1010 Wien: Hundertster Geburtstag von Leopold Hawelka

Im Inneren des heillos überfüllten Cafes fidelte eine vierköpfige Philharmoniker-Abordnung, teils gesanglich begleitet von den Roth-Zwillingen. Videoclips wurden eingespielt, mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten, in deren Biografie das Hawelka in 1010 Wien zumindest eine Nebenrolle spielt(e), folgten der Einladung. Für das Geburtstagskind Leopold Hawelka wurde gar ein Red Carpet ausgerollt – jedoch:Er ließ sich überraschend entschuldigen. “Es geht ihm heute nicht sehr gut”, bedauerte Michael.
Hawelka war Treffpunkt kritischer Geister
Folglich nahmen Sohn Günter und die beiden Enkel und nunmehrigen Geschäftsführer Michael und Amir den “Goldener Rathausmann” stellvertretend für ihren (Groß-)Vater von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny – der wiederum in Vertretung von Bürgermeister Michael Häupl die Verleihung vornahm – entgegen. Die Auszeichnung symbolisiere das kreative und wehrhafte Bürgertum und das Cafe Hawelka sei stets ein Treffpunkt kritischer Geister gewesen. “Ich habe hier Schule geschwänzt und mich von meinem Mathematikprofessor versteckt, der auch hier Stammgast war”, erinnerte sich der Ressortchef im APA-Interview.
62 Cent Sonderbriefmarke für das Hawelka
Auch die Post machte Leopold Hawelka ein Spezialgeschenk. Ab sofort ist in ausgewählten Filialen eine Hawelka-Sonderbriefmarke mit einer Auflage von über 180.000 Stück und im Versandwert von 62 Cent erhältlich. Sie zeigt das Entree des Cafes sowie eine gefüllte Kaffeetasse samt Wasserglas. Die Wiener Wirtschaftskammer gratulierte mit “goldener Kammermedaille” und “goldener Kaffeekanne” sowie einer großen Geburtstagstorte. Bundespräsident Heinz Fischer, der erst am Dienstag seinen Besuch abstatten wird, übermittelte schriftlich seine Glückwünsche und dankte Hawelka “für seinen unermüdlichen Einsatz zur Erhaltung der Wiener Kaffeehauskultur”.
Hawelka-Stammkunden kamen auf Kaffee und Buchteln
Andere ließen es sich nicht nehmen, persönlich auf Kaffee und Buchteln bzw. Sekt und Brötchen vorbeizuschauen. Joesi Prokopetz etwa, Kabarettist und früherer Ambros-Co-Texter, war jahrelang Stammgast im damals noch verrauchten Cafe Hawelka: “Wir hatten einen eigenen Platz beim Häusl.” Mit der Zeit sei der Künstlertreff allerdings zunehmend von “Schulstanglern” und “jungen Schnöseln” aufgesucht worden. Und seit dem Rauchverbot sei die Institution sowieso zur “Gruft” und zum “Denkmal” verkommen: “Das ist wie ein Schwimmbad, in dem man nicht schwimmen darf”, raunzte Prokopetz.
(apa/red)