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Russland: Zwei Flugzeuge abgestürzt

Beim dem fast zeitgleichen Absturz zweier Passagier-Flugzeuge in Russland sind am Dienstagabend alle 89 Insassen ums Leben gekommen. Die Tupolew-Maschinen waren kurz nacheinander vom selben Moskauer Flughafen (Domodedowo) aus gestartet.

Über die Unfallursachen herrschte Unklarheit. Die Behörden schlossen einen terroristischen Akt wenige Tage vor der Präsidentenwahl in Tschetschenien nicht aus. Der Inlandsgeheimdienst FSB fand zunächst aber keine Hinweise auf einen solchen. Ausländer waren nach offiziellen Angaben nicht an Bord.

Die russischen Nachrichtenagenturen Ria Nowosti und Interfax vermeldeten, eine der Maschinen, eine TU 154, habe ein Notsignal ausgesendet. Dieses interpretierten die Experten allerdings unterschiedlich. Oleg Jermolow, der Vizedirektor des Zwischenstaatlichen Luftfahrtausschusses, sagte, das Signal deute lediglich auf eine „gefährliche Situation an Bord“ hin. Dabei könne es sich um eine Entführung oder ein gravierendes technisches Problem handeln. Die Fluggesellschaft Sibir, für die die TU 154 flog, erklärte hingegen, das russische Luftfahrtkontrollzentrum habe in der Nacht eine Entführungsmeldung von dem Flugzeug erhalten. „Die Nachricht wurde gesendet, kurz bevor der Kontakt mit dem Flugzeug verloren ging und es vom Radarschirm verschwand“, teilte Sibir mit. Ein solches Signal wird ausgesendet, wenn der Pilot einen versteckten Knopf im Cockpit drückt.

Das Wrack der TU 154, die auf dem Weg nach Sotschi am Schwarze Meer war, wurde am Mittwoch in der Früh nahe der südrussischen Stadt Rostow am Don gefunden. Die andere Maschine, eine TU 134, stürzte nahe der Stadt Tula südlich von Moskau ab. Augenzeugen berichteten von einer Explosion der TU 134 vor dem Sinkflug. Sie war auf dem Weg von Moskau nach Wolgograd und flog für die Fluggesellschaft Wolga-Aviaexpress. „Gegen 23.00 Uhr (Ortszeit, 21.00 Uhr MESZ), plus/minus fünf Minuten, gab es dieses seltsame Geräusch am Himmel, dann fiel dieses zerfetzte Buch herunter“, sagte ein Bewohner aus der Gegend des Absturzortes dem Sender NTW, während er ein zerfleddertes Buch in den Händen hielt.

Nach Angaben des russischen Geheimdienstes FSB gibt es bisher allerdings keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund. „Die Untersuchung der Flugzeugtrümmer wies keine Merkmale eines Terroraktes oder einer Explosion auf“, sagte FSB-Sprecher Sergej Ignattschenko. Der Geheimdienst untersuche auch, ob technisches Versagen, schlechte Treibstoffqualität, ein falsches Auftanken der Maschinen oder ein Pilotenfehler zum Absturz der Maschinen geführt haben könnten. Putin selbst, der gerade am Schwarzen Meer urlaub, hatte den FSB beauftragt, die Vorfälle zu untersuchen. Die Justizbehörden nahmen ebenfalls Ermittlungen auf. Die Flugschreiber beider Maschinen wurden nach Moskau geschickt.

Ein Sprecher des Flughafens Wolgograd schloss ein Versagen des Piloten aus. Selbst in den schlimmsten Fällen, etwa dem Ausbruch von Feuer oder dem Verlust der Kontrolle über die Maschine, hätte die Besatzung die Gelegenheit, eine kurze Information an das Bodenpersonal zu senden, sagte er einem russischen Fernsehsender. In Luftfahrtkreisen hieß es außerdem, die Tatsache, dass beide Flugzeuge von demselben Flughafen in Moskau starteten und etwa zur selben Zeit von den Radarschirmen verschwanden, könnte bedeuten, dass es eine „geplante Aktion“ gewesen sei, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax. „In einer derartigen Situation könnte keiner einen Terrorakt ausschließen“, hieß es. An allen Flughäfen des Landes wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

In der Kaukasus-Republik wird am Sonntag ein Nachfolger des ermordeten Präsidenten Achmad Kadyrow gewählt. Kadyrow war im Mai einem Bombenanschlag zum Opfer gefallen. Separatisten hatten vergangene Woche mehrmals Anschläge angedroht. Russland geht seit rund zehn Jahren in der Kaukasus-Republik gegen Separatisten vor, die eine Abspaltung von der Russischen Föderation anstreben. Ein Sprecher von Rebellenchef Aslan Maschadow wies eine Verwicklung in die Abstürze zurück: „Unsere Regierung hat nichts mit Terroranschlägen zu tun. Unsere Angriff zielen nur auf das Militär“, sagte Farouq Tabulat dem arabischen TV-Sender Al Jazeera.

Chronologie von Anschlägen in Russland

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