AA

Wiener Polizei hatte 2007 nichts zu lachen

Das Jahr 2007 sollte die Wiener Polizei besser schnell vergessen. Umso mehr, als 2008 mit der EURO und zumindest drei besonders heiklen Begegnungen in Wien große Herausforderungen anstehen.

Vor allem aber auch, weil es in diesem Jahr für die Beamten nichts zu lachen gab. Dass die Aufklärungsquote bei einem ohnehin niedrigen Niveau von nicht einmal 30 Prozent noch einmal um 0,9 Prozent zurückging, und das bei gleichzeitig sinkender Zahl der Fälle, ist angesichts dessen, was sich in der BPD Wien abspielte, noch das geringste Übel. Eine Rückschau:

2007 war das Jahr, in dem die Polizeiaffäre erst so richtig eskalierte. Der suspendierte Landespolizeikommandant Roland Horngacher wurde erstinstanzlich verurteilt, das Urteil gegen den ebenfalls suspendierten Leiter der kriminalpolizeilichen Abteilung, Ernst Geiger, wurde aufgehoben und an die erste Instanz zurück verwiesen. Geiger soll im Zuge der sogenannten Sauna-Affäre eine Razzia an den Betreiber eines als Sauna getarnten Bordells verraten haben. Die Rolle des “Vereins der Freunde der Wiener Polizei”, die im Horngacher-Prozess infrage gestellt wurde, wird derzeit vom Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) durchleuchtet.

Einer der Lieblingstitel auf den Chronikseiten österreichischer Medien wurde “Blaulicht im Zwielicht” oder “Blaulicht im Rotlicht”. Dies deshalb, weil Wiener Szenegrößen ihre Diadochenkämpfe unter Zuhilfenahme der Polizei austrugen.

Gleich im Februar kosteten solche Auseinandersetzungen den Leiter der Kriminaldirektion 1, Oberst Roland Frühwirth, vorübergehend seinen Job. Unter anderem wurden ihm fehlerhafte Ermittlungen in der Sauna-Affäre vorgeworfen. Die strafrechtlichen Ermittlungen wurden eingestellt, die Suspendierung aufgehoben und Frühwirth nach wenigen Wochen rehabilitiert. Umso brisanter liest sich nun der in der Vorwoche bekanntgewordene Prüfbericht des Büros für Rechtsfragen und Datenschutz der BPD Wien, in dem den Verantwortlichen für die Ermittlungen in der Sauna-Affäre vorgeworfen wird, eine Verdachtslage fingiert zu haben. Mit seiner Privatklage gegen Geiger blitzte Frühwirth erst am Montag ab.

Im Zuge der Verstrickungen im Rotlicht wurde auch ein Gruppenleiter der Kriminaldirektion 1 (KD 1) suspendiert, nachdem Fotos von ihm aufgetaucht waren, die ihn Seite an Seite mit Milieugrößen bei der Hochzeit eines Rotlichtbosses zeigten. Er hatte zumindest einen der mit ihm auf dem Foto Befindlichen als Informanten geführt. Der selbe Beamte war auch Ermittlungsleiter in jenem Mordfall, bei dem vor dem Hernalser Cafe Cappuccino ein 32-Jähriger erschossen wurde. Doch der Prozess gegen einen 39-Jährigen platzte, weil der einzige Belastungszeuge vor Gericht sagte, er habe den Täter in Wahrheit nicht gesehen und sei von der Polizei instrumentalisiert worden.

Aus all diesen Gründen ist die Stimmung bei Wiens Kriminalbeamten denkbar schlecht. Ermittlungen im Rotlichtmilieu werden am liebsten gar nicht mehr geführt, heißt es immer wieder hinter vorgehaltener Hand. Letztendlich habe das Milieu erreicht, was es wollte, so Insider: eine Polizei, die sich vom Rotlicht komplett fernhält.

Die Affären haben wohl auch Polizeipräsident Peter Stiedl früher in die Pension getrieben, als ihm lieb sein dürfte. Nachdem er Ende Oktober ein Wechseln in den Ruhestand per Jahresende noch kategorisch ausgeschlossen hatte, war es nicht einmal zwei Wochen später umgekehrt. Er verkündete seine Pensionierung per Jahresende, nicht ganz ohne Druck aus dem Innenministerium, wie vielerorts gemunkelt wurde.

13 Bewerber rittern um die Nachfolge. Manche meinen, dass ein Polizeipräsident am besten “von außen” kommen sollte. Fix ist, dass die diversen Affären bzw. deren Nachwehen auch 2008 die Exekutive in der Bundeshauptstadt beschäftigen werden.

Und sonst? Als positiv ist sicher zu vermerken, dass die Kriminalität in der Bundeshauptstadt rückläufig ist, mit der negativen Einschränkung der Aufklärungsquote. Nicht zufällig fordern viele im Kriminaldienst massive Aufstockungen beim Personal. Außerdem gibt es wie schon im Vorjahr einen neuen Rekord bei Bank- und Postüberfällen. Der aktuelle Stand lautet 75 derartige Delikte, im ganzen Jahr 2006 gab es in Wien 68 Überfälle. Die Polizei und die Geldinstitute wollen nun mit gemeinsamen Strategien die Zahl der Raube eindämmen. Und nicht zuletzt gab es einige spektakuläre Morde wie die mutmaßliche Kannibalismusgeschichte in Rudolfsheim-Fünfhaus oder die Erschießung eines Diamantenhändlers in der Josefstadt.

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Wiener Polizei hatte 2007 nichts zu lachen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen