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Wiener Grüne: Parteichefin Hebein ab sofort ohne Amt

Parteichefin Birgit Hebein, die ihren Posten als Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin räumen muss, erhält kein Amt.
Parteichefin Birgit Hebein, die ihren Posten als Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin räumen muss, erhält kein Amt. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Am Montag wurden bei den Wiener Grünen die Personalentscheidungen getroffen. David Ellensohn bleibt Klubchef. Birgit Hebein erhält kein Amt.

Die Wiener Grünen haben im Rahmen einer Klubsitzung am Montag ihre Personalentscheidungen gefällt: Der bisherige Klubchef David Ellensohn behält dieses Amt. Der bisherige Planungssprecher Peter Kraus und Neo-Mandatarin Judith Pühringer werden nicht amtsführende Stadträte. Parteichefin Birgit Hebein, die ihren Posten als Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin räumen muss, erhält kein Amt.

Rot-Pink könne mit starken Grünen rechnen

Hebein nahm die Entscheidung des Klubs zur Kenntnis, wie es in einem schriftlichen Statement hieß. "Wir werden jetzt niemandem den Gefallen tun, uns mit uns selbst zu beschäftigen." Die Wählerinnen und Wähler hätten den Grünen das Vertrauen ausgesprochen und würden sich zu Recht erwarten, dass man für die Zukunft der Stadt arbeite. "Rot Pink bekommt keine Schonfrist, sie können mit starken Grünen rechnen."

Die Wiener Grünen haben bei der Wahl im Oktober mit 14,8 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis erzielt. Die SPÖ verzichtete jedoch auf eine Fortsetzung von Rot-Grün. Stattdessen wurden die NEOS als Koalitionspartner auserkoren.

Laut Fraktion "klare Mehrheiten" für Entscheidung

Man schlage mit dem "Zukunftsteam" ein neues Kapitel auf, wurde in einer Aussendung der Grünen betont. Es sei an der Zeit, ein solches nach fast 20 Jahren Aufbau als Oppositionspartei und zehn Jahren Gestaltung als Regierungspartei zu schreiben, hieß es. Ellensohn sei in seiner Rolle als Klubobmann "klar" bestätigt worden, wurde betont. Judith Pühringer und Peter Kraus seien ebenfalls mit "klaren Mehrheiten" zu Stadträten gewählt worden.

Parteichefin Hebein hat ebenfalls für diese Posten kandidiert, konnte sich dabei aber nicht durchsetzen, wie die Grünen auf Anfrage der APA mitteilten.

"Der Grüne Rathausklub wird als Team funktionieren."

Klubchef Ellensohn zeigte sich überzeugt: "Der Grüne Rathausklub wird als Team funktionieren." Er sei Drehscheibe für Innovation und Kooperation mit Bezirken, Bezirksvorsteher, den Bundesgrünen und der Zivilgesellschaft. "Ich freue mich sehr auf das neue Führungsteam und die gute Zusammenarbeit".

Die designierten nicht amtsführenden Stadträte Kraus und Pühringer kündigten an, in Opposition als Team und "gemeinsames Aushängeschild" auftreten zu wollen, um "eine grüne Geschichte zu erzählen", wie sie im APA-Gespräch sagten. Man werde die rot-pinke Regierung daran messen, ob sie bei der Bewältigung der Corona- und der damit verbundenen Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise sowie der Klimakrise die "richtigen Lösungen" fänden: "Bis jetzt kennen wir nur Überschriften", weshalb eine Beurteilung der ersten, am Montag präsentierten Eckpunkte des Koalitionspapiers noch nicht möglich sei.

Auf die Frage, ob Hebein keine geeignete Oppositionsführerin sei, sagte Pühringer, dass durch den Wechsel von Regierungs- in Oppositionsrolle eine "große Zäsur für die Partei" anstehe. Der Klub habe jenem Team, das er für am geeignetsten halte, die Zustimmung erteilt. Ob die scheidende Vizebürgermeisterin Pateichefin bleiben soll, beantwortete Kraus so: "Das richten wir uns nicht über die Medien aus." Interne Konflikte durch die gefallenen Personalentscheidungen erwarten sich die beiden designierten Stadträte nicht.

Birgit Hebein - Die glücklose Wahlsiegerin

Parteichefin Birgit Hebein (53) hat für die Wiener Grünen das beste Ergebnis aller Zeiten eingefahren - und konnte doch nicht triumphieren. Denn die SPÖ entschied sich nach der Wahl, mit den NEOS und nicht mehr mit den Grünen koalieren zu wollen. Damit endet für Hebein nicht nur ihre Zeit als Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin, sondern - nach Verlust des internen Rückhalts - auch als wichtige Taktgeberin bei den Grünen selbst.

Als Ressortchefin hatte Hebein - wie schon ihre Vorgängerin Maria Vassilakou - mit einigen Initiativen vor allem im Verkehrsbereich für Aufregung gesorgt. Schaffte es die gebürtige Kärntnerin im Sommer 2019 - kurz nach Antritt ihrer neuen Funktion - noch, mittels schnell aus dem Boden gestampfter Feel-Good-Aktionen wie den "Coolen Straßen" fast ausschließlich Pluspunkte in der Öffentlichkeit zu sammeln, erhitzten jüngere Projekte wie die Pop-up-Radwege oder die "autofreie City" die Gemüter schon deutlich mehr.

Es dauerte nicht allzu lange, bis ihr vor allem ÖVP und FPÖ - wie schon Vassilakou - regelmäßig "Autofahrerschikanen" vorwarfen. Aber auch die SPÖ bis hin zu Bürgermeister Michael Ludwig konnte mit der Tatkraft Hebeins nicht immer etwas anfangen, was im Wahlkampf auch zunehmend für persönlichen Verstimmungen zwischen der Stadtregierungsspitze führte. Jüngstes Beispiel dafür ist das City-Verkehrskonzept, dem der Stadtchef einen Riegel vorschob.

Hebein seit 2018 offiziell Parteichefin

Hebein, die seit 2018 auch offiziell Parteichefin ist (die Funktion gab es vorher bei den WienerGrünen nicht, Anm.), sitzt seit 2010 im Gemeinderat und war dort jahrelang Sozialsprecherin. Bald galt sie - anders als ihre zuweilen in sehr getragener Stimmlage vorgebrachten Reden vermuten ließen - als harte Verhandlerin, wenn es etwa um das Thema Mindestsicherung ging. Wohl nicht zuletzt deshalb hat Bundeschef Werner Kogler seine Parteifreundin in das Kernverhandlungsteam berufen, als es Ende 2019 darum ging, einen Koalitionspakt mit der ÖVP auszudealen.

Vor ihrem Einzug in das Stadtparlament war Hebein Bezirksrätin und Klubobfrau in Rudolfsheim-Fünfhaus. Außerdem engagierte sie sich von 2000 bis 2002 bei der Grünen Gewerkschaft AUGE. Vor ihrer politischen Karriere arbeitete die diplomierte Sozialarbeiterin unter anderem im Bahnhofssozialdienst der Caritas Wien und bei der Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung.

Ihren beruflichen Anfängen ist Hebein inhaltlich auch in ihrem politischen Leben treu geblieben. Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit waren ihre thematischen Steckenpferde als Abgeordnete. Mit der Übernahme des Verkehrs- und Stadtplanungsressorts versuchte sie den Brückenschlag zwischen sozialer Frage und Klimaschutz.

Birgit Hebein: Zur Person

Birgit Hebein wurde am 13. Jänner 1967 in Villach geboren. Ihre Jugend verbrachte die Tochter eines Maurers und einer Hausfrau in einem kleinen Dorf in Kärnten. Nicht allzu verwunderlich also, dass sie auch den Traktorführerschein vorweisen kann. Heute lebt die frühere Hausbesetzerin mit ihren beiden Kindern im 15. Bezirk. Bei ihrer Antrittspressekonferenz als Vassilakou-Nachfolgerin stellte sie klar: "Ja natürlich mache ich linke Politik - was denn sonst?" Cannabis hat sich schon einmal geraucht. "Aber ich vertrage es nicht", verriet sie der "Kronen Zeitung" einmal. Ein Suchtverhalten legte sie dabei dennoch offen: "Ich tarockiere gerne, wenn möglich, die ganze Nacht." Dafür wird sie nun wieder mehr Zeit haben.

Denn Hebein wird, was nach der Sitzung der Fraktion am Montag feststeht, keine Funktion im Klub übernehmen. Sie wird also weder Klubchefin noch nicht amtsführende Stadträtin. Üblicherweise bekleiden die Obleute der Rathaus-Opposition eine dieser Funktionen. Parteichefin ist sie jedoch weiterhin. Sie ist bis Ende 2021 gewählt, könnte aber durch einen freiwilligen Rückzug vorher den Weg für eine Nachfolge freimachen.

(APA/Red)

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