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Erdogan feiert Wahlsieg und droht Gegnern

Nach dem klaren Sieg bei den Kommunalwahlen hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seinen politischen Widersachern mit martialischen Worten gedroht. "Bis in ihre Höhlen werden wir sie verfolgen. Sie werden den Preis bezahlen", sagte Erdogan in der Nacht auf Montag vor jubelnden Anhängern in Ankara mit Blick auf die Gegner im eigenen konservativ religiösen Lager.
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Kommunalwahlen in der Türkei


Seit Ende vergangenen Jahres liefert sich Erdogan einen heftigen Machtkampf mit Anhängern der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen. Trotz Korruptionsvorwürfen gegen seine Regierung, Säuberungen in Justiz und Polizei und Internet-Sperren kam Erdogans Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) bei der Wahl am Sonntag – nach Auszählung von etwa 98 Prozent der Stimmen – landesweit auf mehr als 45,5 Prozent. Das sind gut 6 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren.

Erdogans islamisch-konservative AKP behauptete demnach auch die symbolträchtigen Bürgermeisterämter in den größten Städten Istanbul und Ankara, in denen starke Herausforderer aus den Reihen der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) angetreten waren. Zudem erklärte sich die AKP zum Sieger in der bisher von einem CHP-Bürgermeister regierten Touristenhochburg Antalya. Die CHP kam landesweit nur auf knapp 28 Prozent der Stimmen. In den überwiegend von Kurden bewohnten Städten im Osten der Türkei wurde erneut die Kurdenpartei BDP stärkste Kraft.

Nach Monaten politischer Auseinandersetzungen und den Demonstrationen der Gezi-Bewegung im vergangenen Jahr hatte Erdogan die Wahlen in Städten und Gemeinden zur Vertrauensfrage erklärt. Er versprach den Wählern wirtschaftliche Stabilität und appellierte stark an den Patriotismus der Türken.

Erdogan wertete das Ergebnis in der Nacht als “großen Sieg” und “Kampf für die Freiheit der neuen Türkei”. “Das ist der Hochzeitstag für die neue Türkei”, sagte Erdogan. Auch in Wien wurde das Wahlergebnis bejubelt. Wie die Polizei mitteilte, nahmen am Sonntagabend 250 Autofahrer an einem spontanen Autokorso auf dem Heldenplatz teil, der von den Polizisten bis zum Reumannplatz (Wien-Favoriten) begleitet wurde.

Der Erdogan nahestehende Chef des Forschungsinstituts Tesev, Can Paker, sagte, die Reaktion des Ministerpräsidenten werde nun auf jeden Fall kommen. “Er wird in der Polizei und in der Justiz gründlich aufräumen”, sagte er. Seit Bekanntwerden des Korruptionsskandals im Vorjahr sind bereits zahlreiche Beamte, Staatsanwälte und Richter strafversetzt worden.

Erdogans Gegner haben das Internet in den vergangenen Monaten verstärkt für Enthüllungen und die Veröffentlichung abgehörter Gespräche genutzt. Der Regierungschef sperrte darauf den Kurznachrichtendienst Twitter und die Videoplattform Youtube.

Die Kommunalwahlen waren ein Stimmungstest für Erdogan, der sich im August nach mehr als zehn Jahren an der Regierungsspitze zum Staatspräsidenten wählen lassen will. In der Türkei wird aber auch spekuliert, Erdogan könne mit vorgezogenen Parlamentswahlen seine Macht zementieren. Bei der Parlamentswahl im Juni 2011 hatte die AKP fast 50 Prozent der Stimmen erhalten. Bei den Kommunalwahlen 2009 waren es landesweit knapp 39 Prozent gewesen.

In Wien fand am Sonntagabend nach Bekanntwerden ersten Ergebnisse der türkischen Kommunalwahlen ein spontaner Autokorso statt. Etwa 250 Autofahrer versammelten sich am Heldenplatz, teilte die Wiener Polizei am Montagvormittag mit.

Polizisten hätten den Kundgebungszug bis zum Reumannplatz (Wien-Favoriten) begleitet. Dadurch hätten größere Verkehrsbeeinträchtigungen verhindert werden können.

Die islamische Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte bei den Kommunalwahlen am gestrigen Sonntag entgegen den Erwartungen vieler Beobachter besser abgeschnitten als vor fünf Jahren. Erdogan steht seit einem Jahr unter massivem innenpolitischen Druck, auf den er mit umstrittenen Maßnahmen gegen Kritikern reagiert – wie etwa der Sperre des sozialen Netzwerks Twitter in der Vorwoche.

Nach dem sozialen Netzwerk Twitter und dem Videoportal Youtube nimmt Erdogan bei seinen Internetsperren nun offenbar auch die Suchmaschine Google ins Visier. Der US-Konzern erhielt nach eigenen Angaben mehrere Hinweise, dass die Regierung in Ankara die Website-Anfragen von türkischen Google-Nutzern umleitet.

Die “Mehrheit” der türkischen Internetanbieter hätten dazu sogenannte DNS-Server manipuliert, schrieb Google-Ingenieur Steven Carstensen am Wochenende auf dem Firmenblog. Das Domain Name System (DNS) ist einer der wichtigsten Standards im Internet und sorgt dafür, dass Nutzer bei der Eingabe von Internetadressen auf die richtige Seite geleitet werden. Im Prinzip funktionieren die DNS-Server wie ein Telefonbuch des Internets. Auf Druck Ankaras sollen die türkischen Anbieter nun Adressverzeichnisse verwenden, die sich als DNS-Server von Google ausgeben.

“Stellen Sie sich vor, dass jemand Ihr Telefonbuch durch ein anderes ersetzt, das genau so aussieht wie zuvor, außer das einige Einträge die falschen Nummern anzeigen”, schrieb Carstensen. Die Regierung kann damit den Zugriff von Nutzern auf unliebsame Internetseiten blockieren. Über Twitter und Youtube waren in der Türkei Korruptionsvorwürfe gegen Erdogans Regierung verbreitet worden.

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