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IS-Anschlag in Kirche - Augenzeugin: Täter filmten Tötung

Tat schockiert Frankreich.
Tat schockiert Frankreich. ©AFP
Eine Augenzeugin hat die Tötung eines Priesters in Saint-Etienne-du-Rouvray mit einer Hinrichtung verglichen. "Sie haben ihn auf die Knie gezwungen", sagte die Nonne am Dienstag dem Sender RMC. "Er hat versucht, sich zu verteidigen, und dann hat das Drama begonnen."
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Demnach filmten die Täter die Szene. “Sie haben am Altar so etwas wie eine Predigt auf Arabisch gehalten. Es war ein Horror”, sagte die Frau. Der getötete Priester sei ein außergewöhnlicher Mensch gewesen.

Zeugin floh unbemerkt

Sie sei unbemerkt geflohen, als einer der Täter dem anderen ein Messer gereicht habe, sagte die Nonne. Die als “Schwester Danielle” bezeichnete Frau alarmierte daraufhin nach eigenen Angaben einen Autofahrer.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Angriff auf das katholische Gotteshaus für sich. Die beiden von der Polizei erschossenen Angreifer seien “Soldaten des Islamischen Staates” gewesen, erklärte die IS-nahe Agentur Amaq kurz nach der Attacke. Auch der französische Präsident Francois Hollande erklärte, die beiden Männer, die von der Polizei erschossen wurden, hätten sich auf den IS berufen. Zwei Täter nahmen zunächst fünf Menschen während einer Messe als Geisel und töteten dann einen Priester. Ein weiteres Opfer schwebte in Lebensgefahr. Die Angreifer wurden von Sicherheitskräften getötet.

Täter waren Behörden bekannt

Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen. In welcher Form sich die Täter zum IS bekannt haben oder in welcher Verbindung sie zu der Terrororganisation standen, gaben die Behörden zunächst nicht bekannt. Am Nachmittag nahm die französische Polizei einen Mann fest, machte aber zunächst weder Angaben zur Identität des Mannes noch zum Grund der Festnahme.

AGD0005-20160726
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Nach Medienberichten war einer der beiden Angreifer den Sicherheitsbehörden offenbar bekannt. Zu dem Mann gebe es einen Eintrag in einer Datenbank mit Personen, die als radikalisiert eingestuft worden seien, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Ermittlerkreise. Er habe im Vorjahr versucht, nach Syrien zu gelangen. Bei seiner Rückkehr sei ein Anklageverfahren gegen ihn wegen des Verdachts auf Verbindungen zu einer Terrororganisation eröffnet worden. Der Mann kam dem Bericht zufolge vorübergehend in Haft und wurde später mit einer elektronischen Fußfessel wieder freigelassen. Die Informationen von AFP stimmen mit Angaben des Senders iTele überein.

Hollande: “Krieg mit allen Mitteln führen”

Hollande sagte bei einem Besuch am Tatort in Saint-Etienne-du-Rouvray in der Nähe von Rouen, der IS habe den Krieg erklärt. “Wir werden diesen Krieg mit allen Mitteln führen”, betonte der Staatschef. Erst vergangene Woche hatte das Parlament den nach den Pariser Anschlägen vom 13. November verhängten Ausnahmezustand um weitere sechs Monate verlängert.

Die Polizei schoss auf die beiden Täter, als sie die Kirche verließen – die genauen Umstände waren zunächst unklar. Französische Medien berichteten unter Berufung auf Polizeikreise, sie seien mit Hieb- oder Stichwaffen bewaffnet gewesen.

Bürgermeister: “Land als Gesamtes in tiefem Schmerz”

Der Bürgermeister des Ortes Saint-Etienne-du-Rouvray lud für Trauerbekundungen ins Rathaus. Er richte sich damit an die Bewohner von Saint-Etienne, aber auch an alle anderen, die sich an die Werte der Republik gebunden fühlten, hieß es in einer Mitteilung. Das Gefühl der Erschütterung reiche über das Gebiet der Stadt hinaus. “Nur wenige Tage nach dem Anschlag von Nizza stürzt es das Land als Gesamtes in tiefen Schmerz.”

Erzbischof: “Ich schreie zu Gott”

“Ich schreie zu Gott”, sagte der Erzbischof von Rouen, Dominique Lebrun. Frankreichs Premierminister Manuel Valls verurteilte eine “barbarische Attacke”. “Ganz Frankreich und alle Katholiken sind verletzt worden. Wir stehen zusammen”, schrieb er auf Twitter. Staatschef Hollande versprach den französischen Katholiken seine Unterstützung und setzte für Mittwoch ein Treffen mit den Vertretern der Glaubensgemeinschaften an. “Was diese Terroristen wollen, ist uns zu spalten.”

Papst: “sinnlose Gewalt”

Papst Franziskus verurteilte die Geiselnahme als “sinnlose Gewalt”. “Der Papst nimmt teil am Schmerz und am Grauen dieser sinnlosen Gewalt und verurteilt jede Form von Hass auf das Schärfste”, erklärte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi.

Österreichs Regierung betroffen

Auch die österreichische Regierung zeigte sich betroffen. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) war “erschüttert über die bestialische Tat” und übte gleichzeitig Kritik an der Ansicht, der derzeitige Terrorismus in Europa hänge mit der Flüchtlingskrise zusammen. Vielmehr gehe dieser über die “unmittelbare Zuwanderung in Syrien” hinaus. Seiner Ansicht nach müsste eher “auf der Ebene der Integration eine Diskussion” gestartet werden, sagte er nach einem Treffen mit dem ungarischen Premier Viktor Orban in Budapest.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) erklärte “volle Solidarität mit Frankreich” und betonte, dass Europa nun “mehr denn je gemeinsam gegen den internationalen Terrorismus kämpfen” müsse, wie er am Dienstag via Facebook und Twitter mitteilte. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) sprach von einem “Anschlag auf die Religionsfreiheit und die Bevölkerung, die den katholischen Glauben lebt”.

Frankreich als Ziel schwerer Anschläge

Frankreich war in den vergangenen eineinhalb Jahren immer wieder das Ziel schwerer Anschläge. Zuletzt tötete ein 31-jähriger Tunesier 84 Menschen, als er am Nationalfeiertag mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge auf dem Strandboulevard von Nizza raste. Die Polizei erschoss den Mann.

Seit den verheerenden Pariser Anschlägen mit 130 Toten gilt im Land der Ausnahmezustand, in der Hauptstadt patrouillieren schwer bewaffnete Soldaten. Im Frühjahr 2015 vereitelten die Sicherheitsbehörden nach offiziellen Angaben bereits einen geplanten Anschlag auf eine Kirche. Damals wurde ein 24-jähriger Student verhaftet.

(APA)

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