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Wien-Wahl 2020: Birgit Hebein warnt vor Rot-Türkis

Parteichefin Birgit Hebein steht schon länger als Nummer eins bei der Wien-Wahl fest.
Parteichefin Birgit Hebein steht schon länger als Nummer eins bei der Wien-Wahl fest. ©APA/HERBERT P. OCZERET
Birgit Hebein will Wien zur Klimahauptstadt machen. Bei der Landesversammlung im Austria Center warnte sie in Bezug auf die kommende Wien-Wahl vor Rot-Türkis.

Die Obfrau der Wiener Grünen, Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, hat am Samstag bei der 82. Landesversammlung im Austria Center den Regierungseintritt der Grünen im Bund verteidigt. Sie gestand ein, dass dies ein Risiko gewesen sei und man wohl einen "langen Atem" brauchen werde. Gleichzeitig warnte sie vor Rot-Türkis in Wien.

Birgit Hebein verteidigte Regierungsbeteiligung der Grünen

Hebein erinnerte zu Beginn ihrer Rede daran, dass es noch nicht lang her sei, dass sie "Woche für Woche" ins Winterpalais gekommen sei, um dort mit der ÖVP zu verhandeln. Daraus habe sie einige Erkenntnisse gewonnen, nämlich etwa: "Dass wir ein unglaublich klasses grünes Team haben."

"Das Entscheidende war immer, dass die Richtung stimmt. Und das Entscheidende ist, dass wir unsere Haltung bewahren in Menschen- und Grundrechtsfragen." Sie halte es für richtig, dass es Türkis-Grün gebe. Dies sei "eine Chance für das Land", zeigte sie sich überzeugt: "Auch wenn wir Grünen dabei ein Risiko eingegangen sind." Es sei nicht die Aufgabe, "die türkise Partei zu verändern oder womöglich sie uns". "Die eigentliche Aufgabe ist, dass wir für die Menschen was Besseres erreichen."

"Ich gebe auch zu, ich bin ein bissl empörungsmüde", gestand sie. Oft werde sie damit konfrontiert, dass man sich abgrenzen oder aufstehen müsse. "Nein, ich bin davon überzeugt, wir werden einen langen Atem brauchen." Alle müssten sich nun daran gewöhnen, "dass es mehr und mehr um Versachlichung gehen wird in der Politik".

Grüne Vizebürgermeisterin warnt vor Rot-Türkis in Wien

Und all jene, die gerne hätten, dass es nach Türkis-Blau nun besser werde, sollten die Grünen unterstützen, "und uns nicht als Gegner sehen", ersuchte die Wiener Parteichefin. Sie sei jedoch draufgekommen, dass zwischen der ÖVP und der SPÖ kein so großer Unterschied bestehe: "Das ist die Frage des Umgangs mit der Machtpolitik."

"Wir wissen, dass die ÖVP weiter ungehemmt schwarz-blaue Politik gemacht hätte. Manchmal habe ich auch den Eindruck, dass der eine oder andere in der SPÖ noch immer davon überzeugt ist, weitermachen zu können wie in den 70er-Jahren." Dies sei auch die Frage, die sich im Herbst - also bei der Wien-Wahl - stelle. Mit Rot-Schwarz in der Stadt, so zeigte sich Hebein überzeugt, werde es wieder "retour" gehen. Dies würde "ein bissl mehr Beton" und eine ständige Auseinandersetzung um die Wegnahme von Parkplätzen bedeuten.

Wien soll Klimahauptstadt werden

Die Grünen hingegen würden dafür sorgen, dass Wien Klimahauptstadt werde. "Wenn wir nichts tun, haben wir 2050 sieben Grad heißer im Sommer." Doch gleichzeitig stehe man auch dazu, dass in Wien niemand frieren solle: "Wir stehen dazu, das ist nämlich Sozialpolitik." Wien habe eine progressive Mehrheit und das sei gut so, bekräftigte sie - wobei sie hinzufügte, dass sie nicht sicher sei, dass der Koalitionspartner SPÖ das immer gerne höre.

Gleichzeitig konstatierte sie jedoch auch positive Veränderungen - etwa in der Wirtschaftskammer. Diese sei nun ebenfalls für Begegnungszonen, vor denen sie früher mehr Angst gehabt habe "als (ÖVP-Parlamentsklubobmann, Anm.) August Wöginger vor der Stadt".

Hebein geht als Nummer eins ins Wien-Wahl-Rennen

Parteichefin Birgit Hebein steht schon länger als Nummer eins bei der Wien-Wahl fest. Sie wurde Ende 2018 zur Spitzenkandidatin gekürt und im Vorjahr dann auch zur offiziellen Obfrau der Wiener Grünen gewählt bzw. als Vizebürgermeisterin - und damit als Nachfolgerin von Maria Vassilakou - nominiert.

Über die Plätze zwei bis 30 der Landesliste wird in Blöcken abgestimmt, und zwar nach einem speziellen System, das bereits bei der Wahl Hebeins zur Parteichefin zum Einsatz kam. Die bisher üblichen Vorstellungsreden der Kandidatinnen und Kandidaten gibt es jedoch nicht mehr. Stattdessen standen diese ab 9.00 Uhr im Foyer den Teilnehmern der Landesversammlung Rede und Antwort.

Gemeinderat Peter Kraus auf zweitem Listenplatz

Auf dem zweiten Platz wird bei der Wien-Wahl Gemeinderat Peter Kraus ins Rennen gehen. Dahinter folgen mit der Betriebswirtin Judith Pühringer eine Quereinsteigerin sowie Rathaus-Klubchef David Ellensohn.

Listenzweiter Peter Kraus zeigte sich über das Ergebnis jedenfalls erfreut und befand: "Wir sind die, auf die wir gewartet haben."

Wohl einige Neuzugänge im Gemeinderat

Die Wiener Grünen haben am späteren Nachmittag auch die Positionen ab dem fünfte Platz der Landesliste gewählt. Laut dem Ergebnis dürfte nicht nur Judith Pühringer - die auf dem dritten Platz kandidieren wird - erstmals für die Grünen in den Wiener Gemeinderat einziehen. Auf den vorderen Plätzen finden sich auch weitere Neuzugänge.

So haben die Gewerkschafterin Viktoria Spielmann, die ehemalige Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan oder die Pädagogin Heidi Sequenz und der Pädagoge Felix Stadler Chancen auf einen Einzug. Sie würden zumindest dann im Stadtparlament sitzen, wenn die grüne Rathausfraktion nicht reduziert wird.

Derzeit verfügt die Ökopartei über zehn Mandate und über einen Stadtratsposten. Wieder mit dabei wären bei unveränderter Fraktionsgröße auch die Gemeinderätinnen bzw. Gemeinderäte Jennifer Kickert, Ursula Berner und Martin Margulies - sowie Birgit Hebein, David Ellensohn und Peter Kraus, die im ersten Abstimmungsblock schon gewählt worden sind.

Fix ist, dass Birgit Meinhard-Schiebel und Rüdiger Maresch ab Herbst keine Abgeordneten mehr sein werden. Sie kandidieren nicht mehr. Niki Kunrath, der Vizebürgermeisterin Birgit Hebein im Vorjahr als Mandatar gefolgt ist, muss auf einen Zuwachs bei der Wahl hoffen. Er wurde auf Platz 13 der Liste positioniert.

Werner Kogler versprach Stärkung der WKStA

Der Grüne Bundessprecher Werner Kogler hat bei der Landesversammlung der Wiener Grünen bekräftigt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gestärkt werden solle. Der Vizekanzler betonte dabei die Rolle der Grünen in der Bundesregierung als Anti-Korruptionspartei.

"Es macht einen Unterschied, wer regiert" schwor Werner Kogler die Stimmberechtigten auf der Wiener Landesversammlung ein. Der Wiener Parteichefin Birgit Hebein stärkte der Vizekanzler den Rücken. Diese sei "eine hervorragende Spitzenkandidatin", die es verstünde, "Ökologie und Gerechtigkeit unter einen Hut" zu bringen. Zugleich verwies er auf die Rolle der Grünen als Anti-Korruptionspartei.

In den Verhandlungen mit der ÖVP im Bund hätten die Grünen viel erreicht, auch wenn nicht alles davon sichtbar sei. In seiner Rede ging er auch auf die aktuelle Debatte über die Staatsanwaltschaft ein. Man wolle "nicht davon ablassen, dass die Republik eine von politischen Parteien unabhängige Justiz und insbesondere eine Anklagebehörde" habe. Es gelte deswegen darum, die Rolle der WKStA zu stärken. Im Zuge der Budgetverhandlungen wolle er sicherstellen, "dass da ein Plus steht".

"Größtes Transparenzpaket der Republik" angekündigt

Hinsichtlich der vermuteten Korruption bei der Anschaffung der Eurofighter durch die erste Schwarz-Blaue Bundesregierung betonte Kogler das langjährige Engagement der Grünen. Er selbst sei deswegen "jahrelang vor Gericht gezerrt worden". Nun ginge es darum, "Hunderte Millionen", vielleicht sogar eine "Eurofighter-Milliarde zurückholen".

Weiters kündigte Kogler für den Frühling an, das "größte Transparenzpaket, das die Republik je gesehen hat auf die Schiene zu bringen". So solle zum Beispiel die Prüfkompetenz des Rechnungshofes weiter ausgebaut werden. Weitere Themen der Rede waren die angestrebte Klimaneutralität ab 2040 und die seit Jahren problematische Situation in der Pflege.

Plastiksonnenbrille soll Wiener Parteichefin Glück bringen

Hebein ermutigte der Bundessprecher, "die grüne Handschrift in der Stadt weiterzuschreiben". Als Glücksbringer für den Wahlkampf schenkte er ihr eine grüne Plastiksonnenbrille. Die Partei habe seit dem Grünen "Zukunftskongress" 2018 eine "besonders demokratische, besonders transparente Entwicklung" durchgemacht, der Erfolg bei den Wahlen 2019 bestätige diesen Prozess.

Im Anschluss verwies Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler auf die Bedeutung der Wien-Wahl. Diese werde eine "Klimawahl". Denn: "Wir brauchen die Städte als Labore zum Ausprobieren." Hier könne man entsprechende Projekte vorzeigen. In Anbetracht der globalen Auswirkungen des Klimawandels bestehe dringender Handlungsbedarf im Klimaschutz.

"Verkehr, die Mobilität ist das Sorgenkind in der Klimapolitik." Öffentlicher Verkehr müsse "bequem, effizient und leistbar" sein, betonte Gewessler. Darum sei auch das 1-2-3-Ticket so wichtig: "Wir werden in diese Stadt eine grüne Zukunft haben oder keine Zukunft haben."

(APA/Red)

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