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Die sechs besten Horrorfilme der letzten sechs Jahre

Spannung pur im österreichischen "Ich seh Ich seh"
Spannung pur im österreichischen "Ich seh Ich seh" ©Stadtkino Filmverleih
Horrorfilme haben immer Hochsaison: Gänsehaut, Spannung, Schock und auch Ekel lassen sich in diesem Genre vergleichsweise einfach herstellen und auch das Publikum kann damit leichter in den Bann gezogen werden. Das Horror aber nicht gleich Horror ist und gewaltige Unterschiede bei den Filmen in Sachen Qualität (sprich: Schauspieler, Drehbuch, etc.) vorhanden sind, ist auch kein Geheimnis.

Grund genug also, einen genaueren Blick auf die letzten Jahre zu werfen, sich die besten, effektivsten sowie kreativsten Filme des Genres nochmal anzusehen und in einer kleinen Zusammenstellung Revue passieren zu lassen. Besonderer Fokus liegt dabei vor allem auf Werke, die keine plumpen Schocker der Marke “Torture Porn” sind (also das “Folter-Porno”-Subgenre mit Filmen wie “Hostel” und dergleichen), sondern mit eigenwilligem Stil und Ausdruck sowie verstärkt psychologischem Horror punkten wollen.

“Ich Seh Ich Seh”

Stadtkino Filmverleih
Stadtkino Filmverleih ©Stadtkino Filmverleih

Immer wieder schön zu sehen, dass die österreichische Filmlandschaft mit steter Regelmäßigkeit überragende Werke hervorbringt, die auch internationale Beachtung erlangen. So etwa auch “Ich seh ich seh” vom Regieduo Severin Fiala und Veronika Franz: Beim heimischen Kinostart sträflichst vernachlässigt, konnte der Film vor allem als österreichischer Anwärter für den Auslandsoscar verstärkt Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Zuvor konnte der international auch als “Goodbye Mommy” bekannte Schocker mehr als ein Dutzend Filmpreise abräumen, die internationalen Kritiken geizten auch nicht mit Lobpreisungen.

Zurecht: Mit einer beklemmenden Atmosphäre ausgestattet vermag die Rahmenhandlung rund um ein Zwillingsbrüderpaar und ihre scheinbar entfremdete Mutter gleichermaßen viele Fragen wie falsche Fährten aufzuwerfen, die den Zuseher dabei gekonnt in das Geschehen einbetten. “Ich seh ich seh” nimmt sich viel Zeit, um die Erzählung in Gang zu setzen: Lange Einstellungen etablieren die Szenerie, minimalistische Dialogpassagen und emotional gestörte Charaktere lassen die Hirne der Zuseher in Hinsicht auf ihre eigene Interpretation kräftig arbeiten. Dieses langsame Voranschreiten unterstützt dann auch den dargestellten psychologischen Verfall der Filmfiguren, ein Mitleiden kann in jedem Fall kaum ausgeschlossen werden.

“A Girl Walks Home Alone At Night”

Lyle Vincent/Sundance/Thimfilm
Lyle Vincent/Sundance/Thimfilm ©Lyle Vincent/Sundance/Thimfilm

Es muss nicht immer ein blutiges Gemetzel werden, wenn sich Filmemacher der Vampirthematik annehmen. Das hat jüngst schon Jim Jarmusch mit seinem imposant besetzten, aber recht inhaltsleeren “Only Lovers Left Alive” sowie Regieduo Jemaine Clement und Taika Waititi in der Satire “5 Zimmer Küche Sarg”(besser im Originaltitel: “What We Do in the Shadows”) verstanden. Eine gewaltige Draufgabe hinsichtlich kreativer Gestaltung stellt dabei “A Girl Walks Home Alone at Night” dar: In einducksvoller Schwarz-Weiß-Optik wird hier nämlich ein iranischer Vampir-Western präsentiert, der nicht ungewöhnlicher und kaum mehr Indie sein könnte.

Das beginnt bei der halb-iranischen Regisseurin Ana Lily Amirpour, die ihr Werk beim Sundance Filmfestival unterbringen konnte, geht über die erwähnte stilvolle Präsentation hin zur minimalistischen, sich nicht in Genre-Konventionen einordnen lassende Handlung. Worum es geht? Das titelgebende Mädchen wandert zwar allein nach Hause, als Vampir bevorzugt sie dabei natürlich die Nacht – und oft auch ein Skateboard. Eine folgenreiche Bekanntschaft und ein Slow-Dance zu einem Lied der White Lies später entwickelt sich dann doch eine Romanze mit einem jungen Wilden, die das Leben beider stark beeinträchtigen wird. Muss man einfach gesehen haben.

“Der Babadook”

Thimfilm
Thimfilm ©Thimfilm

Eine falsche Fährte für den Zuseher legen und ihn dann bei jedem Schritt nicht nur zu überraschen, sondern ihn dabei auch noch zu schockieren ist eine beliebte Variante für psychologischen Horror. Als einer der besten Vertreter dieser Zunft darf wohl ohne Zweifel “Der Babadook” genannt werden, der wie auch “A Girl Walks Home Alone At Night” erst mit seinem Auftreten am Sundance Filmfestival große Aufmerksamkeit und infolgedessen Begeisterung hervorrufen konnte. Auf den ersten Blick erweist sich der Film als absolut banal und stereotyp: Ein Monster malträtiert eine Familie auf einprägsame Art und Weise, ob und wie das Biest zu erledigen ist steht offen. Soweit, so langweilig.

“Der Babadook” erweist sich aber mit zunehmender Spieldauer als psychologisches Profil einer jungen Mutter, die ihre eigenen Grenzen zu überschreiten droht. Überfordert mit ihrem hyperaktiven und dabei schräg agierenden Sohn, persönlich schwer in Mitleidenschaft gezogen durch den Verlust ihres Ehemannes, sozial ausgegrenzt und isoliert wird hier eine Frau am Rande des Abgrunds gezeigt, die dann auch noch mit Übernatürlichem zu kämpfen hat. Man könnte glauben, das es sich bei “Der Babadook” eher um eine psychologische Studie handelt, deren Fokus auf Misstrauen, Verzweiflung und emotionale Instabilität liegt, dennoch oder gerade deswegen ist der Horror im Film so effektiv und schockierend.

“It Follows”

Weltkino Filmverleih/Universum Film
Weltkino Filmverleih/Universum Film ©Weltkino Filmverleih/Universum Film

Die Vorstadt von Detroit, Michigan ist Dreh- und Handlungsort von David Robert Mitchells Low-Budget Indie-Hit “It Follows”. Darin arbeitet der Regisseur seine in der Jugend immer wiederkehrende Angst auf, verfolgt zu werden – zumindest in groben Zügen. Damit ist auch erstmals der Titel erklärt, in Sachen Handlung gibt sich der Film dann doch mehrdeutiger als man vielleicht annehmen würde. Eine junge Frau wird darin nach einem sexuellen Akt mit ihrem Freund von diesem betäubt und vor vollendete Tatsachen gestellt: Sie wird nun von einem enigmatische Wesen verfolgt, unerbittlich, langsam und ständig die Gestalt wechselnd. Nur durch einen weiteren sexuellen Akt mit einer anderen Person kann dieses undefinierte Wesen weitergeleitet werden.

Das in eine Erzählung dieser Art natürlich mehrere unterschiedliche Lesarten möglich sind liegt auf der Hand. So kann man etwa das Wesen als Symbol für den HI-Virus sehen oder für die sexuelle Revolution an sich. Wie auch immer die Eigeninterpretation ausfällt: “It Follows” vermag auch abseits der Handlung mit vielen großartigen Elementen zu begeistern. So sind die großteils unbekannten Jungdarsteller allesamt talentiert und in ihren jeweiligen Rollen überzeugend, auch die visuelle Komposition von Mike Gioulakis, der hier vorwiegend mit Weitwinkel-Objektiven arbeitet, unterstreicht die schräg anmutende und spannungsgeladene Atmosphäre enorm. Besonders hervorstellend und heimlicher Star von “It Follows” ist aber definitiv die musikalische Untermalung von Richard “Disasterpeace” Vreeland, der sich vor allem in der Videospielszene mit seinen elektronischen Soundtracks zu “Shoot Many Robots” und “Fez” als eindrucksvolles Talent hervorbringen konnte. Sein Soundtrack zu “It Follows” vermag die Angst und nervenzerfetzende Spannung perfekt zum Ausdruck zu bringen (hier kann man reinhören).

“Under The Skin”

Senator Home Entertainment/Universum Film
Senator Home Entertainment/Universum Film ©Senator Home Entertainment/Universum Film

Eigentlich sehr überraschend, das “Under The Skin” keine großen Wellen geschlagen hat: Immerhin entblößt sich hier eine Schauspielgröße komplett vor der Kamera, was normalerweise medialen Rummel recht schnell anzieht. Das mag beim neuesten Film von Regisseur Jonathan Glazer jedoch Glück und Pech gleichermaßen zu sein: Glück deswegen, weil eine nackte Scarlett Johansson damit nicht das wortwörtliche Hauptaugenmerk von “Under The Skin” geworden ist und das Werk nicht darauf reduziert wurde; Pech in gewisser Weise, da der Film durchaus mehr Aufsehen erregend hätte können.

Eigentlich ist der beste Zugang zu “Under The Skin” ein komplett unbefangener – je weniger man über den Film weiß, desto weniger Erwartungen werden geschürt und die Überraschung angesichts der Handlung, Schauspieler und der Präsentation bleibt damit erhalten. Soviel soll jedoch im Vorfeld verraten werden: Horror kann wohl kaum subtiler vermittelt werden als dies Glazer in diesem grandiosen Werk schafft. Eine bedrohliche Atmosphäre, die von Mica Levis Soundtrack in unbegreifbare Ebenen getragen wird, vermag dabei genauso zu begeistern wie die Ideal-Besetzung in Form von Scarlett Johansson, die hier eine Performance abliefert, die man schon seit einiger Zeit kaum mehr von ihr sehen konnte. Absolute Empfehlung – wie übrigens auch das restliche Schaffen von Jonathan Glazer mit “Birth” und “Sexy Beast”.

“The Witch”

Universal Pictures
Universal Pictures ©Universal Pictures

Der letzte Eintrag in der Liste stellt zugleich auch die neueste Veröffentlichung dar: “The Witch” (im Original etwas verschroben: “The VVitch: A New-England Folktale”) des Spielfilmdebütanten Robert Eggers. Was der US-amerikanische Regisseur mit diesem Film zustande gebracht hat, zollt Respekt: Eine gleichermaßen düstere wie spannende Erzählung wurde hier in ein historisch akkurates Szenenbild eingebetten, bei dem wohl auch den Perfektionisten unter den Filmemachern der Atem stocken dürfte. Logisch dann auch, dass Eggers zuvor als Production- und Kostüm-Designer bei mehreren Werken gearbeitet hat.

Mit einem Budget von rund einer Million Dollar scheint es unvorstellbar, einen Film wie “The Witch” heutzutage überhaupt drehen zu können: Vom Talent der gesamten Besetzung, der historischen Ausstattung hin zu den komplexen Dreharbeiten (offenbar wurde vorwiegend mit natürlichem Licht gedreht, siehe auch dazu etwa auch “The Revenant”) erscheint “The Witch” weitaus aufwendiger als vermutet. Und die komplexe, von Angst und Schrecken durchsetzte Handlung rund um die merkwürdigen Vorgänge innerhalb einer Gottes-fürchtigen Siedlerfamilie mitten in der Einöde von New England im 17. Jahrhundert tut natürlich ihr übrigens, um die Spannung an die Spitze zu treiben.

(Red.)

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