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Wiener Psychiatrie-Kommission: Gutachter verzichtet auf Netzbetten

"Ich habe in meinem Leben noch kein Netzbett gesehen" - Mit dieser Aussage ließ am Donnerstag der sachverständige Zeuge Hartmann Hinterhuber in der zweiten Sitzung der Wiener Psychiatrie-U-Kommission aufhorchen.

Hinterhuber ist Vorstand der Innsbrucker Universitätsklinik für Psychiatrie. Er gab im Wiener Rathaus über aktuelle Standards in der psychiatrischen Versorgung Auskunft.

In der gemeinderätlichen Untersuchungskommission werden auf Verlangen von ÖVP und Grünen mutmaßliche Missstände in der Psychiatrie in Wien diskutiert. Dazu gehört etwa die Frage, ob der Einsatz von Netzbetten im Otto-Wagner-Spital (OWS) zu häufig beziehungsweise zu intensiv erfolgt ist. In Innsbruck gibt es laut Hinterhuber solche Betten nicht. Freiheitsbeschränkende Maßnahmen sind aber auch dort nicht zu vermeiden.

“Manchmal, in seltenen Fällen, kommt es zu Fixierungen”, berichtete der Mediziner. Nach Möglichkeit werde dies nur für eine kurze Zeit veranlasst. Fixierungen seien sowohl für den Betroffenen als auch für das Personal belastend. Notwendig sei jedenfalls eine ständige Überwachung des Patienten, betonte Hinterhuber.

Netzbetten kenne er nicht – und er glaube auch, darauf verzichten zu können, “weil bei kurzfristigen Fixierungen eine bessere Behandlung als im Netzbett möglich ist.” Eine Fixierung hat laut dem Gutachter stets auf ärztliche Anordnung hin zu geschehen. Über diese müsse es auch stets schriftliche Aufzeichnungen geben.

In seinen Ausführungen präsentierte der sachverständige Zeuge auch statistisches Material über die Situation der Psychiatrie in Österreich, etwa den Personalstand. Das OWS liege bei den Ärzten im “guten österreichischen Oberfeld”. Einrichtungen wie die Landesnervenklinik Graz oder das Wagner-Jauregg-Spital in Linz haben demnach im Verhältnis gesehen weniger Personal.

In der heutigen Sitzung wurden auch erneut Beweisanträge beschlossen – und auch abgelehnt. Während über die Frage der Ladung weiterer Psychiatrie-Experten weitgehend Einigkeit herrschte, sprach sich die SPÖ erneut gegen ihrer Ansicht nach zu umfangreiche und unspezifische Anträge zur Beischaffung von Dokumenten aus.

Das nächste Zusammentreffen der U-Kommission erfolgt am 17. April. An diesem Tag soll ein weiterer Mediziner Rede und Antwort stehen: Geplant ist die Ladung des deutschen Psychiatrie-Professors Heinrich Kunze (ehemaliger ärztlicher Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Zentrum für Soziale Dienste Kurhessen, Anm).

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