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Aus dem Nichts - Trailer und Kritik zum Film

Dem Regiestar Fatih Akin ist mit "Aus dem Nichts" ein Film zur Zeit gelungen, ohne sich in platter Tagesaktualität zu ergehen: Mit seiner fiktiven Geschichte um Rache und Gerechtigkeit liefert er das erste große Filmwerk zu den Gräueltaten des NSU in Deutschland ab. Nicht zuletzt ist "Aus dem Nichts" jedoch ein beeindruckendes Solo der dafür in Cannes geehrten Diane Kruger.

Kruger wurde für ihre Darstellung der Hamburgerin Katja, ihrer ersten ausschließlich deutschsprachigen Rolle, bei den Festspielen an der Cote d’Azur mit der Palme als beste Darstellerin geehrt – und das vollkommen zu Recht. Die 41-jährige Hollywoodschauspielerin, die aus Niedersachsen stammt und mit Blockbustern wie “Troja” oder “Inglourious Basterds” bekannt wurde, stellt unter der Ägide von Akin eine selbstbewusste, unkonventionelle und dabei ganz heutige Frau dar.

Aus dem Nichts – Die Handlung

Katja hat sich alles erkämpfen müssen – und ist nun umso glücklicher mit dem Leben, das sie sich mit ihrem Mann, dem Ex-Dealer Nuri (Numan Acar), ihrem kleinen Sohn Rocco (Rafael Santana) und einem Reisebüro im türkischen Viertel von Hamburg aufgebaut hat. Als sich die Jungmutter jedoch einen Tag Auszeit mit ihrer Schwester gönnt, steht sie bei der Rückkehr vor den rauchenden Trümmern ihrer Existenz. Geblieben sind nach einem Bombenanschlag nur die rauchende Ruine des Geschäfts und die Leichenteile von Nuri und Rocco.

Für die Polizei ist die Richtung der Ermittlung schnell klar, die auf einen Racheakt im Unterweltmilieu zielt. Katja ist sich hingegen bald sicher, dass Neonazis hinter dem Anschlag stecken. Mit verzweifelter Energie kämpft sie für den Ruf ihrer Familie und kann letztendlich tatsächlich als Nebenklägerin gegen ein junges deutsches Paar (Hanna Hilsdorf und Ulrich Brandhoff) vor Gericht auftreten. Die Justiz arbeitet jedoch ebenso langsam wie ineffektiv – und Katja sieht sich schließlich mit der Frage nach Gerechtigkeit und Rache konfrontiert, als die beiden Neonazis tatsächlich freigesprochen werden.

Aus dem Nichts – Die Kritik

Akin kehrt mit “Aus dem Nichts” wieder zum nüchternen Realismus seines Frühwerks “Gegen die Wand” zurück, bleibt mit der Handkamera nah am Geschehen, schneidet auch bei schier unaushaltbaren Szenen nicht frühzeitig, verzichtet praktisch gänzlich auf Musik. Er lässt dem Schmerz Raum, dem Zweifel und den Vorwürfen, mit denen sich Katja als Hinterbliebene konfrontiert sieht. Der Regisseur, der mit Hark Bohm zusammen auch das Drehbuch verfasste, erspart dem Zuschauer weder die Demütigungen durch die Ermittler noch die genaue Schilderung der Verletzung vor Gericht.

Diese Unmittelbarkeit erreicht der Filmemacher nicht zuletzt dank stimmiger Charaktere auch abseits der alles dominierenden Hauptfigur. Dies reicht von den nach dem Attentat in ihrer Art unbeholfenen Polizisten über Denis Moschitto als engagiertem Anwalt bis hin zum Burgtheater-Ensemblemitglied Johannes Krisch als skrupelloser Verteidiger der Attentäter.

Diesen auf Recherchen beim echten NSU-Prozess beruhenden Realismus konterkarieren Akin und sein Stammkameramann Rainer Klausmann durch eingeflochtene poetische Bilder, wenn sich etwa der Himmel zum Meer wandelt und durch eine Unterteilung des Narrationsflusses in drei Kapitel. Diese werden jeweils von vermeintlichen Privatvideos vor dem Anschlag eingeleitet und sind mit “Familie”, “Gerechtigkeit” sowie “Das Meer” betitelt. In letzten der drei Kapitel wandelt sich das Porträt einer verzweifelten Frau schließlich zum Rachethriller, ohne dabei die psychologische Tiefenschau auf seine Figur zu verlassen.

Er sei von der Arbeit Diane Krugers vor der Kamera völlig überrascht worden, habe er sie doch zuvor nur als Hollywoodschönheit gekannt, gestand Kameramann Klausmann am Rande des Filmfestivals von Bitola im Rückblick auf die gemeinsame Arbeit. Und doch sei er skeptisch, dass selbst so engagierte Filmemacher wie Fatih Akin und Werke wie “Aus dem Nichts” die Welt ändern könnten: “Sehen Sie sich den Zustand der Welt an – und es gab schon viele tolle Filme.”

>> Alle Filmstartzeiten zu “Aus dem Nichts”

(APA)

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