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Akademikerball-Prozess gegen Josef S.: Polizisten schildern Demo-Randale

Josef S. beim Prozess in Wien
Josef S. beim Prozess in Wien ©APA
Am Wiener Straflandesgericht hat am Dienstag im Prozess gegen den deutschen Demonstranten weiterhin Uneinigkeit zwischen den befragten Polizisten über den Einsatz von Steinen als Wurfgeschoße durch die Demonstranten geherrscht.

Während einige Beamte, die im Saal 203 zu Wort kamen,”alles Mögliche” wahrnahmen, sich auf Steine aber nicht festlegen mochten, haben andere faustgroße natursteinartige Geschoße bemerkt.

Spontan-Übergriffe am Stephansplatz?

Die Übergriffe sollen auch eher spontan auf die am Stephansplatz stationierten Polizisten gewirkt haben. Nach dem Befehl, die Straßensperre Richtung U-Bahn freizugeben, sei kurze Zeit allgemeine Verblüffung ausgebrochen. “Das Gegenüber war gleichermaßen baff wie wir”, sagte ein Polizist im Zeugenstand.

“Wollte das Pfefferspray schon ziehen”

Einer der Beamten kritisierte zudem das Vorgehen am Stephansplatz vor Beginn der Eskalation. Der Gruppenkommandant äußerte Unverständnis, weshalb bei Einsetzen des Gedränges und dem Versuch der Demonstranten, den Polizeikordon zu durchbrechen, nicht gleich eingeschritten wurde: “Ich hätte das Pfefferspray schon ziehen wollen, dann dachte ich mir aber, dann sind wir wieder schuld. Und dann ist es auch schon los gegangen.”

“Hab’ schauen müssen, dass ich nicht untergehe”

In teils dramatischen Worten haben Polizeibeamte die Vorgänge am Stephansplatz geschildert, nachdem Demonstranten den Polizeikordon durchbrochen hatten. Er sei “überrannt” worden, “nach hinten geflogen” und “leicht verletzt” worden, gab ein Polizist zu Protokoll. Es habe “nur so geprasselt”. Sein Helm habe “ein großes Loch” aufgewiesen: “Ich hab’ schauen müsse, dass ich nicht untergehe.”

Der Beschuss mit Glasflaschen und sonstigen Gegenständen sei “so arg” gewesen, “dass ich nichts mehr habe sagen können”. Der Zeuge ging davon aus, dass er ohne seine Kollegen, die ihm zu Hilfe kamen und ihn wieder aufrichteten, gravierender zu Schaden gekommen wäre. An den Ausschreitungen hätten sich “sicher Hunderte Vermummte” beteiligt: “Es war nur ein Tohuwabohu.”

Polizisten von Feuerlöschern und Böllern getroffen

Ein anderer Polizist wurde von einem Feuerlöscher getroffen, wie er Richter Thomas Spreitzer berichtete. Einen anderen Kollegen trafen eigenen Angaben zufolge sechs bis sieben Böller: “Einer ist mir unter den Füßen explodiert.” Die Angreifer bewarfen die Uniformierten daneben auch mit Eiern, Farbbeuteln und sogar Klobürsten. Bei einigen Polizisten waren die Schilde angesengt, die sie zur Abwehr der pyrotechnischen Wurfgegenstände einsetzen mussten.

Akademikerball-Randale: “Es war relativ gefährlich”

“Es ist auch versucht worden, uns die Schilde zu entreißen. Wir haben nur mehr probiert, dass wir uns gegenseitig beschützen”, meinte ein weiterer Beamter. Es habe sich um einen “massiven Bewurf” gehandelt: “Es hat richtig geglöckelt.” “Es war relativ gefährlich”, pflichtete ein Kollege bei. Man habe nur mehr “geschaut, dass man heil rauskommt”. Mülltonnen seien aus der Verankerung gerissen und in Richtung Polizeikräfte geschleudert worden: “Die haben’s Gott sei Dank nicht so weit werfen können, weil’s zu schwer waren”.

Weitere Polizisten standen Rede und Antwort

Die Zeugenbefragungen wurden ab 13.00 Uhr fortgesetzt. Etliche der geladenen Polizisten haben sich urlaubsbedingt entschuldigt und dem Richter zugleich mitgeteilt, dass sie keine Wahrnehmungen zu möglichen Tätern machen können. Ob auf ihre neuerliche Ladung verzichtet und die Verhandlung gegen den 23-jährigen Studenten aus Jena am Dienstag zu Ende gehen wird, war vorerst unklar.

Auf weitere Zeugen verzichtet – Prozess vor Urteil

Der Prozess gegen den 23-jährigen Studenten, der sich am 24. Jänner 2014 als Rädelsführer bei gewalttätigen Ausschreitungen im Rahmen einer Demonstration gegen den Wiener Akademikerball hervorgetan haben soll, wird am Dienstagnachmittag zu Ende gehen. Verteidiger Clemens Lahner verzichtete nach einer kurzen Pause auf die Einvernahme weiterer Polizisten.

Kurzes Statement: Aussage von Josef S.

Zwölf Beamte, die seit 9.00 Uhr vor dem Verhandlungssaal auf ihre Befragung gewartet hatten, wurden daraufhin vom Richter entlassen. Anschließend gab der Angeklagte ein kurzes Statement ab. Er räumte ein, an der Demonstration teilgenommen zu haben: “Ich habe einen Mülleimer angefasst und aufgestellt.” Danach sei er den anderen Demonstranten gefolgt und weggegangen. “Zum Schluss möchte ich noch anfügen, dass ich Linkshänder bin”, beendete der 23-Jährige seine Ausführungen. Auf Befragen des Richters erklärte er, zu keinen weiteren Angaben bereit zu sein und.

Nach der Verlesung des Akteninhalts hielten Staatsanwalt Leopold Bien und Verteidiger Clemens Lahner ihre Schlussvorträge.

(apa/red)

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