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Zielpunkt ist insolvent: 2.500 Mitarbeiter betroffen - Hälfte aller Filialen in Wien

Die Handelskette Zielpunkt ist pleite.
Die Handelskette Zielpunkt ist pleite. ©apa (Sujet)
Die Handelskette Zielpunkt meldet Insolvenz an. Der Konzern der oberösterreichischen Handelsgruppe Pfeiffer wird voraussichtlich am 1.12. einen Insolvenzantrag beim Handelsgericht Wien einbringen.

2.500 Mitarbeiter sind betroffen, ihre Löhne und Gehälter seien durch den Insolvenzentgeltfonds gesichert.

Hälfte aller Zielpunkt Filialen in Wien

Zielpunkt betreibt 229 Filialen, davon mehr als die Hälfte in Wien. Georg Pfeiffer geht davon aus, “dass eine Vielzahl der Standorte an Mitbewerber übergehen und damit viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernommen werden”. Ein Teil der Zielpunkt-Standorte in Niederösterreich und der Steiermark sei “potenziell auch für die Unimarkt-Expansion interessant”, so Pfeiffer. Die Muttergesellschaft “unterstützt alle Bemühungen und Maßnahmen, die zu einer möglichst raschen Auszahlung der rückständigen Entgelte durch den Insolvenzentgeltfonds führen”. Ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung sind die laufenden Bezüge vom Insolvenzverwalter zu bezahlen.

Pfeiffer hat Zielpunkt erst 2014 zur Gänze übernommen. “Nach drei Jahren intensivster Sanierungsbemühungen und Investitionen sind nunmehr dramatische Verschlechterungen der äußeren Rahmenbedingungen für Zielpunkt eingetreten”, hieß es. Zielpunkt hat 2014 einen Verlust von 11,7 Mio. Euro geschrieben, bei einem Umsatz von 440 Mio. Euro.

Pfeiffer: Zur Rettung wären weitere 60 Mio. Euro nötig

Der Schritt sei rechtlich notwendig, da die weitere Finanzierung nicht sichergestellt werden könne, teilte Pfeiffer-Eigner Georg Pfeiffer am Mittwochabend mit. Zur Rettung von Zielpunkt wären mindestens weitere 60 Mio. Euro bis 2018 nötig. Diesen Betrag könne Pfeiffer nicht aufbringen, da sonst alle gesunden Pfeiffer-Firmen (etwa Unimarkt, Nah&Frisch) gefährdet wären. “Damit kann für Zielpunkt keine positive Fortbestehensprognose abgegeben werden und somit muss das Insolvenzverfahren eingeleitet werden”, sagt Pfeiffer. Man habe bis zuletzt “nichts unversucht gelassen, um Zielpunkt zu retten”, erklärte die oberösterreichische Gruppe. So seien heuer alle Wiener Filialen saniert und das Sortiment erweitert worden. Pfeiffer sprach in der Aussendung von einem “schmerzhaften, aber notwendigen Schritt”.

Die Oberösterreicher waren vor drei Jahren bei Zielpunkt eingestiegen. Man habe die Supermarktkette “mit massivem Investitionsstau von den häufig wechselnden Voreigentümern übernommen und in die Handelsgruppe integriert”. Mit den Sanierungsbemühungen sei man nun “an die Grenzen der Machbarkeit gelangt. Wir haben auch Altlasten aus der Vergangenheit – wie beispielsweise die Strafe der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) aufgrund von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht – in nicht unbeträchtlicher Höhe getilgt”, so Pfeiffer. Das Kartellgericht hat im heurigen Sommer über Pfeiffer und Zielpunkt eine Geldstrafe von 562.500 Euro verhängt. Die Unternehmen hatten von 2007 bis 2011 mit verschiedenen Lieferanten Preise für Molkerei-, Fleisch- und Wurstprodukte sowie Getränke abgesprochen.

Andere Pfeiffer-Unternehmen sollen nicht betroffen sein

Bis Frühherbst, erklärte Pfeiffer heute, sei die Entwicklung von Zielpunkt laut Fortbestehensprognose “auf Plan und sogar leicht darüber” gewesen. Aufgrund des schwächelnden Lebensmitteleinzelhandels hätten sich aber die Vorzeichen geändert. Die Umsatzrückgänge, die bisher durch Kostensenkungsmaßnahmen kompensiert werden hätten können, seien “massiv” ausgefallen, die Suche nach Investoren nicht erfolgreich gewesen.

“Die notwendig gewordene Evaluierung der Fortbestehensprognose zeigt einen stark gestiegenen Kapitalbedarf auf.” Dieser sei für Pfeiffer “weder darstellbar noch haftungsseitig verantwortbar”. Von der Zielpunkt-Insolvenz seien die “gesunden” Pfeiffer-Unternehmen Unimarkt, die Nah&Frisch-Märkte von Pfeiffer sowie die Pfeiffer Logistik nicht berührt. Der erst kürzlich unterzeichnete Verkauf der C+C Pfeiffer GmbH an Transgourmet (Coop) werde planmäßig mit Jänner 2016 umgesetzt. Die Schweizer Handelsgruppe Coop hat seit Anfang November einen Fuß bei der Zielpunkt-Mutter in der Tür. Der Großhandel von Pfeiffer geht an die Schweizer, zudem wird Coop zur Hälfte am Zentraleinkauf beteiligt. Das Einkaufsvolumen betrug 2014 rund 1 Mrd. Euro. Die Pfeiffer-Gruppe beschäftigte zuletzt – inklusive Zielpunkt – 6.400 Mitarbeiter und setzte 1,3 Mrd. Euro um. Die Tochter Unimarkt hat 127 Standorte, der Pfeiffer-Großhandel beliefert 268 Nah&Frisch-Einzelhändler in Ober- und Niederösterreich, der Steiermark sowie Salzburg.

Zielpunkt: Firmenhistorie und Selbstdefinition

Der Ursprung der Kette, die in Wien besonders viele Filialen hat, liegt in den späten 1960er-Jahren unter dem Namen “LÖWA”. In den frühen 70ern ging “LÖWA” an die deutsche Kette Tengelmann. Im Mai 2010 übernahm schließlich der deutsch-luxemburgische Finanzinvestor BluO die verlustreiche Kette von Tengelmann. Als Sanierer wurde der Deutsche Jan Satek gerufen, der Zielpunkt im Februar 2012 im Rahmen eines Management-Buy-outs übernahm und die Lebensmittelkette aus der Verlustzone führen wollte. Kurz nach Satek stieg der oberösterreichische Großhändler Pfeiffer mit knapp einem Viertel (24,9 Prozent) bei Zielpunkt ein.

Zielpunkt definierte sich nach eigenen Angaben als Nahversorger für den täglichen Bedarf und bot seinen Kunden eine breite Auswahl aus über 6.300 verschiedenen Produkten an. Das Zielpunkt Sortiment umfasst Markenartikel, aber auch eine Eigenmarke und eine Bio-Eigenmarke.

(apa/red)

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