stößt, kommen sie hier unter. Und verstecken im Keller den im Krieg verletzten Vater (Gerald Votava), der aus dem Lazarett geflüchtet ist, um bei seiner Familie zu sein.

Die Angst, die Nazis könnten im Vater den Deserteur und die Russen den ehemaligen Wehrmachtsoldaten erkennen, ist groß. Und Kleidung und Nahrung sind Mangelware. Als dann die Russen in der Villa Quartier beziehen, droht die Mutter unter der Last zu zerbrechen – und fängt für Christl das Abenteuer erst richtig an: So wie sie zuvor erstaunt das verstaubte Haus und den riesigen Garten erkundet hat, beobachtet sie nun gleichermaßen neugierig und unerschrocken die neuen, trinkfesten Mitbewohner. Und freundet sich rasch mit dem Außenseiter, dem jüdischen Koch Cohn (Konstantin Khabensky), an.

Maikäfer flieg – Die Kritik

Es ist die größte Errungenschaft von “Maikäfer flieg”, dass sich der Film trotz des ernsten Themas den Witz und die Leichtigkeit der 1973 erschienenen Vorlage “Maikäfer, flieg! Mein Vater, das Kriegsende, Cohn und ich” bewahrt. Die Wiener Regisseurin Mirjam Unger, die gemeinsam mit Sandra Bohle das Drehbuch verfasst hat, hält in ihrer unaufgeregten Erzählung die Waage zwischen Humor und Tragik, vermittelt glaubwürdig die von Erwachsenen und Kindern so unterschiedlich erlebte Besatzungszeit, wobei die Handlung größtenteils in der Villa spielt. Kamerafrau Eva Testor zeigt das Geschehen aus Christls Augen, filmt durch Zahnpfähle und Türspalte hindurch, fängt manch unschöne Szenen wie russische Übergriffe unter Wodka-Einfluss teils fast beiläufig im Augenwinkel ein.

Dadurch wirken manche, für Christl spannende Momente für den Zuseher unheimlich und beklemmend, nie aber erdrückend. Schwerer wiegt da die Tatsache, wie traurig aktuell der Film über eine Kindheit im Krieg erscheint. “Die Nachrichtenbilder aus Syrien waren da und wir haben alle plötzlich gemerkt, wie sich die Filmbilder und die Bilder der Realität übereinanderschieben und sich teilweise gleichen”, erinnert sich Unger im APA-Gespräch an die Dreharbeiten im vergangenen Sommer. Für das Team sei es plötzlich kein Problem mehr gewesen, sich in Christl und ihre Familie hineinzuversetzen – und auch den Zusehern wird es so gehen, was “Maikäfer flieg” zu einem wichtigen Film unserer Zeit macht.

Zwei Frauen tragen diesen Film vor allem: Von der mittlerweile zehnjährige Zita Gaier, die mit einer ungemeinen Spielfreude in die Rolle des widerborstigen Mädchens schlüpft, das in der unbestimmten, fast anarchischen Phase die Vorzüge erkennt und allen Menschen ohne Scheu und Vorurteil begegnet. Und von TV- und Filmstar Ursula Strauss (41) als Mutter, der die psychische wie physische Belastung anzusehen – und dank stressbedingter Wutausbrüche in starkem Dialekt auch anzuhören – ist. Auch hinter der Kamera waren in den wichtigen Departments vor allem Frauen am Werk – von Regie, Drehbuch und Kamera angefangen bis hin zur stimmigen Filmmusik von Eva Jantschitsch (alias Gustav) und Produzentin Gabriele Kranzenbinder, die für die ambitionierte Verfilmung rund 3,4 Millionen Euro Budget aufgestellt hat.

(APA)

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