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Albertina zeigt Kunst aus Gazprombank-Sammlung

Albertina zeigt Kunst aus Gazprombank-Sammlung
Albertina zeigt Kunst aus Gazprombank-Sammlung ©VIENNA.AT
"Dreaming Russia": Unter dem Vollmond lässt es sich offenbar ruhiger träumen als in Gesellschaft einer Mondsichel. Während Leonid Tishkovs witzig-melancholische Fotos seiner "Private Moon"-Serie nur noch auf und in dem Katalog der Ausstellung "Dreaming Russia.

Works from the Gazprombank Collection” zu bewundern sind, läuft Sergey Bratkovs “Vollmond”-Videoinstallation in aller Ruhe in der Albertina – trotz der Aufregungen um die Bohrungen der Gazprom in der Arktis, die Tishkov zum Rückzug seiner Werke und Greenpeace-Aktivisten bei der heutigen Presseführung zum Verteilen von Flugzetteln veranlasste.

“Dreaming Russia” in der Wiener Albertina

30 Umweltschützer aus 18 Ländern hatten am 18. September versucht, eine Bohrinsel des russischen Gazprom-Konzerns in der Arktis zu entern, um auf Umweltrisiken durch die Gas- und Ölförderung in dem Gebiet aufmerksam zu machen. Ihr Schiff wurde jedoch von der russischen Küstenwache aufgebracht. Die wegen “bandenmäßiger Piraterie” angeklagten Aktivisten sitzen seither in Untersuchungshaft. Bei einer Verurteilung drohen ihnen bis zu 15 Jahre Gefängnis. Er teile mit Tishkov (“einer meiner Lieblingskünstler”) “viele seiner Ängste” und wünsche sich wie die meisten Menschen “ein transparentes, faires und kurzes Verfahren” für die Umweltschützer, sagte Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder heute.

Die von der Gazprombank finanzierte Ausstellung, bei der erstmals größere Sammlungsbestände der größten russischen Unternehmenssammlung zeitgenössischer Kunst zu sehen sind, sei jedoch nur “ein Baustein im Zuge vieler Bausteine” einer stärkeren Zusammenarbeit der Albertina mit russischen Sammlern und Institutionen. Neben der am Dienstag eröffneten Ausstellung “Expressionistische Meisterwerke aus der Albertina Sammlung Batliner” in der Eremitage nannte Schröder geplante Ausstellungen im Puschkin Museum von Moskau und im Russischen Museum von St. Petersburg sowie eine im Gegenzug in der Albertina für Herbst 2015 beabsichtigte Schau zur russischen Avantgarde aus den Beständen des Russischen Museums.

Russische Träume in Wien

Die von Albertina-Kuratorin Elsy Lahner aus der 2011 gegründeten Gazprombank-Sammlung ausgewählten 14 Positionen (von denen nach Tishkovs Rückzug nun 13 Künstler mit 26 Arbeiten zu sehen sind) brauchen sich jedenfalls nicht zu verstecken – im Gegenteil. Die gezeigten russischen Träume oszillieren zwischen Wunsch- und Albtraum, beziehen fast immer auf subtile Weise Stellung, beweisen Witz und Haltung, ohne platt zu werden.

Zum stimmungsvollen “Vollmond”-Video etwa spricht Sergey Bratkov einen Text, in dem der schnöde Mammon hemmungslos angehimmelt wird (kulminierend in: “Geld ist die Unsterblichkeit.”) und nimmt damit gleichzeitig ein altes russisches Märchenmotiv auf und den auf Russland übergegriffenen Turbokapitalismus aufs Korn. Die 1987 in St. Petersburg geborene und heute in New York lebende Künstlerin Daria Irincheeva hat für ihre 87-teilige Installation “Leeres Wissen” russische Bücher nachgemalt und die in jeder Hinsicht hohlen Ergebnisse auf Regale gestellt.

Neue Ausstellung in Wien

“Dreaming Russia” zeigt überhaupt viele Serien. “Die Gazprombank will die Einheit und den ursprünglichen gedanklichen Entwurf der erworbenen Arbeiten erhalten und kauft deshalb in der Regel keine Einzelwerke, sondern Gesamtprojekte”, schreibt Vorstandsvorsitzender Andrej I. Akimov im Katalog. Daher sieht man zum Beispiel 51 weiße Tafeln, auf denen Yuri Albert 51 Werke Vincent van Goghs in Braille-Schrift beschreibt (berühren ist erlaubt), 12 Wollmützen-Fotos von Olga Chernysheva (“Warten auf das Wunder”), 40 Bilder, in denen Nikita Alexeev Eindrücke von Orten und Ereignissen in abstrakte Gemälde fasst, oder 27 kleine Schwarz-Weiß-Porträts “toter Seelen”, die Vadim Zakharov aus Fliesen seines Küchenfußbodens entwickelt hat.

Nur zwei Fotos stammen dagegen aus der bedrückenden Serie “Reise in die Zukunft” des Moskauer Fotografen Sergey Shestakov. Sie schließen die Klammer von Öl und Gas zur Atomenergie. Sie stammen aus Tschernobyl.

(APA)

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