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Jazz Fest Wien: Kühler Al Di Meola und Einheizer Cody Chesnutt

Sänger Cody Chesnutt (l.) und Jazz-Gitarrist Al Di Meola
Sänger Cody Chesnutt (l.) und Jazz-Gitarrist Al Di Meola ©APA
Ein Staatsopern-Doppel zwischen Stahlhelm und Ventilator fand am Sonntagabend im Rahmen des Jazz Fest Wien statt. Beim Doppelkonzert traten erst ein gut gelaunter Cody Chesnutt und dann ein gesetzterer Al Di Meola auf.
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Viele Besucher hätten das vorletzte Staatsopern-Konzert des Jazz Fest Wien gerne als Open Air absolviert. Al Di Meola jedenfalls suchte auf der Bühne die Abkühlung im Wind von Ventilatoren, während sich vor der Pause sein deutlich jüngerer Kollege Cody Chesnutt eher als Einheizer betätigte. Das Doppelkonzert am spielfreien WM-Tag bot sehr unterschiedliche Spielhälften.

Sänger mit Stahlhelm in der Staatsoper

Cody Chesnutt gehört der Stahlhelm-Fraktion an. Markenzeichen des 1968 geborenen Sängers und Gitarristen ist nämlich ein stahlblauer Helm, den er gestern auch in der Staatsoper nur für einen kurzen Moment abnahm. Vielleicht steht zu befürchten, dass einem jederzeit der Himmel oder ein Scheinwerfer auf den Kopf fallen könnte, vielleicht hat der in Atlanta, Georgia, geborene schwarze Musiker aber auch einfach vom Leben bisher zu viel abgekriegt als dass er noch einmal eines aufs Haupt bekommen möchte.

Wie Bobby McFerrin: Cody Chesnutt

Den Spaß lässt er sich aber nicht verderben. Denn wenn er mit seiner vierköpfigen Band nicht gerade ungeheuer druckvoll eine Mischung aus Rock, Funk, Soul und R&B auftischte, als gäb’s kein Morgen, und Kostproben seiner Alben “Landing On A Hundred” und “The Headphone Masterpiece” servierte, betätigte er sich als rockiger Bruder des fröhlichen Animations-Königs Bobby McFerrin.

Dann mischte er augenzwinkernd gesäuselte Moderations-Balladen zwischen seine Nummern, ließ das Staatsopern-Publikum mitklatschen, mit den Fingern schnippen, mitsummen und -singen. Schönster Moment war dabei die oftmalige, begeisterte, gemeinsame Wiederholung des Refrains “No turning back!” seines Songs “Everybody’s Brother” – auch wenn bei der Liedzeile “I used to smoke crack back in the day” wohl nur wenige im Jazz Fest-Publikum auf eigene Erfahrungen zurückgreifen konnten.

Resümee: “Vienna is cool”

Immerhin befand Cody Chesnutt nach 70 Minuten “Vienna is cool” und räumte nur ungern und nach energischen Hinweisen auf das weitere Abendprogramm das Feld. Dieses wurde nach der Pause von seinem um 14 Jahre älteren Landsmann Al Di Meola mit deutlich weniger Enthusiasmus und einem gerüttelt Maß an gelassener Routine bestellt. Begleitet von einem Pianisten und einem Schlagzeuger spielte er sich durch sein Repertoire, inklusive brandneuer Nummern, und rollte dabei in aller Ruhe einen Soundteppich aus, der ganz ohne Falten und Stolperstellen in makelloser Glattheit glänzte. Kein Blick zurück? Diese Botschaft war nicht angekommen.

Jazz Fest-Konzert von Al Di Meola

Die Mitwirkung eines ungarischen Streichquartetts ließ den hochenergetisch begonnenen Abend noch in seichte Plätschereien abdriften, die man sich gerne für den Strandurlaub aufgehoben hätte. Auf eine gemeinsame Instrumental-Version von “Eleanor Rigby” aus der jüngsten Beatles-Hommage “All Your Life” ließ Al Di Meola, als einer der weltbesten Fusion-Gitarristen gerühmt, wenigstens mit ein paar Solo-Nummern seine Klasse aufblitzen. Man mochte Cody Chesnutt wünschen, dass er sich nach seinem eigenen Auftritt die herrliche Sommernacht anderswo um die Ohren schlug. Am Ende hätte er sonst sein Urteil “Vienna is cool” gar noch revidiert…

(apa/red)

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