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Wiener Uhrmachermeister versetzte Kundenware: Prozess vertagt

Der Mann versetzte die Ware seiner Kunden, um eine Pleite abzuwenden.
Der Mann versetzte die Ware seiner Kunden, um eine Pleite abzuwenden. ©pixabay.com (Themenbild)
Um eine Pleite abzuwenden versetzte ein Wiener Uhrmachermeister Kundenware im Dorotheum. Der Mann wurde in 58 Fällen angeklagt. Der Prozess wurde vertagt.

Um die Pleite seines traditionsreichen Familienbetriebs abzuwenden, hat ein auf den Handel mit alten Uhren spezialisierter Wiener Geschäftsmann Dutzende Chronometer von Kunden, die er zur Reparatur oder in Kommission übernommen hatte, im Dorotheum versetzt. “Ich habe es leider nicht mehr geschafft, sie auszulösen”, gab sich der Mann am Freitag am Landesgericht zerknirscht.

Die Anklage legte dem Uhrmachermeister die Veruntreuung von 58 fremden, großteils hochpreisigen Uhren zur Last. Der angerichtete Schaden dürfte im sechsstelligen Bereich, aber noch unter der für das allenfalls zu verhängende Strafausmaß relevanten 300.000 Euro-Grenze liegen. Die Kunden hatten das an einer prominenten Adresse gelegene Geschäft zur Reparatur ihrer Markenuhren oder um einen Käufer für ihre teilweise historischen Wertgegenstände – darunter etwa ein antiker Reisewecker oder eine Standuhr aus dem Biedermeier – zu finden aufgesucht.

Wiener Uhrmachermeister hat sich “Uhren lediglich ausgeborgt”

Der Angeklagte gab zu, seit mehreren Jahren Kundenware versetzt zu haben. Gehäuft habe sich das 2017, als es mit seinem Geschäft bergab ging. “Ich hab’ die Umsatzsteuer unregelmäßig bezahlt. Da ist Einiges zusammengekommen. Dann sind mir noch Uhren aus dem Schaufenster gestohlen worden”, schilderte er einem Schöffensenat (Vorsitz: Andrea Wolfrum). Er habe schließlich “die Briefe von der Finanz gar nicht mehr aufgemacht”.

Zur Überraschung des Gerichts machte der Uhrmacher aber geltend, nicht in Bereicherungs- bzw. Schädigungsabsicht gehandelt zu haben. Er habe sich die Uhren der Kunden lediglich “ausgeborgt”, gab er zu Protokoll: “Ich wollte mir Zeit rausholen.” Er hätte nämlich “viel Geld” erwartet, einerseits für Vermittlungsdienste bei einem Villa-Verkauf, andererseits für die Installation eines zwei Meter großen Ziffernblattes. “Mir war klar, sobald die Kohle kommt, muss ich die Uhren rausholen”, meinte der Angeklagte. Bedauerlicherweise wären beide Deals geplatzt.

Wiener Familienbetrieb musste 2018 Konkurs anmelden

Im Frühjahr 2018 musste er schließlich Konkurs anmelden. Der Masseverwalter fand dann in den Geschäftsräumlichkeiten zahlreiche Pfandscheine – so kam man den verschwundenen Uhren auf die Spur. Etliche Betroffene lösten diese auf eigene Kosten aus und haben sich dem Strafverfahren gegen den Uhrmachermeister nun als Privatbeteiligte angeschlossen.

Einigen Kunden dürfte der Mann besonders übel mitgespielt haben. Einer von ihnen, der während der Verhandlung im Publikum saß, echauffierte sich geradezu, als er zu Wort kam. Er habe seine 7.000 Euro teure Breitling zur Reparatur gegeben. Der Angeklagte habe ihm vorgemacht, die Uhr sei derart kaputt, dass er sie dem Hersteller schicken müsse. “In Wahrheit war nur die Batterie kaputt, wie ich inzwischen weiß”, empörte sich der ältere Herr. Gefunden habe er seine Breitling schließlich im Dorotheum. “Mich hat er vertröstet, während er sie versetzt hat”, schimpfte der Mann mit Blick auf den Angeklagten.

Die Verhandlung wurde zur Ladung des Masseverwalters sowie weiterer Zeugen vertagt.

(APA/Red)

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