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Armenier in Wien gedachten am Donnerstag des Genozids vor 99 Jahren

Weltweit gab es am Donnerstag Gedenkfeiern - auch in Wien.
Weltweit gab es am Donnerstag Gedenkfeiern - auch in Wien. ©APA (Symbolbild)
Am Donnerstagabend hat die armenische Gemeinde in Österreich in der Feierstunde in Wien des Völkermordes an ihren Landsleuten in der Türkei vor 99 Jahren gedacht. Die Anerkennung des Genozids durch die Europäer wird gefordert.

Gerade für Menschen, die in der Diaspora leben wie viele Armenier, sei die Identitätsfrage besonders wichtig, führte Neisser aus. Eine Anerkennung dieses Völkermordes wäre eine Anerkennung von Fakten. Die oft beschworene europäische Identität sei nur dann möglich, wenn es einen Konsens hinsichtlich der Geschichte in Europa gibt. Im Übrigen wäre es “ein fataler Irrtum”, zu glauben, dass es keinen Genozid mehr geben könne. Völkermorde der jüngeren Zeit wie in Afrika hätten dies gezeigt.

Völkermord in Europa nicht anerkannt

 Univ.-Prof.Heinrich Neisser forderte die Anerkennung des Genozids durch die Europäer. Für die EU, die für die Einhaltung der Menschenrechte eintritt, wäre die Anerkennung “eine Testfrage”, so der frühere Zweite Nationalratspräsident (ÖVP).

Zur Beileidsbekundung des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan aus Anlass des aktuellen Gedenkens an den Beginn der Massaker von 1915 meinte Neisser, noch könne man nicht sagen, ob dies politische Taktik oder eine Chance bedeute. Das Verhalten der Politik von damals bewertete der Politikwissenschafter als “unglaublichen Zynismus”, zumal warnende Berichte von Diplomaten vorlagen. “Der Kampf um Menschenrechte wurde politischem Kalkül geopfert.” Erst 1948 sei mit der UNO-Völkermord-Resolution die Möglichkeit einer Einrichtung spezieller Gerichte geschaffen worden.

“Der erste Genozid des 20. Jahrhunderts”

Der Botschafter der Republik Armenien, Arman Kirakossian, erhob kritische Töne gegen die Türkei. “Das war der erste Genozid des 20. Jahrhunderts”, dem weitere folgten, vom Holocaust bis Kambodscha, Ruanda und Sudan. “Seit fast hundert Jahren warten wir auf die Anerkennung durch das Nachfolgeland (der Osmanen, Anm.) Türkei”. Ankara habe die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Eriwan verweigert und halte die Grenzen geschlossen. Die Türkei behindere so die regionale Integration in der Kaukasus-Region. Versöhnung setze politisches Engagement voraus.

Aktuell tausende Armenier auf der Flucht

Als “ein bis heute ungesühntes Unrecht” und “ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit” bezeichnete SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach den Völkermord an den Armeniern. Damals sei es um die gezielte Vernichtung eines Volkes gegangen. Schennach erinnerte an die tausenden armenischen Familien, die wegen des gegenwärtigen Syrien-Kriegs auf der Flucht sind. Armenien und dem Libanon sei zu danken, dass zehntausende Armenier sowie andere Christen und Kurden, die in Syrien den Islamisten ausgeliefert waren, in diesen Ländern Zuflucht fanden.

Forderung an das österreichische Parlament

Auch das österreichische Parlament sollte sich zu einer Erklärung in Anerkennung des Völkermordes an den Armeniern aufraffen, erklärte der Zweite Wiener Landtagspräsident Johann Herzog (FPÖ). In anderen Staaten Europas wie Frankreich seien Beschlüsse gefasst worden. “Auch die Türkei wird sich nicht von ihrer Verantwortung drücken können.” Ein moderner Staat müsse sich seiner Verantwortung bewusst sein, sagte auch Senol Akkilic von den Wiener Grünen. Als gebürtiger Kurde aus der Türkei wisse er, dass diese Geschichte dort nicht aufgearbeitet wurde. “Die armenische Geschichte ist in der Türkei mit Füßen getreten worden.” (APA)

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