Sieben rechtskräftige Anklagen der Staatsanwaltschaft Wien wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, grenzüberschreitenden Prostitutionshandels und Zuhälterei liegen derzeit vor. Die bulgarische Justiz hatte in dieser Causa mit der heimischen Strafverfolgungsbehörde kooperiert und einige Beschuldigte, die vor allem von einer gerichtlich genehmigten Telefonüberwachung (TÜ) belastet werden, gegen die Zusicherung ausgeliefert, dass diese im Fall einer Verurteilung ihre Strafen in ihrer Heimat verbüßen können.
Bulgarische Menschenhändler vor Gericht
Über ein halbes Jahr hörte die Polizei die internen Telefonate der Gruppierung mit an, die den Straßenstrich an mehreren bekannten Wiener Hotspots dominiert haben dürfte. Im Frühsommer 2013 kam es dann zu den ersten Festnahmen.
Die erste Verhandlung in dieser Sache betraf nun einen 39-jährigen Mann, der seine Lebensgefährtin nach Wien geschafft hatte. Diese war schon in Bulgarien als Sex-Arbeiterin tätig gewesen. In Österreich habe man sich ein besseres Einkommen erwartet, erklärte der Angeklagte dem Schöffensenat.
Lebensgefährtin ging anschaffen
Die Frau verdiente im Prater 50 bis 200 Euro pro Tag, die sie zu Hause ablieferte. Der 39-Jährige ging abgesehen von seiner Zuhälter-Tätigkeit keiner Beschäftigung nach. “Ich habe gekocht für sie und sie begleitet”, umschrieb er seine Funktion. Seine Freundin sei “jeden Abend anschaffen” gegangen: “Am Sonntag war Ruhetag.” Bei “Problemen mit Kunden” sei er auf den Plan getreten.
Diese verharmlosende Darstellung deckte sich nicht mit den Ergebnissen der TÜ. Aus dieser ging hervor, dass sich der 39-Jährige regelmäßig mit anderen Bandenmitgliedern traf bzw. telefonisch besprach und an einer “Überwachung” seiner Freundin interessiert war. Anfang Juni 2013 “verkaufte” er diese schließlich um 2.200 Euro einem anderen Zuhälter.
Drei Jahre Haft für Zuhälter
Obwohl Verteidiger Helge Doczekal betonte, die Frau sei nicht zur Prostitution gezwungen worden und habe sich von ihren Einkünften in Bulgarien ein Häuschen kaufen können, setzte es für den 39-Jährigen mit drei Jahren unbedingter Haft ein bemerkenswert hartes Urteil.
Richter Nachtlberger räumte zwar ein, der Mann habe bandenintern keine führende Rolle gespielt, seine Freundin aber zweifellos ausgebeutet und ihre Zwangslage ausgenützt: “Kein Mensch kann mir erzählen, dass man im Winter bei minus zehn Grad freiwillig im Prater herumsteht und anschaffen geht. Die Frau ist wie eine Sklavin behandelt worden”, so der Richter. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Banden-Chefs: Prozess wegen Mädchenhandel
Shtiliyan A. und seine Lebensgefährtin Asya R., die als Köpfe der Organisation gelten, warten in der Justizanstalt Wien-Josefstadt auf ihren bevorstehenden Prozess. Laut Anklage sollen sie die Anwerbung zahlreicher junger Frauen und ihre Verbringung nach Österreich organisiert und im weiteren Verlauf einen regelrechten Handel mit den Mädchen aufgezogen haben.
(APA/Red)