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Wem gehört das Limoges-Kreuz?

Zell am See - Mehrere Personen erheben Anspruch auf das Limoges-Kreuz. Das Bezirksgericht Zell am See soll am 16. November die Besitzverhältnisse bei diesem Stück Nazi-Raubgut klären.

Noch ist nicht geklärt, wer das 800 Jahre alte Limoges-Kreuz behalten darf, das offenbar von den Nationalsozialisten geraubt und diesen Sommer im Pinzgau wieder aufgetaucht war. Anspruch darauf erheben sollen gleich mehrere Personen: Vier Nachkommen einer polnischen Adelsfamilie, die das Kunstwerk angeblich bis 1941 besaß, eine Pinzgauer Familie, die das Kreuz nach dem Zweiten Weltkrieg aufbewahrte sowie eine Frau aus Zell am See, die es im Juli aus dem Sperrmüll gezogen hat. Um die Eigentümerverhältnisse zu klären, hat das Bezirksgericht Zell am See für 16. November eine Tagsatzung anberaumt.

Das Verlassenschaftsverfahren beginnt um 11.00 Uhr. Festgestellt werden soll, wer aller tatsächlich das Kunstwerk begehrt. Weiters wird geprüft, ob das Gericht in dieser Causa überhaupt zuständig ist und nicht etwa das Fundamt. „Ich versuche eine sachgerechte Lösung zu finden“, versprach der Bezirksgerichtsvorsteher von Zell am See, Gerald Simmer.

In der Tagsatzung „muss jeder erklären, warum er der Eigentümer ist“, erläuterte Franz Mayrhofer, Kustos des Bergbaumuseums Leogang. Dort ist das auf 400.000 Euro geschätzte Kreuz noch bis zum 15. November in einer alarmgesicherten Vitrine ausgestellt. „Bis zur Klärung aller Rechtsfragen bleibt es bei uns.“

Die Eigentümerfrage sorgt für Kopfzerbrechen. Mayrhofer nimmt zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit an, dass die Kostbarkeit aus dem 12. Jahrhundert der polnischen Familie Czartoryski gehört. Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges versuchte Izabella Elzbieta von Czartoryski Dzialinska, ihre im Schloss Goluchwow aufbewahrte Kunstsammlung zu verstecken. Sie transportierte die Sammlung nach Warschau und mauerte Exponate in einem Keller ein. 1941 wurden die Schätze von den Deutschen doch entdeckt und zuerst ins Nationalmuseum nach Warschau, dann auf Schloss Fischhorn nach Bruck im Pinzgau verschleppt.

„In der Kunstsammlung sind Limoges-Arbeiten vermerkt, auf der Nazi-Liste steht ein Limoges-Kreuz“, weiß der Kustos. Die Nazis hätten das Raubgut nicht nur gehortet, sondern auch verkauft oder verschenkt. Nach dem Krieg ist vieles verschwunden. Auch die Möglichkeit, dass Exponate legal den Besitzer gewechselt haben, sei nicht ausgeschlossen. „Es gab eine polnische Gräfin, die Kunstwerke verkauft hat. Sie wurde verurteilt, später wurde das Urteil wieder aufgehoben.“ Es könne also durchaus sein, dass bei der Gerichtsverhandlung „irgendwer etwas auf den Tisch legt, von dem wir nichts wissen“, ist Mayrhofer schon gespannt.

Ein Familienvater aus Gries im Pinzgau soll das Kreuz während oder nach dem Krieg gefunden bzw. erworben haben. Die näheren Umstände sind nicht bekannt. Eine seiner drei Töchter heiratete einen Hotelier aus Bad Gastein und nahm das mittelalterliche Kunstwerk mit. Später übersiedelten sie nach Zell am See, Ortsteil Thumersbach – mit dem Kreuz. Nach deren Tod soll es ihrem Neffen Ernst D. vermacht worden sein. Er lebt in den USA und wird auch zur Tagsatzung erwartet.

Das Kreuz war aufgetaucht, als eine Cousine von D. die Wohnung in Thumersbach geerbt hatte und sie entrümpelte. Die Frau warf es in den Sperrmüll. Ihre Nachbarin zog es heraus und zeigte es einem befreundeten Arzt. Der erkannte den hohen Wert und brachte das Kreuz ins Bergbaumuseum.

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