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Drei Jahre "U-Express"

Der "U-Express" wurde als Abwehr gegen internationale Gratiszeitungen gegründet - „Kannibalisierungseffekte“ strittig - Styria denkt „derzeit nicht“ an ein Gratisprojekt für Wien.

Das Licht der Welt erblickte der am Mittwoch letztmals erschienene „U-Express“ am 19. März 2001, nur sieben Tage vor den Wiener Wahlen. „Kronen Zeitung“-Chef Hans Dichand wollte möglichen Gratiszeitungsaktivitäten von internationalen Playern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die norwegische Schibsted-Gruppe und der schwedische Metro-Konzern hatten damals heftig am Wiener Markt sondiert.

“Nackte” sorgte für Furore
Keinesfalls aber sollte der „U-Express“ anderen bestehenden Tageszeitungen – und erst recht nicht jenen der Mediaprint – Konkurrenz machen. Eine richtige Vollzeitung wurde denn auch nie aus dem Blatt: So gab es zwar ein Horoskop, aber kein Fernseh-Programm. Die tägliche „Nackte“ oder vielmehr die Bildtexte erhielten indes regelrechten Kultstatus. Die Redakteure und Redakteurinnen der Stadtzeitung „Falter“ waren so fasziniert von der täglichen Dosis erotisierter Kurzprosa, dass sie sich sogar auf die Suche nach der Autorin machten.

Hans Dichand bestritt stets eine mögliche „Kannibalisierung“ der „Kronen Zeitung“ durch „sein“ Gratisblatt, auch, als die „Kronen Zeitung“ in Wien – etwa im 4. Quartal 2001 – deutlich an Auflage verlor. „Selbst wenn es so wäre, haben wir den ’U-Express’ ja gemacht, um Konkurrenz abzuwehren, die es sicher gegeben hätte, wenn wir nicht mit dieser Gratiszeitung herausgekommen wären“, betonte Dichand. Sehr wohl Konkurrenz sah „Kurier“-Chef Peter Rabl: “80 Prozent unserer Verluste passieren in Wien; dort erscheint seit einiger Zeit ein neues Gratisblatt, das unsere Verkäufe nicht gerade fördert“ erklärte er einem Branchenblatt nach Auflagenrückgängen im 3. Quartal 2001.

WAZ wurde mit “U-Express” nicht warm
Die WAZ, 50-Prozent-Eigentümer der „Kronen Zeitung“ und seit geraumer Zeit im Dauerclinch mit Hans Dichand, konnte sich jedenfalls nie so richtig mit dem „U-Express“ anfreunden, hieß es immer wieder in Branchenkreisen. Verluste bei dem Gratisblatt wollte man schon vergangenes Jahr bei einer „Krone“-Gesellschafterversammlung thematisieren. Bereits Ende 2001 machten auch Spekulationen die Runde, wonach die Stadt Wien den „U-Express“ erwerben könnte. Bürgermeister Michael Häupl bezeichnete dies aber kurz und bündig als „eine blödsinnige Idee“.

Es bleibt nach der Einstellung der „U-Express“ die Frage, ob eine andere Gruppe die Lücke füllen will. Die Goldgräberstimmung bei den internationalen Konzernen scheint abgekühlt. Kolportiert werden Überlegungen der Styria Medien AG („Kleine Zeitung“, „Presse“) für ein Gratisblatt. „Solche Überlegungen gibt es in der Styria immer“, meinte dazu Vorstandsvorsitzender Horst Pirker kürzlich auf Anfrage. Allerdings: „An Wien denken wir derzeit nicht.“

Link:
–> U-Express zum letzten Mal unterwegs

Redaktion: Claus Kramsl

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