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Literaturnobelpreis für Jelinek

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Die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek erhält den diesjährigen Literaturnobelpreis. Sie wurde für den "musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen" ausgezeichnet.

Die österreichische Autorin Elfriede Jelinek (57) wurde am Donnerstag mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Seit vielen Jahren gilt sie als eine der prominentesten Stimmen der deutschsprachigen Literatur. Die Österreicherin werde für „den musikalischen Fluss von Stimmen und Gegenstimmen in Romanen und Dramen, die mit einzigartiger sprachlicher Leidenschaft die Absurdität und zwingende Macht der sozialen Klischees enthüllen“, ausgezeichnet, so die Begründung.

Jelinek (57) ist die erste österreichische Nobelpreisträgerin im Bereich Literatur. Mit dem gebürtigen Alt-Österreicher Elias Canetti wurde im Jahr 1981 ein Autor ausgezeichnet, dessen literarische Heimat Wien war. Ihr Werk umfasst alle literarische Gattungen und wurde bereits mit vielen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet. 1998 erhielt sie den renommierten Georg Büchner-Preis, im vergangenen März den Lessing-Preis. Der Nobelpreis ist nun die Krönung eines viel beachteten und auch viel gelesenen Werks.

Bestseller: “Lust” und Die Klavierspielerin”

Ihr Bestseller „Lust“ (1989), die Uraufführungen ihrer Porno-Satire „Raststätte oder Sie machen’s alle“ durch Claus Peymann (1994) und von „Ein Sportstück“ durch Einar Schleef (1998) sowie zuletzt die Verfilmung ihres 1983 erschienenen Romans „Die Klavierspielerin“ durch Michael Haneke fanden weit über die Grenzen des Literatur- und Theaterbetriebs Beachtung.

“wir sind lockvögel, baby” als Romandebut

Sowohl ihr Romandebüt „wir sind Lockvögel, baby“ (1970) als auch die Romane „Die Ausgesperrten“ (1980) und „Die Klavierspielerin“ (1983) begeisterten die Kritiker, stießen jedoch in gleichem Maße auf heftigen Widerstand. In ihrer literarischen Arbeit übt Jelinek immer wieder scharfe Kritik an der Männer- und Klassengesellschaft und setzt sich kritisch mit den Themen Sexualität, Gewalt und Macht auseinander. Aufsehen, Neugier und Widerspruch erregte besonders der Roman „Lust“ (1989). Als ihr „opus magnum“ bezeichnet sie selbst „Die Kinder der Toten“ (1995). Im Jahr 2000 erschien „Gier“, ein vieldeutiger Kriminalroman aus der österreichischen Provinz.

„Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte oder Stützen der Gesellschaft“ war 1979 das erste Theaterstück Elfriede Jelineks. Es folgten „Clara S.“ (1982), „Burgtheater“ (1985), „Krankheit oder Moderne Frauen“ (1987) und „Wolken. Heim“ (1988), eine Montage aus Texten von Hölderlin, Kleist, Fichte, Hegel, Heidegger und Auszügen aus Briefen der RAF-Häftlinge.

Thematisierung von Fremdenfeindlichkeit

Um Fremdenfeindlichkeit, Heimat und Intoleranz gegenüber anderen ging es auch in ihrem szenischen Essay „Totenauberg“ (1992), der ebenso wie „Raststätte oder Sie machen’s alle“ (1994), „Stecken, Stab und Stangl“ (1996) und „Ein Sportstück“ (1998) am Burgtheater uraufgeführt wurde. Ihre Robert-Walser-Hommage „er nicht als er“ wurde 1998 bei den Salzburger Festspielen zu einem Erfolg bei Kritik und Publikum. Der Haider-Monolog „Ein Lebewohl“ kam im Jahr 2000 am BE heraus. 2003 brachten am Akademietheater Nicolas Stemann „Das Werk“, am Burgtheater Christoph Schlingensief „Bambiland“ zur Uraufführung.

BP Fischer gratuliert “sehr herzlich”

Bundespräsident Heinz Fischer, der sich derzeit in Rom aufhält, hat in einer ersten Reaktion Elfriede Jelinek „sehr herzlich“ zur Verleihung des Literaturnobelpreises gratuliert. Damit habe ihr „außergewöhnliches bisheriges literarisches Lebenswerk die höchste Auszeichnung auf dem Gebiet der Literatur bekommen, die weltweit verliehen wird“. Mit der Verleihung des Literaturnobelpreises an Elfriede Jelinek werde auch „die österreichische Literatur insgesamt geehrt. Dieser Preis zeigt den hohen Stellenwert der österreichischen Literatur“, sagte der Bundespräsident.

„Super!“ war die erste Reaktion von Jelineks Schriftstellerkollege Robert Schindel gegenüber der APA: „Ich bin total überrascht, und ich freue mich unglaublich. Ich halte Jelinek für eine glänzende, großartige Schriftstellerin.“ Die Auszeichnung nütze „sicher auch dem regierungskritischen Lager“, meinte Schindel zu den früheren Anfeindungen Jelineks seitens der FPÖ, „aber die FPÖ wird sich nicht beeindrucken lassen, weil sie sich von Literatur nie beeindrucken lässt.“

“Große Überraschung” für Klaus Bachler”

Über eine „große Überraschung“ freute sich auch Burgtheaterdirektor Klaus Bachler. „Kaum je kann man so einer Dichterin gratulieren, aber auch dem Nobelpreiskomitee“, so Bachler. „Es ist eine mutige Entscheidung, angesichts dessen, was Jelinek nicht nur in ihrer Kunst, sondern auch inhaltlich aufgreift, und vor allem eine, die einem Hoffnung macht in unserer Welt.“

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