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Immobiliengesellschaft WW Holding AG insolvent: Wienwert soll verkauft werden

Die WW Holding kündigte ihre Insolvenz an.
Die WW Holding kündigte ihre Insolvenz an. ©bilderbox.com (Sujet)
Der Immobiliengesellschaft WW Holding AG hat am Donnerstag ein Insolvenzverfahren angekündigt. Die Wienwert AG solle verkauft werden.

Wegen Zahlungsunfähigkeit und einer insolvenzrechtlichen Überschuldung werde ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorbereitet und so rasch wie möglich beim zuständigen Insolvenzgericht eingebracht, teilte die Immobiliengesellschaft WW Holding AG mit. Die Wienwert AG solle verkauft werden.

“Die WW Holding AG strebt ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung an, im Rahmen dessen Wienwert AG, eine wesentliche Beteiligung von WW Holding AG, verkauft werden soll”, hieß es weiter. “Wienwert AG ist vom Insolvenzverfahren nicht betroffen.”

Hintergrund sind Ermittlungen der WKStA

Hintergrund ist das Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Wienwert. Laut Medienberichten geht es um den Verdacht der Untreue und der Vollstreckungsvereitelung zugunsten eines anderen. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

Nach Bekanntwerden der Ermittlungen sei Wienwert allerdings nicht mehr in der Lage gewesen, eine zu diesem Zeitpunkt in Emission befindliche Unternehmensanleihe erfolgreich am Kapitalmarkt zu platzieren, betonte das Unternehmen. WW Holding habe zudem eine fällige Unternehmensanleihe nicht bei Fälligkeit bedienen können.

Wienwert-Gruppe bereits seit Jahren im Visier der FMA

Die private Wiener Immobiliengruppe Wienwert steht schon seit Jahren im Visier der heimischen Finanzmarktaufsicht (FMA). Seit 2014 hat die FMA vier Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft übermittelt und mehrere Verwaltungsstrafverfahren gegen die Vorstandsmitglieder der Wienwert verhängt. Der Grund waren irreführende Werbungen im Zusammenhang mit der Platzierung von Anleihen.

Zuletzt verhängte die Aufsichtsbehörde im vergangenen Jahr gegen Vorstandschef Stefan Gruze eine Strafe im Ausmaß von 85.000 Euro. Bestraft wurden auch die beiden ehemaligen Vorstände und Firmengründer Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu, so FMA-Sprecher Klaus Grubelnik am Donnerstag zur APA. Grubelnik betont, dass die Wienwert-Gruppe kein von der FMA konzessioniertes Unternehmen sei, es nicht der Aufsicht durch die FMA unterstand. Wienwert habe mehr als 23 Anleihen begeben, 19 davon unter einem Ausnahmetatbestand, wodurch sie keinen Prospekt veröffentlichen mussten. Der aktuelle Prospekt zu einer Anleihe sei von der Luxemburger Aufsicht gebilligt worden.

Bis zu 40 Mio. Euro Schaden für Anleihenkäufer

Der Schaden für die Käufer von Anleihen der vor der Insolvenz stehenden Wienwert-Gruppe dürfte bis zu 40 Mio. Euro betragen, sagte FMA-Vorstand Helmut Ettl in einem Ö1-Mittagsjournal-Interview am Donnerstag. Bei den verkauften Anleihen habe es sich um einfache Finanzprodukte gehandelt. “Das Risiko war für Kundige erkennbar”, sagte Ettl. Wie viele Anleger betroffen sind, sei noch unbekannt. Es seien auch noch nicht alle Wienwert-Anleihen im Status der Zahlungsunfähigkeit. In den kommenden Tagen werden auch die Gerichte zu entscheiden haben, wie es hier weitergeht.

Der Verkauf von scheinbar sicheren Anleihen am Finanzmarkt, die suggerierte Nähe zur Stadt Wien und die hohen versprochenen Renditen verführten Anleger immer wieder, in solche Richtungen zu investieren. Die FMA habe vom ersten Tag an sehr konsequent gehandelt, und alle Kompetenzen, die sie habe, ausgereizt, “weil wir gesehen haben, dass da was am Markt passiert, was ziemlich wichtig war und haben versucht, Öffentlichkeit herzustellen, haben unser Strafausmaß ausgenutzt”, so Ettl. Allerdings sei es jedem erlaubt, etwas am Markt zu verkaufen. Wenn bestimmte Bedingungen eingehalten werden, könne man es nicht verbieten.

Wienwert-Anleihen keine komplexen Produkte

Seit Jahresbeginn sei es der FMA auch möglich, komplexe und gefährliche Finanzprodukte zu verbieten. Bei Wienwert hätte die FMA dennoch nicht anders gehandelt. Die Wienwert-Anleihen seien keine komplexen Produkte, sondern relativ einfache Anleihen. Das Risiko dahinter sei auch für jeden, der kundig ist und sich das genau angeschaut habe, erkennbar gewesen. “Solche Sachen wird es immer wieder geben, da können wir nur an die Anleger appellieren: Schauen Sie sich ganz genau das Risiko an. Wer hohe Renditen verspricht, da ist auch hohes Risiko dahinter, und nicht überall, wo Immobilie drauf steht, ist auch ein sicheres Investment”.

Ettl rät betroffenen Anlegern, sich beraten zu lassen. Mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI), der Beratungen für Kleinanleger übernehme, habe die FMA schon Kontakt aufgenommen.

Hilfe für betroffene Anleger

Hilfe für betroffene Anleger bietet auch der Verein Cobin claims an, der im Vorjahr die Ermittlungen gegen die Wienwert-Gruppe ausgelöst hatte. Die nicht gewinnorientierte Plattform prüfe rechtliche Optionen. Betroffene könnte sich online melden, so der auf Sammelklagen bei Massenschäden spezialisierte Verein in einer Presseaussendung.

“Tatsächlich wird man davon ausgehen müssen, dass der wirtschaftliche Insolvenzzeitpunkt deutlich früher anzunehmen ist”, so Vereinsvorstand Manfred Biegler, der schon länger die Vorgänge in der Wiener Immobiliengruppe verfolgt, in einer Presseaussendung.

“Typischer 7-Jahres-Zyklus bis zur Insolvenz”

Das “Geschäftsmodell” durchlief laut Biegler seit den ersten Anleiheplatzierungen in 2010 einen typischen 7-Jahres-Zyklus bis zur Insolvenz. “Der Schaden wird – wie bei diesen ‘Modellen’ üblich – durchaus eine Größenordnung von bis zu 60 Mio. Euro erreichen können”, so Biegler. Er ortet ein “typisches, multiples Kontrollversagen aller Instanzen wie wir es von zahllosen Finanzskandalen in der Vergangenheit kennen. Die von uns immer wieder vorgetragenen Kritik am Funktionieren der Finanzmarktaufsicht wird leider wieder einmal bestätigt.”

Schaden für Kleinanleger bis zehn Millionen Euro

KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner geht davon aus, dass die Pleite der Wiener Immobiliengruppe Wienwert bei Kleinanlegern zu einem Schaden von fünf bis zehn Millionen Euro führen wird. Genauer lasse sich das schwer einschätzen, weil das Volumen der zum Handel zugelassenen Anleihen nur schwer einschätzbar sei, sagte Kantner am Donnerstag zur APA.Die gesamten Verbindlichkeiten belaufen sich laut Kantner auf Basis der Bilanzzahlen für 2016 auf 70 Mio. Euro. Dazu kämen noch Haftungen für die Töchter, die auch noch eine Rolle spielen könnten. Von diesen 70 Mio. entfielen knapp 40 Mio. Euro auf Anleiheverbindlichkeiten. Die Anleihen seien aber nur zu einem kleinen Teil an Kleinanleger gegangen, von den vielen in den letzten Jahren aufgelegten Anleihen seien nur zwei zum Börsenhandel zugelassen worden. Das zugelassene handelbare Nominale betrage in Summe 15 Mio. Euro. Tatsächlich sei aber schwer einschätzbar, wie viel davon wirklich gehandelt wurde. “Handfeste Informationen gibt es derzeit nicht, weil sich das Management einbunkert”, so Kantner.

Mit einem baldigen Insolvenzantrag rechnet der KSV-Experte nicht. Dieser dürfte erst in einer Woche oder zehn Tagen eingebracht werden, weil er zuerst vorbereitet werden müsse und es sich um eine komplexe Unternehmensgruppe handle. “Ich glaube, dass das ein paar Tage oder Wochen brauchen wird”, so Kantner. Ende nächster Woche könnte es vielleicht schon so weit sein.

Wienwert kämpft seit Jahren mit finanziellen Problemen

Die private Wiener Immobiliengruppe Wienwert kämpft schon seit einigen Jahren mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Diese haben im Geschäftsjahr 2016 schließlich zu einem negativen Eigenkapital in der jetzt vor der Insolvenz stehenden WW Holding von fast 29 Mio. Euro geführt. Grund für die massiven Verluste waren erneut Abschreibungen auf den verbliebenen Immobilienaltbestand. Der Bilanzverlust summierte sich Ende 2016 auf 29,4 Mio. Euro. Daraufhin erhielt das Unternehmen von den Wirtschaftsprüfern auch nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk, sie wollten eine Fortbestehensprognose nicht abschließend beurteilen. Die Gesamtverbindlichkeiten beliefen sich auf knapp 70 Mio. Euro, davon 40 Mio. Euro Anleiheverbindlichkeiten.

Die Immobiliengruppe wurde 2008 als Wienwert Immobilien Finanz AG von Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu gegründet. Bis März 2016 war sie auf Vorsorgewohnungen im Wiener Altbau spezialisiert. Seitdem hatte sie sich auf den “profitableren” Mietwohnbau verlegt. Per Ende Juni 2016 lag der Verkehrswert der Wienwert-Immobilien laut einem PwC-Gutachten noch bei 128 Mio. Euro.

Wienwert hat mehr als 23 Anleihen begeben

2016 hat sich die Gesellschaft im Rahmen ihrer Restrukturierung eine neue Struktur verpasst. Die Wienwert AG wurde in die jetzige vor der Insolvenz stehende WW Holding umbenannt, wo das negative Eigenkapital und die Anleihengläubiger verblieben. Zusätzlich wurde per 1. Jänner 2017 eine neue Wienwert AG als Tochter gegründet, für die es auch Börsenpläne gab. Laut Firmencompass sind Bakirzoglu, Stefan Gruze und Sedelmayer zu jeweils einem Drittel an der WW Holding beteiligt, die wiederum knapp 100 Prozent an der Wienwert AG hält.

2017 hätte Wienwert Anleihen in Höhe von 5,1 Mio. Euro zurückzahlen sollen. Im vierten Quartal 2018 wird eine weitere Anleihe über 12,9 Mio. Euro fällig. 10 Mio. Euro wollte das Management 2017 aufnehmen. Im Frühjahr wurde ein 5 Mio. Euro schwerer Bond mit drei Jahren Laufzeit und 5,25 Prozent Zinsen emittiert. Die im Herbst geplante Unternehmensanleihe konnte dagegen nicht mehr platziert werden.

Wienwert hat in der Vergangenheit mehr als 23 Anleihen begeben, 19 davon unter einem Ausnahmetatbestand, wodurch sie keinen Prospekt veröffentlichen mussten. Der aktuelle Anleihenprospekt wurde von der Luxemburger Aufsicht gebilligt. Zu Jahresbeginn 2017 waren noch 42,5 Mio. Euro Anleihen ausständig.

Verwaltungsstrafe für Wienwert im September 2017

Wienwert sorgte in der Vergangenheit aus mehreren Gründen für Aufsehen, so auch durch die hochverzinsten Anleihen mit im Schnitt über 5 Prozent Verzinsung. Die Gruppe steht seit Jahren auch im Visier der Finanzmarktaufsicht (FMA). Seit 2014 hat sie vier Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft übermittelt und mehrere Verwaltungsstrafverfahren gegen Vorstandsmitglieder verhängt.

Ins Gerede kam der private Wiener Immobilienentwickler im Oktober 2017 auch durch seine angebliche Nähe zur Wiener Stadtpolitik. Ein umstrittener SPÖ-naher Beirat wurde daraufhin aufgelöst. Im Juni 2016 hatte Wienwert mit dem SK Rapid Wien einen Sponsoringvertrag über drei Saisonen in Höhe von 500.000 Euro abgeschlossen.

Im September 2017 brummte die Finanzmarktaufsicht (FMA) dem Wienwert-Chef Stefan Gruze wegen irreführender Werbung und eines fehlenden Prospekthinweises eine Verwaltungsstrafe in Höhe von 85.000 Euro auf. Auch die beiden Ex-Vorstände und Firmengründer Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu wurden von der FMA schon bestraft. Beide wechselten bereits 2016 vom Vorstand in den Aufsichtsrat und verließen das Kontrollgremium schließlich im Dezember 2017, nachdem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachtes der Untreue aufgenommen hatte.

Unternehmen weist Vorwürfe zurück

Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch den Verein Cobin claims, der eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht hatte. Die Plattform für Sammelklagen bei Massenschäden monierte darin, es sei nicht auszuschließen, dass die WW Holding widerrechtlich um 3,12 Mio. Euro entreichert wurde. Hintergrund ist der Verkauf der Markenrechte durch Gesellschaften der Firmengründer an die Wienwert Holding im März 2016 sowie deren spätere Übertragung an die Wienwert AG. Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück.

Das Bekanntwerden dieser Ermittlungen wurde heute von Geschäftsführer Stefan Gruze indirekt als Grund für die Zahlungsunfähigkeit der WW Holding angeführt. Eine in Emission befindliche Unternehmensanleihe habe dadurch nicht mehr erfolgreich platziert werden können, wodurch eine im Vorjahr erstellte positive Fortbestehensprognose gefährdet worden sei. Dieser Vertrauensverlust habe sich erheblich auf das Geschäftsmodell der Wienwert AG ausgewirkt und zu einer Herabsetzung der möglichen Kaufpreiserwartung für die von der WW Holding an der Wienwert gehaltenen Aktien und somit schlussendlich zu einer Überschuldung geführt. Darüber hinaus habe eine im Dezember fällige Unternehmensanleihe nicht bedient werden können.

(APA/Red)

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