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Fall Alijev: Polizist soll für kasachischen Agenten spioniert haben

Im Wiener Straflandesgericht ist am Mittwoch der Prozess gegen einen suspendierten, zuletzt in Niederösterreich tätigen Polizisten eröffnet worden, dem die Staatsanwaltschaft Wien im Zusammenhang mit dem Fall Alijev Amtsmissbrauch und geheime nachrichtendienstliche Tätigkeit vorwirft.
Polizist als "Spion"

Der 51-jährige Beamte soll für einen pensionierten kasachischen Geheimdienst-Offizier polizeiinterne Abfragen getätigt, der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Informationen weitergeleitet und für den Agenten während der Dienstzeit sogar Observationen durchgeführt haben.

Der Angeklagte, der in der Vergangenheit einige Zeit beim mittlerweile aufgelösten Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) gearbeitet und dabei allfällige strafrechtliche Verfehlungen von Kollegen untersucht hatte, stellte gar nicht in Abrede, die Abfragen getätigt und dazu auch einen früheren BIA-Kollegen angestiftet zu haben, der sich deshalb nun als Mitangeklagter vor einem Schwurgericht zu verantworten hat.

Schuldig fühlte sich der 51-Jährige deshalb aber nicht: “Die Abfragen habe ich gemacht. Aber im dienstlichen Interesse.”

Causa Aliyev “stinkt gewaltig”

Denn die Causa Alijev “stinke gewaltig”, betonte der Polizist. Während Rakhat Alijev (Alijew) in seiner Heimat wegen der Entführung zweier mittlerweile ermordet aufgefundener Bankmanager in Abwesenheit zu 20 Jahren Haft verurteilt worden sei, habe man in Österreich “ein Bedrohungsszenario” geschaffen, das diesem die Auslieferung an die kasachischen Behörden ersparte.

Für den Angeklagten insofern ein untragbarer Zustand, als Alijev von “denselben Personen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung geschützt” werde, die seinerzeit zunächst auch den polnischen Mafia-Paten Jeremiasz Baranksi vor behördlicher Verfolgung bewahrt hätten.

Er könne “beweisen, dass gewisse Stellen die Staatsanwaltschaft und das Gericht von der ersten bis zur letzten Seite belügen”, sagte der Polizist. Er sei deswegen ohne Auftrag und dienstliche Zuständigkeit tätig geworden und habe im Umfeld Alijevs recherchiert: “Wenn die Polit-Staatsanwälte und das BVT ermitteln, kommt nix raus. Da können Leute mit einer Handgranate in der Hand sterben, es kommt nix raus.”

Observierungsarbeit für Kasachstan?

Für Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter sind das alles Schutzbehauptungen. Der Beamte habe für den lange Jahre mit ihm befreundeten Agenten des kasachischen Geheimdiensts KNB die kasachische Botschaftsresidenz observiert, um den Aufenthaltsort Alijevs herauszufinden. Zudem soll der Beamte diesem internes Behördenwissen über Waffenschiebereien über die kasachische Grenze anvertraut und damit das Leben eines V-Manns des deutschen Bundesnachrichtendiensts (BND) gefährdet haben.

Für seine Dienste wurde der Polizist laut Anklage auch bezahlt. Der kasachische Agent soll ihm zwischen Oktober und Dezember 2008 in mehreren Tranchen 36.000 Euro übergeben haben.

Der 51-jährige Polizist betonte, der angebliche kasachische Geheimdienst-Offizier sei “ein altes Mandl aus der Sowjet-Zeit” und kein Agent. Er habe sich mit diesem angefreundet, aber niemals von diesem Anweisungen entgegen genommen: “Dass der mir Aufträge erteilt hat, stelle ich entschieden in Abrede. Das hat’s nicht braucht. Mit meiner Vorvergangenheit (der Angeklagte ist seit über 30 Jahren Polizeibeamter, Anm.) hat mich der Fall Alijev interessiert. Das steckt in mir drinnen, das werden’s net rausbringen.” 

Polizist wollte “Justizskandal aufdecken”

Er habe von seinem kasachischen Bekannten auch niemals Gelder für Dienstleistungen erhalten. Die Gelder hätten Spesen abgedeckt bzw. habe der Beamte damit Geschäfte für den Kasachen abgewickelt, bemerkte Verteidiger Martin Dohnal. Sein Mandant habe sich mit Sicherheit nicht persönlich bereichert, sondern mit seinen Erhebungen in Sachen Alijev versucht, “einen Justizskandal aufzudecken. Er macht solche Sachen nicht, weil ihm langweilig war. Er war der Meinung, er ist einem Verbrechen auf der Spur”.

Daraufhin hielt die vorsitzende Richterin dem Angeklagten Einvernahmeprotokolle vor, in denen er sich zu den wider ihm erhobenen Vorwürfen zumindest teilweise geständig gezeigt hatte. Damals habe er sich in U-Haft befunden und unter schmerzhaften Nierenkoliken gelitten, replizierte der 51-Jährige. Er habe dem ermittelnden Beamten daher beschieden “Schreib’ hin, was du willst!”

Was zu Protokoll genommen wurde, habe er gar nicht lesen können, weil der Kollege am Computer bewusst eine kleine Schriftgröße gewählt habe. Er habe sich das Protokoll dann auch nicht durchgelesen, “weil Brille hätten’s mir keine gegeben”. 

(apa)

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