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Wien-Bürgermeister Ludwig: Wenn Sicherungshaft, dann auch für Österreicher

Michael Ludwig ist eher auf Doskozils Seite.
Michael Ludwig ist eher auf Doskozils Seite. ©APA/HANS PUNZ
SPÖ-intern hat sich ein kleiner Streit zur Sicherungshaft für Asylwerber entwickelt. Während Hans Peter Doskozil und Michael Ludwig sich auch Haft für Österreicher verstellen können, spricht Peter Kaiser von einer "Einzelmeinung".
Doskozil: Sicherungshaft für Österreicher

Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig will sich nicht festlegen, ob die viel diskutierte Sicherungshaft eingeführt werden soll oder nicht. Die Sache gehöre ausführlich diskutiert – und zwar aus Opfersicht, so Ludwig gegenüber der APA. Nur für Asylwerber soll sie gegebenenfalls aber nicht gelten, geht er mit dem designierten Burgenland-Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ) d’accor.

Allen voran müsse der Vorarlberger Vorfall einmal einer “genauen Prüfung” unterzogen werden, hielt Ludwig am Montag fest. Er unterstütze die Forderung nach einer Taskforce unter der Leitung der Justiz. “Das Gewaltschutzgesetz, dessen Bestimmungen unter anderem im Sicherheitspolizeigesetz verankert sind, ist 1997 in Kraft getreten und gilt inzwischen seit mehr als 20 Jahren. Im Zuge einer umfassenden Evaluierung müssen selbstverständlich manche Bestimmungen aktuell überprüft und auch breiter diskutiert werden”, meint der Wiener Stadtchef. Wobei er sich gleichzeitig “dezidiert” gegen eine Anlassgesetzgebung ausspricht.

Wiener Grüne sehen Sicherungshaft kritisch

Jedenfalls gehöre im Zuge der Diskussion der Gewaltschutz in den Fokus gerückt: “Es geht um den Schutz potenzieller Opfer.” Sollte eine Sicherungshaft kommen, unterstützt Ludwig den Vorschlag, diese auch auf Österreicher anzuwenden. Denn es könne hier keine Differenzierung der Täter geben. “Für ein Opfer eines Gewaltverbrechens spielt es keine Rolle, woher der Täter kommt.” Bei allfälligen Neuregelungen müssten “natürlich auch alle Grundrechte, Menschenrechte und verfassungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden”.

Für den Koalitionspartner der SPÖ in Wien, die Grünen, gibt es in Sachen Sicherungshaft indes keinen Spielraum. Neo-Spitzenkandidatin Birgit Hebein, die ab Ende Juni auch Vizebürgermeisterin sein wird, brachte ihre Ablehnung am Montag unmissverständlich zum Ausdruck. “Doskozil will Menschen auf bloßen Verdacht hin in Haft nehmen, weil sie vielleicht einmal eine Straftat begehen könnten”, kritisierte sie: “Mit diesem Sicherheitspopulismus muss endlich Schluss sein.”

Kaiser sieht Aussagen als “Einzelmeinung”

Kärntens Landeshauptmann und stellvertretender SPÖ-Bundeschef Peter Kaiser hat die Aussagen von Hans Peter Doskozil und Michael Ludwig zur Sicherungshaft am Montag vor Journalisten als “Einzelmeinung” bezeichnet. Nach seiner Position zur Sicherungshaft gefragt, wollte sich Kaiser nicht explizit festlegen, er forderte lieber eine Analyse der geltenden Gesetzeslage und eine Einbeziehung der SPÖ.”Ich habe in dem Fall etwas anderes zu sagen”, meinte Kaiser auf die Frage nach seiner Meinung. “Ich möchte nicht, dass man ohne irgendeine tiefergehende Diskussion hier irgendwas beschließt, und auf einmal kann jeder und jede in Österreich kontrolliert werden. Denn was Doskozil gestern nur einmal als eine Facette aufgezeigt hat: Warum, wenn man schon mit solchen Argumenten kommt, ist es ausschließlich eine bestimmte Gruppe, warum soll das nicht für alle gelten? Sind nicht alle auch potenzielle Gefährder oder Nicht-Gefährder?”

SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wollte auf Doskozils Vorschlag erst gar nicht eingehen: Sie forderte eine “Task-Foce” zur Aufarbeitung der Messerattacke in Vorarlberg. “Solange ich diese Ergebnisse nicht habe, stehe ich für Diskussionen nicht zur Verfügung”, sagte sie.

Ludwig und Doskozil für Wiens NEOS “Terrible Twins”

Die Wiener NEOS haben am Montag kritisiert, dass sich Bürgermeister Michael Ludwig wie zuvor schon Burgenlands designierter Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (beide SPÖ) offen gegenüber einer von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) geplanten Sicherungshaft gezeigt hat. “Doskozil und Ludwig entwickeln sich immer mehr zu den Terrible Twins der SPÖ”, meinte Klubchef Christoph Wiederkehr.

Wiederkehr ortete per Aussendung “rechte Tendenzen” bei Ludwig, die einer weltoffenen Stadt diametral entgegen stünden: “Grundprinzipien der Rechtstaatlichkeit gelten offenbar nicht mehr, wenn es darum geht, auf populistischen Stimmenfang zu gehen. Menschen aufgrund einer Gefährdungsprognose einzusperren, widerspricht unseren Grundrechten und ist daher klar abzulehnen.”

Experte sieht keine europarechtlichen Bedenken

Der Europarechtler Walter Obwexer von der Universität Innsbruck hält die von der Regierung geplante Sicherungshaft für Asylwerber für europarechtlich zulässig. Die sogenannte EU-“Aufnahmerichtlinie” würde eine derartige Maßnahme ermöglichen, es müsste aber nach der Inhaftierung rasch eine Prüfung durch einen Richter erfolgen, sagte er zur APA.Die EU-Aufnahmerichtlinie für Asylwerber und Antragsteller auf subsidiären Schutz (Art. 8, Abs. 2) sehe u.a. vor, “dass die Mitgliedstaaten eine Inhaftierung vornehmen dürfen, wenn diese Antragsteller eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen”, sagte Obwexer.

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