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Dreigroschenoper feierte Premiere im Volkstheater

Verruchtheit nach Brecht: Die Dreigroschenoper erntete am Freitagaben verdienten Beifall.
Verruchtheit nach Brecht: Die Dreigroschenoper erntete am Freitagaben verdienten Beifall. ©APA
Bertolt Brechts legendäre "Dreigroschenoper" war 2004 zuletzt in der Josefstadt inszeniert worden. Im Volkstheater hat sich Intendant Michael Schottenberg nun an eine durchlüftete, entschlackte und zugleich wohltuend derbe Interpretation des Klassikers gemacht. Bei der Premiere am Freitagabend wurde die Leistung entsprechend bejubelt.
Verrucht: Die Dreigroschenoper im Volkstheater

Der Einstieg in das Gemeinschaftswerk von Brecht und Kurt Weill, das Moritat von Mackie Messer, lässt zunächst noch Böses vermuten, setzt der Moritatensänger (Patrick Lammer) mit Musicalstimme doch leider auf eine recht harmlose Interpretation des legendären Lieds. Was folgt ist jedoch ein abgründig-humoriges Spiel der Verlorenen und Abseitigen. Katharina Straßer verführt als lasziv-derbe Polly das Publikum und behauptet sich als Birgit Minichmayer-Wiedergängerin im Gangstermilieu.

Einzig beim Gesang hat Straßer teils mit den Höhen zu kämpfen, in denen sie bisweilen klingt, als habe sie Helium eingeatmet.

Dreigroschenoper: Derb, berührend, ungewöhnlich

In aller kalten Härte beeindrucken Herr und Frau Peachum (Patrick O. Beck und Susa Meyer), die darüber hinaus auch den richtigen Weill-Duktus für ihre Lieder finden. Und für den vermutlich berührendsten Moment des Abends sorgte Schottenberg-Gattin Maria Bill als alte Puffmutter Jenny mit ihrer abgrundtiefen Interpretation des Salomon-Songs. Das Element der Inszenierung ist leider die Rollengestaltung von Mackie Messer (Marcello de Nardo), der als Billy-Idol-Verschnitt durch Londons Unterwelt hurt, ohne für diese herausgehobene Position das entsprechende Charisma aufbauen zu können. Weshalb sich die betörend schönen Nackten im Bordell so unwiderstehlich vom Blondierten fortgeschrittenen Alters angezogen fühlen, bleibt etwas schleierhaft.

Und so kristallisierten sich als herausragende Akteure des Abends die Musiker heraus. Deren Leiter Imre Lichtenberger-Bozoki führte die Combo mit straffem Zug durch die Weill’sche Partitur, zugleich stellenweise Raum für kleinere Improvisationen abseits des Bekannten erlaubend.

Für die Geschichte des Gangsterkönigs, der schließlich von allen Getreuen gemäß dem Motto “Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral” verraten wird, hat Hans Kudlich ein Einheitsbühnenbild geschaffen, dass an Anna Viebrocks Nichträume für Christoph Marthaler denken lässt: Hellholzbanalität in Kombination mit verschiedenen Auftrittsmöglichkeiten dank mehrerer Türen.

Mit kleinen Accessoires samt plakativem Übertitel gelingt Kudlich mühelos der Schauplatzwechsel zwischen Pferdestall und Gefängnis, Bettlergarderobe und Hurenhaus. Eine Hellholzhölle zeit- und ortlosen Grauens.

“Die Dreigroschenoper” von Bertolt Brecht und Kurt Weill: Vorstellungstermine und Informationen HIER.

(APA)

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